Kalla Malla
Der Videogame-Produzent Johnny Dash unternimmt mit seinen Angestellten regelmäßig Ausflüge, um so die Motivation und den Teamgeist zu stärken. An diesem Wochenende begibt er sich mit einigen seiner Mitarbeiter in den Jasper Park in North Carolina, wo die Crew bei einem Paintball-Spiel ein hautnahes Gefühl für Taktik entwickeln soll. Die Reise dorthin verläuft aber nicht ganz wie geplant und so erkundigt sich die Gruppe bei einem nicht sehr vertrauenserweckenden Redneck nach dem weiteren Weg. Dieser hat sogar eine Abkürzung für die abenteuerlustigen Videospiel-Designer parat, welche die Gruppe alsbald an ihr Ziel führt. Inmitten der idyllischen Wälder teilen sich die Yuppies nach ihrer Ankunft sodann in zwei Teams auf, um in Tarnanzügen und mit Paintball-Waffen ausgestattet die Jagd auf ihre Gegner zu eröffnen. Was als lustiges Spiel beginnt, entwickelt sich jedoch schnell zum grausamen Ernst, als die jungen Leute erkennen müssen, dass sie scheinbar nicht alleine in den Wäldern sind. Eine inzestuöse Gruppe religöser Fanatiker hat sich hier vor geraumer Zeit niedergelassen und rückt den Großstädtern alsbald bis an die Zähne bewaffnet zu Leibe...
Ein wahrhaft kreatives Meisterstück und eine immens wichtige Bereicherung für das gesamte Horrorgenre ist es, was sich Drehbuchautor Anthony Jaswinski und Regisseur Marty Weiss da ausgedacht und unter dem Originaltitel Backwoods in den Kasten gebracht haben. Wann war denn auch jemals zuvor zu sehen, wie eine Gruppe Großstädter in den abgeschiedenen Hinterlanden Amerikas von zurückgebliebenen Rednecks verfolgt und gemeuchelt wird? Für eine derart ausgefeilte Ausarbeitung eines derart heiklen und aktuellen Themas gebührt den Verantwortlichen im Grunde ein Respekt gezollt, dem ein paar nerdhafte Horror-Geeks, welche den tiefgründigen Gehalt eines solchen Filmes onehin nicht verstehen würden, niemals gerecht werden können. Jasper Park ist genau der Horrorfilm, auf den das Genre nun schon seit Jahren gewartet hat.
Aber im Ernst. Genau genommen könnte diese Produktion fürs US-Fernsehen auch mit Wrong Turn 4, Timber Falls 2 oder Texas Chainsaw Massacre 25 betitelt werden. Es würde dem einen oder anderen vermutlich nicht einmal auffallend seltsam erscheinen, da es letztendlich sowieso immer der exakt selbe Plot ist, der für ein weiteres Hillbilly-Massaker herhalten muss. Im Falle von Jasper Park sind es dieses Mal allerdings keine strohdoofen Teens, die sich mit dem Waffenarsenal diverser Rednecks vertraut machen, vielmehr dürfen hier strohdoofe Videogame-Designer für den erwartungsgemäßen Blutverlust sorgen. Aus kettensägenschwingenden oder kannibalistischen Irren wurden derweil kurzerhand religiös-motivierte Irre, die Hoffnung auf mehr Variation sollte der geneigte Genrekenner dann allerdings tunlichst begraben. Jasper Park ist in punkto Aufbau und Setting ein austauschbares Fließbandprodukt ohne erkennbare Eigenqualitäten, der sich erst im Detail minimalistisch von der in Vielzahl vorhandenen, ähnlichen Produktionen unterscheidet. So ist Innovation sicherlich das letzte, womit man hierbei rechnen sollte, doch wer der immergleichen Backwood-Leier indessen noch immer nicht müde geworden ist, der wird mit Jasper Park immerhin noch recht solide unterhalten werden.
Ein grundlegendes Problem des Films ist sein anfängliches Defizit, für ein anständiges Tempo zu sorgen. Selbstverständlich gibt es auch hier direkt zu Beginn den obligatorischen Einstiegsmord zu begutachten, doch danach fällt Jasper Park dann erst einmal in den Winterschlaf und stellt seinem Publikum seine allesamt nicht sehr liebenswürdigen Charaktere vor. Dass es sich dabei um Mitarbeiter einer großen Software-Firma handelt, sorgt für keinerlei Differenzen zum üblichen Backwood-Slasher, verhalten sich doch auch diese Figuren derart unliebsam und debil, dass man ihnen schnellstmöglich die Pest an den Hals oder besser noch die nächste Axt in den Schädel wünscht. Auch der leise Spannungsaufbau wird dann niemandem die Schweißperlen auf die Stirn treiben, denn durchs Bild huschende Schatten oder die subjektive Beobachterkamera aus dem Dickicht heraus werden selbst sanftere Gemüter nicht an ihre Grenzen bringen. Dass Backwoods aka Jasper Park fürs Fernsehen produziert wurde, merkt man dem Film unglücklicherweise in Form einer steten Einsparung an Gore und Brutalitäten an. Bis auf einen Hals, der die unfreudige Begegnung mit einem Pfeil machen darf, werden Splatterfreaks fast gänzlich außen vor gelassen, was den Streifen insgesamt einfach eine Spur zu zahm und inkonsequent erscheinen lässt. Die deutsche Freigabe ab 18 Jahren ist im direkten Vergleich zu wesentlich blutrünstigeren 16er-Horrorfilmen daher mal wieder ein schönes Beispiel für die scheinbare Willkür der FSK.
Dass Jasper Park nicht gänzlich unterdurchschnittlich daherkommt, ist einer etwas kurzweiligeren, zweiten Hälfte zu verdanken, in der die Machenschaften der Killer näher beleuchtet werden. Diese haben sich in dem Naturschutzgebiet ihren eigenen Lebensraum errichtet und leben dort wie eine Sekte unter der Führung ihrer geisteskranken Mutter. Fremde werden höchstens zur unfreiwilligen Fortpflanzung geduldet, weshalb den Hillbillys die beiden Frauen innerhalb der Gruppe junger Ausflügler gerade recht kommen. Das Ende entwickelt sich schließlich zu einem für das Genre typischen Katz- und Mausspiel, das von Marty Weiss ordentlich in Szene gesetzt wurde, auch wenn der noch eher unerfahrene Regisseur nicht immer auf die besten Stilmittel zurückgreift. So sorgt eine in schwarzweiß und Zeitlupe gehaltene Hetzjagd über mehr als eine Minute beispielsweise eher für den Anflung eines Gähnens denn für atemlose Spannung. Ansonsten gibt es an der Inszenierung allerdings nicht viel zu bemängeln, wenn man sich immer wieder ins Gedächtnis ruft, dass es sich hierbei um ein B-Movie der unteren Preisklasse handelt. Gerade die in Vielzahl vorhandenen Naturaufnahmen wissen zu gefallen, während die Schauspieler angesichts der Dämlichkeit ihrer Charaktere immerhin noch einen akkuraten Job erledigen. Warum sich Firmenchef Johnny Dash beispielsweise ein Naturschutzgebiet, dessen Betreten Unbefugten untersagt ist, als Austragungsort für das Paintballmatch ausgesucht hat, wird somit ebenso ein Geheimnis des Drehbuchs bleiben, wie die unbeantwortete Frage, warum es die Charaktere in solchen Filmen in Notsituationen eigentlich immer in jene verlassenen, rustikalen Häuser zieht, die schon von außen den Anschein erwecken, als hätten sie noch nie ein Telefon beherbergt. Derlei Logiklücken werden von den Schauspielern bisweilen aber noch mit etwas Selbstironie an den Mann gebracht und somit verträglich gelöst.
Fazit: Jasper Park ist nichts anderes als ein schon dutzendfach dagewesener Vertreter des Backwood-Horrors, der trotz seiner Laufzeit von knapp 90 Minuten noch mit einigen Längen zu kämpfen hat, alles in allem aber passable Unterhaltung für nimmersatte Freunde des Genres bietet. Wer einen guten Backwood-Slasher allerdings an seinem Wiederkennungswert oder einem ordentlichen Goregehalt misst, der ist hier eindeutig im falschen Film, doch davon abgesehen hält sich diese filmgewordene Zusammenkunft von Severance und Timber Falls streng an die vorgefertigten Regeln und macht damit auch nicht all zu viel falsch. Eine Empfehlung kann für Jasper Park aber letztendlich trotz seiner Einordnung ins untere Mittelfeld nicht mehr ausgesprochen werden.