Joerg Melzer
Der Transfer in die 80er ist schon ein Anachronismus für Calahan an sich: Selbstjustiz gab es seit Bronson und 1974 an jeder Ecke, die Frage nach dem Justizsystem längst zynisch zu den Akten gelegt.
Es brauchte niemand mehr einen Anstrich von Realismus als Grundlage und deshalb entbehrt der vierte Teil der Dirty-Harry-Saga auch desselben.
Calahan wird hier zur Aufklärung (und Abkühlung) in eine Küstenstadt geschickt, wo ein Serientäter per Schuß in Kopf und Hoden die Leute meuchelt. Parallelhandlungen machen uns deutlich klar, daß es sich nicht um eine typische Mörderjagd handelt, denn dem Zuschauer ist der Täter, eine Frau, längst bekannt. Die rächt ein in der Vergangenheit begrabenes Verbrechen, Grund genug vielleicht, Selbstjustiz zu tolerieren?
Dem Film wurde vorgeworfen, sich hier endgültig auf die Selbstjustizschiene einzulassen, da Calahan indirekt die Frau schützt (weil er sich mit ihr angefreundet hat) und die Täter, die in letzter Instanz zurückzuschlagen versuchen, letztendlich mit zur Strecke bringt.
Tatsächlich ist die Moral recht simpel und wird, wie immer, kaum hinterfragt.
Allerdings breitet der Film seine Story auch weitflächig aus, gibt von Mord zu Mord mehr Details preis, die Calahan parallel zusammensetzt, wenn er nicht gerade mit der hiesigen Polizei aneinandergerät oder sich mit seinem furzenden Hund Freßsack abgibt. Kurze Einschübe lassen die Magnum nicht einrosten, aber sonst tut sich auf intellektuellen Ebene gar nichts.
Natürlich sieht der Zuschauer die fiesen Schweine in Filmform gern sterben, denn offensichtlich haben sie sich entweder keineswegs gebessert oder wissen nicht recht zu bereuen, dennoch kann das Auslassen moralischer Bedenken Interessierte schon fuchsen.
Vielleicht sollte man deswegen das alles nur als Unterhaltungsfilm sehen (wenngleich Eastwood selbst seine Magnum so in Szene setzt, daß sie uns als Phallussymbol geradezu erschlägt), der durchaus seine Spannungskurve halten kann, wenn man die sinistre und doppeldeutige Kleinstadtatmosphäre zu schätzen weiß.
Ansonsten ist das natürlich alles Dirty-Standard, gut angepaßt an die Actionklischees der 80er Jahre, verachtenswert für die einen, unterhaltsam für die anderen, mit einem Sammelsurium interessanter, weil eben nicht sympathischer Charaktere.
