Kalla Malla
Alle Cineasten wenden jetzt bitte angewidert den Blick ab, denn bei "The Bay" handelt es sich um einen weiteren Found Footage Film / Mockumentary, wie sie spätestens seit dem Erfolg von "Paranormal Activity" scheinbar monatlich aus dem Boden ploppen. Man liebt das Genre, oder man hasst es und so kann ich eigentlich von vornherein sagen, dass diejenigen, die für solche Filme nichts übrig haben, einen Bogen um "The Bay" machen sollen. Allerdings muss ich im gleichen Atemzug sagen, hier eine recht besondere Art von Wackelkamerafilm gesehen zu haben. Denn während Filme dieses Genres meistens aus den Aufnahmen einer einzigen Person bestehen, die scheinbar selbst in den unmöglichsten Situation eine laufende Kamera mit sich herumschleppt, liefert "The Bay" eine recht clevere Inszenierung, die genau diesen Kritikpunkt aussticht:
Denn hier dreht sich alles um eine Reporterin, die nach langer Zeit ihr Schweigen bricht und über eine Art Webcam "Konferrenz" Ereignisse vom 4. Juli 2009 schildert. Während der Unabhängigkeitsfeier scheint nämlich in einer Küstenstadt etwas merkwürdiges vorzugehen, da Leute plötzlich aus unerklärlichen Gründen Ausschläge am ganzen Körper aufweisen und Tiere in Massen sterben...
"The Bay" setzt im Gegensatz zu "[REC]" beispielsweise nicht nur auf die Aufnahmen der Reporterin, sondern baut eine richtige Nacherzählung der Ereignisse aus vielen verschiedenen Aufnahmen zusammen. Egal ob Telefonate, Handyvideos, Polizeifunksprüche, offizielle Fernsehaufnahmen, etc. - alles wird zu einem funktionierenden Film zusammengebastelt, den unsere Reporterin über Webcam - und meistens im Off -kommentiert. Was wirklich positiv auffällt ist, dass verschiedene Ereignisse aus mehreren Blickwinkeln gefilmt werden, denn während eine Aufnahme eine Frau zeigt, die blutüberströmt nach ihrem Mann ruft, sieht man die gleiche Szene im späteren Verlauf des Filmes im Hintergrund einer anderen Aufnahme sich erneut abspielen, obwohl der Fokus auf einem ganz anderen Ereignis liegt. Somit wirkt "The Bay" wie ein riesiges Mosaik, welches die Ereignisse des 4. Juli 2009 zusammenfasst.
Als störend empfand ich allerdings Teile der Effektarbeit. Denn während amputierte Gliedmaßen oder verstümmelte Gesichter durchaus zu überzeugen wussten, wirken vorallem die Aufnahmen der Pusteln wie aus "Zombis Geschändete Frauen" entliehen. Allerdings muss man sagen, dass der Gesamteindruck in der Hinsicht trotzdem nicht negativ ist, da "The Bay" durchaus ein paar harte und überzeugende Effekte aufweisen kann.
Positiv hingegen fällt die Aufklärung der Ereignisse ins Gewicht. Man kann sich zwar darüber streiten, ob sich einige Zuschauer nicht etwas wesentlich Gruseligeres als "nur" Krabbeltierchen erhofft hätten (ich zum Beispiel), allerdings wird deren Auftreten plausibel erklärt und bringt auch eine kleine Öko-Botschaft mit. Zwar ist "The Bay" nicht "Long Weekend", aber man kann schon deutlich das Statement der Macher herauslesen.
"The Bay" ist ein von der Machart wirklich interessanter Film, der innerhalb des Found Footage Genres durchaus ein Alleinstellungsmerkmal hat. Allerdings ist es kein Film, den man bei einem lustigen Filmabend zeigen sollte, denn dazu ist er einfach zu anstrengend von seinem Schnitt und Geflacker her. Die Story wird gut vorangebracht und auch die Auflösung weiß zu gefallen, obgleich es an der B-Note doch noch einiges zu mäkeln gibt. Manche Effekte wirken nämlich recht billig, genauso wie dass unsere blasse Reporterin alles andere als interessant ist.
Alles in allem aber sehensewert, erst recht, weil Oscarpreisträger Barry Levinson hier Regie geführt hat.