Kalla Malla
Kaum ein Film wird so sehr mit dem Namen Truffaut in Verbindung gebracht wie »Jules und Jim« (»Jules et Jim«) aus dem Jahr 1962, seine Dreiecksgeschichte zwischen den Männern Jules (Oskar Werner, hier noch mit einem »C« geschrieben), Jim (Henri Serre) und der berückenden Catherine (Jeanne Moreau), eine Beziehung, die sich über die Jahrzehnte, über Krieg und wechselnde gesellschaftliche Positionen immer wieder verändert und in neue Konstellationen findet. Liebe und Freundschaft bleiben aber.
Truffauts filmischer Stil ist in diesem, seinem dritten Langspielfilm, heute noch überraschend. Insbesondere in der ersten Hälfte rasen Erzählung und Kamera geradezu über die Ereignisse, nicht zuletzt ist »Jules et Jim« auch eine Meditation über die Zeit - darüber, was sie verändert und was von ihr bleibt.
So jung und ungestüm wie Jules und Jim zu Beginn in ihrer draufgängerischen Phase sind, so atemlos ist auch Truffauts Inszenierung, als Zuschauer kommt man kaum zum Luftholen. Später kehrt Ruhe ein, wenn die Unbedarftheit der Erfahrung weicht. Inhalt und Form verbinden sich in »Jules et Jim« meisterhaft, unterstützt von der grandiosen Musik Georges Delerues. Der Einfallsreichtum von »Jules et Jim« ist enorm, doch es sind die Schauspieler, die ihn unvergesslich machen. Moreau - alles andere als eine klassische Schönheit - kann uns jederzeit glauben machen, dass jeder Mann sich in sie verlieben muss. Ihr Temperament und ihre Ausstrahlung sind unvergleichlich, egal ob sie sich als Mann verkleidet oder aus Frust spontan in die Seine springt. Werner und Serre spielen neben ihr die zweite Geige, liefern aber jeder für sich eine kraftvolle und lebensechte Darstellung. Leider hat Oskar Werner sich für die deutsche Fassung nicht selbst synchronisiert! Wer seiner so markanten Stimme lauschen möchte, muss die französische Originalspur wählen.
Aus meiner Sicht gibt es genau drei gute Filme über Dreiecksbeziehungen. Lubitschs »Serenade zu dritt« ist die komische Variante, Chabrols »Zwei Freundinnen« die düstere, und Truffauts »Jules et Jim« ist die schönste, eine Liebeserklärung an die Jugend und die Liebe selbst, komisch und tragisch, berührend und zu Tränen rührend. Truffaut nannte den Film eine »Hymne an das Leben«. Dem ist nichts hinzuzufügen.