Bloody Jörg
Aus der Hand des selbsternannten Meisters (und Hitchcock-Epigonen) Brian de Palma stammt dieser superbe Psychothriller, der durch eine eigenwillige Auflösung zum Schluß einen überraschten und auf seine Kosten kommenden Zuschauer entläßt. Die geschickte Kamera, die gut in Szene gesetzte Handlung und die auf den Schluß hin orientierte Spannung verleihen „Dressed to Kill“ ein Gütesiegel, das ihn aus der Masse des Subgenres heraushebt. Die Verfolgungsszene in der Galerie zu Anfang des Films, bei der Kate ihren letzten Liebhaber kennenlernt, ist erstklassig gemacht und stimmt den Betrachter auf einen Film ein, der Qualität statt Quantität an Morden zu bieten hat. Was allerdings am meisten an „Dressed to Kill“ erstaunt, ist die Tatsache, daß Brian de Palma das Thema Seitensprung recht offenherzig für sein puritanisches US-Publikum aufbereitet hat. Deshalb ist die US-Kino-Fassung (R-Rated) auch gegenüber der deutschen Fassung (= Unrated US-Video-Fassung) geschnitten.
Anmerkung aus 2018:
Bei der HD-Neuauflage des italienischsten aller außerhalb Italiens gedrehten Gialli – noch dazu (wie oben bereits erwähnt und nun leicht korrigiert) aus der Hand des weithin als Hitchcock-Verehrer bekannten Brian de Palma und somit auch fest im „Psycho“-Territorium verortet – darf man sich auf die Unrated-Fassung freuen, die – bis auf wenige gorige Augenblicke – weit mehr mit einer pikant detaillierten Freizügigkeit überrascht, die man zu heutigen Zeiten neuer US-Prüderie in einer Mainstream-Produktion wohl so nicht mehr zu sehen bekäme (Ein Blick in die Extras hilft da ungemein). Obwohl es sicherlich seit 1980 weitaus blutigere, ja zuweilen atemlosere Psychothriller mit genau den gleichen pulpig-sleazigen Zutaten gegeben haben mag, bleibt doch „Dressed To Kill“ einsam an deren Spitze, denn so virtuos sich hier Regie, Bildgestaltung, Schnitt und Pino Donaggios Musik (opernhaft übertrieben, opernhaft schön) zu einem harmonischen Gesamtkunstwerk zusammenfügen, erlebt man kein zweites Mal. Die heutige HD-Präsentation auf BD ist frei von Fehlern, überzeugt mit guten Bildwerten und einem satten Ton, der in der DF glücklicherweise nicht künstlich aufgebohrt wurde, um heutigen Hörgewohnheiten zu entsprechen.