Kalla Malla
Der 30. Dezember ist der Tag, an dem Mya beschließt, ihren Mann Lewis zu verlassen und gemeinsam mit ihrem Geliebten Ben irgendwo auf dem Land ein neues Leben anzufangen. Unglücklicherweise ist es jedoch auch genau der Tag, an dem ein unbekanntes, fremdartiges Signal über alle Funkmedien ausgestrahlt wird, das die Menschen unterbewusst manipuliert und zügellose Aggression hervorruft. Dessen wird auch Mya Zeugin, als sie auf dem Heimweg von Ben auf zahllose Menschen trifft, die sich wie im Wahn willkürlich bekämpfen oder gar ermorden. Als sie dann zuhause noch mit ansehen muss, wie Lewis in Folge eines harmlosen Streits einen Freund erschlägt, wird ihr der Ernst der Lage bewusst. Panisch ergreift die junge Frau die Flucht und versucht sich bis zum Bahnhof durchzuschlagen, wo sie sich für den nächsten Tag mit Ben verabredet hat. Diese Aktion soll jedoch kurz darauf bei einer handvoll Personen eine ungeahnte Verkettung blutiger Ereignisse nach sich ziehen..
Die Horrorfilm-Fanbase hat ein bemerkenswertes, immer wieder zu Tage tretendes Talent, wenn es darum geht, neue Streifen schon Vorab zum Kult zu erklären und sie für die verschiedensten Aspekte in den Himmel zu loben, die man letzten Endes dann allerdings regelrecht mit der Lupe suchen muss. Das im Jahr 2007 entstandene, episodenhaft angelegte B-Movie The Signal war beispielsweise eines jener Werke, dem, nach seinen Erscheinen, in jeglichen Foren gehuldigt wurde und an dem man als Horrorfilm-Interessent kaum vorbei kam. Zwar sind die Gründe der Beliebtheit des Films offensichtlich und dann bei eigener Sichtung tatsächlich schnell auffindbar, allerdings machen eine innovative Erzählweise und eine souveränes Regie-Geschick alleine noch keinen überdurchschnittlichen Film aus.
Die Story des Films ist in ähnlichen Variationen schon als recht altbacken zu bezeichnen und schwimmt im Fahrwasser des erfolgreichen Epidemie-Horrorfilms 28 Days Later und vor allem von Stephen King's Puls, in dem die Menschen ebenfalls durch ein Signal zu gewalttätigem Verhalten gezwungen werden. Der Clou von The Signal ist allerdings seine Inszenierung, so kommt der Film nämlich in drei Episoden unterteilt daher, die alle an einer anderem Punkt ansetzen und so nach und nach die verschiedensten Charaktere zusammenführen. Interessant auch zu erwähnen, dass sich mit David Bruckner, Dan Bush und Jacob Gentry drei Regisseure jeweils eines Parts annahmen. So hat man schlußendlich im Grunde drei einzelne Filme, die mit den selben Charakteren in die selbe Handlung eingebettet wurden und somit ein rundes Ganzes abgeben, auch wenn der Regiestil und der Ton der einzelnen Episoden immer wieder variieren.
Mal ernst, dann wieder schwarzhumorig und immer mit einem ordentlichen Maß an Blut versehen, tut The Signal sein Bestes, um sein Publikum bei Laune zu halten. Und obwohl hier nur ein sehr geringes Budget von 50.000 Dollar zur Verfügung stand, gelingt es dem Film vortrefflich, eine eigene Atmosphäre aufzubauen und sein Publikum sofort für sich zu gewinnen. The Signal hat den Look und das Budget eines B-Movies, entwickelt aber von Beginn an einen enormen Drive, dem man sich lange Zeit nicht mehr entziehen kann, bis es dann im letzten Drittel zu einem abrupten Spannungsverlust kommt. Einer der Gründe dafür ist sicherlich das Fehlen einer beständigen Identifikationsfigur, aus deren Sicht man an den Geschehenissen teilhaben und mit der man mitfiebern möchte. Obwohl es zu Beginn so scheint, als wäre Mya diese Hauptprotagonisten, verschwindet sie nach dem ersten Segment kurzerhand für lange Zeit aus der Handlung, die sich fortan mehr auf Mya's Mann Lewis und ihren Lover Ben fokussiert. Zwei weitere, zentrale Personen sind der hilfsbereite Clark, der zufällig in die Situation hineinrutscht, sowie Anna, die soeben ihren Mann in Notwehr töten musste und in deren Haus sich alle Charaktere im Folgenden zusammenfinden. In The Signal scheint aber wirklich niemand vor der Gefahr der unbekannten Manipulation gewappnet zu sein, so dass es ebensowenig eine Hauptperson geben kann, wenn sich hier im Grunde alle gegenseitig das Leben streitig machen.
Punkten kann The Signal, neben seiner anfangs flotten und spannenden Erzählweise, dann allerdings vor allem durch seinen treffsicheren, britisch angehauchten Humor in Verbindung mit drastischen Gewaltszenen, was in dieser Kombination natürlich sofort Erinnerungen an Genre-Hits wie Shaun of the Dead oder Severance weckt. Vor allem die zweite Episode in Anna's Haus ist ein einziges Potpourri von komödiantischen Einlagen, treffsicheren Dialogen und geradezu absurder Situationskomik. So ist geradezu skurril, wenn sich auf den Straßen die Leichen stapeln und das einzige Interesse eines unglaublich lustigen Nebencharakters die Ausrichtung einer Sylversterfeier ist, in deren Verlauf er dann unbedingt noch zum Schuss kommen möchte. Gerade in Verbindung mit dieser Komik kommt es in The Signal immer wieder mal zu einfallsreichen Inszenierungen, etwa wenn man die Welt für kurze Zeit aus den Augen eines von dem Signal besessenen Menschen sieht und miterlebt, wie sehr sich dessen Wahrnehmung von der tatsächlichen Realität unterscheidet. Auch die Schauspieler machen ihre Sache hier alle sehr ordentlich, doch einer spielt sie alle an die Wand und zwar AJ Bowen in der Rolle des Lewis. Sein Vorhaben, seine Frau wiederzufinden, steigert sich in eine regelrechte, unberechenbare Manie, die von Bowen mit bemerkenswerter Präsenz verkörpert wurde.
So weit überwiegen also klar die positiven Aspekte, was noch dadurch verstärkt wird, dass es in The Signal keinesfalls zimperlich zugeht. Geradezu bestialisch fallen die Menschen auf offener Straße übereinander her um sich mit entsprechendem Werkzeug oder gar mit den bloßen Händen umzubringen. Trotz abgeschlagener oder zertrümmerter Köpfe hat man als Horrorfilm-Konsument allerdings schon deutlich Härteres gesehen. Gerade die zweite Episode des Films zerschlägt den zuvor ernsten Ton vollends und vermittelt vielmehr die Atmosphäre eines Funsplatters, weshalb es nicht ganz nachvollziehbar erscheint, dass The Signal in seiner ungeschnittenen Fassung eine Freigabe der FSK verwehrt blieb.
Fazit: Was dem Film letztendlich aber einen gewaltig schalen Nachgeschmack verleiht ist die grundlose Überfrachtung der Story, die letztendlich auf Teufel komm raus noch auf verschachtelt und unverständlich getrimmt werden musste, so dass einige Filmfans diesem Werk noch einen besonderen Anspruch zugestehen können. Wäre The Signal seinem anfänglichen Tempo treu geblieben und hätte schlicht und ergreifend auf kurzweilige und blutige Unterhaltung gesetzt, dann wäre das Ergebnis sicherlich weit überzeugender als das mit Story viel zu überladene Endwerk. Das Problem ist dabei in erster Linie, dass die Charaktere und deren Motivationen irgendwann in den Vordergrund treten, während auch die Story in komplexere Bahnen einzulenken versucht. So bleibt zum Schluß also die Erinnerung an ein ingesamt durchaus unterhaltsames, recht innovatives, sowie blutiges und humorvolles B-Movie, das aber in der zweiten Hälfte mit einigen Längen und einer überfrachteten Story zu kämpfen hat und dadurch nicht ganz das ist, was es hätte sein können. Insgesamt jedoch noch eine Empfehlung. Vor allem alteingesessene Horrorfilm-Fans dürfen sich ohne Bedenken an The Signal heranwagen.