Kalla Malla
England, Ende des 19. Jahrhunderts: Die junge Miss Giddens (Deborah Kerr) wird Haushälterin eines Anwesen, in welchem nur ein Elternloses kleines Mädchen namens Flora (Pamela Franklin), ein Haushälter und ein kleiner Stab von anderen Bediensteten lebt. Ihre anfänglichen Zweifel werden jedoch schnell vom engelgleichen Wesen des kleinen Mädchens beseitigt. Erst als der ebenfalls noch recht junge Bruder Miles (Martin Stephens) vom Internat, wegen eigenartigen Verhaltens suspendiert wird, wird Miss Giddens wieder unruhiger. Das immer unheimlichere Verhalten beider Geschwister lässt die frisch eingestellte Haushälterin über die Geschichte des Hauses nachdenken, vor allem das Schicksal der vorigen Angestellten Miss Jessel und Mr. Quint scheinen fragwürdig zu sein. Je mehr sie in Erfahrung bringt und je mehr die Kinder eigenartige Verhaltensmuster an den Tag legen, beginnt Miss Giddens an ihrem Verstand zu zweifeln, da sie immer mehr den Eindruck gewinnt, dass im vornehmen Anwesen übernatürliche Kräfte am Werk sind. Schlussendlich versucht sie die Kinder von ihrer dämonenhaften Besessenheit zu erlösen, doch das ist kein leichtes Unterfangen…
»Schloss des Schreckens« (»The Innocents«) aus dem Jahr 1961 gehört zu den wundervollsten und anspruchsvollsten Gruselfilmen aller Zeiten.
Von der betörenden Schwarzweiß-Fotografie über die exquisiten Darstellungen bis zur scharfsinnigen Regie Jack Claytons wurde die berühmte Vorlage von Henry James (»The Turning of the Screw«) stimmungsvoll und faszinierend auf Film übertragen, ohne dabei die Essenz der Geschichte und die vielen Implikationen zu verlieren.
Schemenhafte Gesichter hinter beschlagenen Fensterscheiben, funkelnde Augen in der Nacht, Stimmen im Dunkeln, Kinder, die sich plötzlich seltsam erwachsen benehmen... »Schloss des Schreckens« beherzigt alles, was einen guten Horrorfilm ausmacht (und was so viele schlechte Horrorfilme ignorieren): er zieht den Zuschauer mit subtilen Andeutungen in seinen Bann, er kreiert eine unheilschwangere Atmosphäre, der man sich nicht entziehen kann, wirft intelligente Fragen über die Wahrhaftigkeit der Ereignisse auf und spielt mit Ängsten, die weit über billige Schockeffekte hinausgehen.
Unterdrückte Sexualität, Mutterinstinkte, die Kraft der Suggestion, unbearbeitete Sünden der Vergangenheit und falsch verstandene Psychologie sind die Themen unter der Oberfläche. Miss Giddens selbst ist das größte Mysterium. Zunächst die tatkräftige Heldin von sanfter Schönheit, wandelt sie sich immer mehr zur besessenen Exorzistin, die um jeden Preis die Kinder von einer unsichtbaren Macht befreien will und dabei alle Grenzen überschreitet. Ist vielleicht ihre eigene Erziehung im strengen Pfarrhaus Schuld an ihren Wahnvorstellungen, ist vielleicht sie selbst das Monster des Hauses? Deborah Kerr spielt hier eine ihrer besten Rollen und trägt den kompletten Film mit einer sehr differenzierten Darstellung, in der sich viel mehr findet als auf den ersten Blick erscheinen mag...
_Fazit:_ Gehört eindeutig zu den Meilensteinen des Horrorfilms. Effektiv hält der Film die Schwebe zwischen puritanischem Wahn und echtem Schrecken. Dabei beunruhigt vor allem die Charakterzeichnung der beiden Kinder, die auch jenseits der Wahrnehmung der Gouvernante etwas Unheimliches an sich haben.