Kalla Malla
Frank Sinatra hat zwar seinen Oscar für »Verdammt in alle Ewigkeit« erhalten, aber die beste schauspielerische Leistung seiner Karriere zeigt er sicher im »Mann mit dem goldenen Arm«, der jetzt endlich auch fürs Heimkino erhältlich ist. Hierzulande ist der Klassiker eher unbekannt, obwohl er seinerzeit in den USA für viel Wirbel sorgte, denn bei dem Drama handelt es sich um den ersten Mainstream-Film über Heroinabhängigkeit.
Die Story: Frankie, der beste Kartengeber von Chicago (daher der Titel), ist ein Ex-Junkie und kommt aus dem Gefängnis nach Hause. Dort warten eine an den Rollstuhl gefesselte Ehefrau und sein altes Milieu, aus dem er nicht entkommt. Schon bald verfällt er wieder seiner Sucht, und trotz Unterstützung der liebevollen Kellnerin Molly steuert Frankie auf die Katastrophe zu.
»Mann mit dem goldenen Arm« ist für damalige Verhältnisse ein riskantes Werk, dramatisch, packend und glänzend besetzt. Neben Sinatra brillieren Eleanor Parker als hysterische, neurotische Ehefrau, die ein schreckliches Geheimnis verbirgt, und Kim Novak als einziger Lichtblick in einer unmenschlichen Welt. Interessanterweise zeigt der Film neben Sucht und Entzug auch die Mechanismen von Co-Abhängigkeit, die damals noch gar nicht so benannt wurden. Dabei ist die Heroinsucht hier nur ein Symbol für einen Ausweg aus der allgegenwärtigen Einsamkeit, dem Ausbruch aus einem verpfuschten Leben und die Unfähigkeit, Verantwortung für sich zu übernehmen.
Besonders erwähnenswert ist der jazzige Soundtrack von Elmer Bernstein, welcher dem Drama eine aufwühlende Intensität verleiht. Am ehesten lässt sich »Mann mit dem goldenen Arm« mit Billy Wilders »Lost Weekend - das verlorene Wochenende« vergleichen. Beide Filme sind in den Grenzen ihrer Zeit und der Darstellbarkeit für ein Mainstream-Publikum überraschend kompromisslos und drastisch. Nach dem Ansehen vom »Mann mit dem goldenen Arm« fühlt man sich nicht besonders wohl, aber man hat ein starkes Stück Kino erlebt.
Während des Realisierung des Films 1955 hatte Regisseur Billy Wilder mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Der »Hays Code«, eine Art Moralzensur, die sich die US-amerikanische Filmindustrie zur besseren Vermarktung ihrer Produkte selbst auferlegt hatte, verhinderte eine ehrliche Darstellung der Sucht. Wie lange durfte ein Filmkuss höchstens dauern (drei Sekunden!)? Wie viel nackte Haut durfte gezeigt werden? Wie sexy getanzt werden? Wer den Okay-Stempel der Production Code Administration erhalten wollte - ohne den viele US-Kinos nicht bereit waren, einen Film zu zeigen - musste sich den rigiden Moralvorstellungen beugen oder sie auf fantasievolle Weise umgehen.
Preminger ging einen anderen Weg: Er weigerte sich rundheraus, machte sein eigenes Ding und fand mit United Artists tatsächlich einen Verleih, der bereit war, seinen Film auch ohne Sittenstempel zu vertreiben. Und wie es mit Verbotenem so ist: »Der Mann mit dem goldenen Arm« wurde ein Publikumserfolg und ebnete den Weg für die Abschaffung des Codes im Jahr 1968. Freilich - aus heutiger Perspektive ist an der Darstellung, wie der heroinabhängige Frankie (Frank Sinatra) daran scheitert, seiner Sucht zu entkommen, nur noch wenig Skandalöses zu entdecken. Trotzdem erzählt er eine gute Geschichte - und sollte schon aufgrund seiner Rolle in der Filmgeschichte in keiner Sammlung fehlen.