Kalla Malla
Der Welt-Kenner (Erwin Leder), ein ewiger Glücksritter, ist auf der Suche nach dem letzten aller Abenteuer. Kurz entschlossen dringt er in den verbotenen Landsitz des alternden Herrschers (Gerhard Kittler) ein, um diesem seine Dienste anzubieten. Der Herrscher fragt sich, wer nach seinem Tode das Reich lenken wird, und so erhält der Welt-Kenner den Auftrag, einen Nachfolger zu finden. Aber kein Kandidat scheint ein würdiger Erbe zu sein und der Welt-Kenner gerät in Versuchung, selbst nach der Macht zu greifen. Der Herrscher jedoch vereitelt den Plan und benutzt den Welt-Kenner, um in einem wissenschaftlichen Experiment Unsterblichkeit zu erlangen. Der Welt-Kenner übt Vergeltung, indem er das Herrscherreich zerstört – und bereitet so einer unerwarteten Intrige den Boden: Sohn (Paul Adler) und Tochter (Anke Giesecke) des Herrschers, einander in inzestuöser Liebe verfallen, rächen sich für das vorenthaltene Erbe, indem sie ihren Vater in seiner Unsterblichkeit ewigen Qualen aussetzen.
Als »Die letzte Rache« 1982 in der Reihe »Das kleine Fernsehspiel« des ZDF uraufgeführt wurde, reichte die Reaktion der Kritiker von Verständnislosigkeit bis hin zu schroffer Ablehnung. Die Zeit war wohl einfach nicht reif für dieses respektlose Werk der Postmoderne. Lange Jahre mussten Fans des Films auf eine adäquate DVD-Veröffentlichung warten, die nun vom kleinen Avantgarde-Label Monitorpop vorliegt. Und obgleich damals ganz im Geiste des Punk-Aufbruchs entstanden, zeigt sich die Independentproduktion keineswegs gealtert, sondern auf überlegene Weise zeitlos.
»Die letzte Rache« nimmt seine oft verwickelte und oft verworrene Handlung um Archetypen wie Weltkenner, Weltherrscher, schöner Mann, reicher Mann, kluger Mann, verrückter Wissenschaftler, Kommissar nur zum Vorwand, um respektlos in der Frühzeit der deutschen Filmgeschichte zu wildern und ästhetische Momente aus »Caligari« und »Metropolis« – einfach nur sehenswert: die übertriebene Stummfilm-Mimik von Hauptdarsteller Erwin Leder – in einen neuen Kontext zu überführen, der geprägt ist vom Everything-goes-Geist der frühen Achtziger. Wesentlich an der Entstehung beteiligt war die Avantgarde-Pop-Band »Der Plan«, die die musikalische Umsetzung des Ganzen übernahm.
Ferner sieht man »Plan«-Mitglied Frank Fenstermacher in einer Nebenrolle als Gehilfen des Kommissars, und Bandmitglied und Künstler Moritz R. übernahm die Gestaltung der Kulissen. Er schuf eine bizarre Kunstwelt, mit expressionistischen Winkeln und Totalen, die sich respektlos in der Filmwelt der 20er Jahre bediente und gleichzeitig unverkennbar direkt auf sein eigenes Œuvre verwies, naive Pop-Art im Geiste von Milan Kunc. Nicht zuletzt begleitet »Der Plan« in Form von symbolischen singenden Früchten das Ganze in der Art antiker Dramen.
Man kann nicht behaupten, dass »Die letzte Rache« Filmgeschichte geschrieben hat. Dafür war das Werk zu weit abseits aller Sehgewohnheiten. Aber es handelt sich um ein überaus funkelndes Juwel ebendieser, um einen magischen Moment, in dem Zeitgeist und die exzentrischen Begabungen der Beteiligten in einem Gesamtkunstwerk kulminierten, dem ein gerüttelt Maß Genialität anhaftet.