Kalla Malla
Der amerikanische Ingenieur Kyle Lord (Jean-Claude van Damme) lebt seiner Arbeit wegen in Russland, wo seine Frau eines Tages von einem brutalen Verbrecher vergewaltigt und ermordet wird. Dieser hat allerdings einflussreiche Freunde und genug Geld, um den Richter zu bestechen, weshalb er "aus Mangel an Beweisen" freigesprochen wird. Kyle sieht rot und erschiesst den Mörder seiner Frau noch vor dem Gerichtsgebäude. Nun wird er selbst als Mörder verurteilt und in den heruntergekommenen Knast "Marquezas" gesteckt, wo Brutalität und Korruption den Alltag bestimmen. Die Schwächeren werden hier gnadenlos unterdrückt und haben keine Chance gegen die vielen Gangs, die den Knast wie eine Seuche befallen haben.
Zur Unterhaltung der Aufseher werden regelmäßig brutale Kämpfe unter den Häftlingen ausgetragen, die nicht selten mit dem Tod beendet werden. Der Korrupte Leiter der Anstalt, General Hrusckov (Lloyd Battista) sieht in Kyle schon bald einen Kämpfer, mit dem sich eine Menge Geld verdienen lassen könnte, doch Kyle, der noch einen letzten Funken Menschenwürde in sich trägt, weigert sich, an den Kämpfen teilzunehmen. Hrusckov unternimmt von nun an alles, um seinen Willen zu brechen. Es dauert nicht lange, bis Kyle begreift, dass Menschlichkeit an einem Ort wie diesem nicht existiert. Er bereitet sich auf den Kampf vor..
Das Subgenre des Knastfilms hat mich schon seit jeher fasziniert und so versuche ich auch, alles zu sehen, was damit in Verbindung steht. Das ist allerdings gar nicht so einfach, wie sich das manch einer vermutlich vorstellt, denn neben den "großen" und bekannten Filmen à la "Midnight Express", "Die Verurteilten" oder "Flucht von Alcatratz" existieren da noch viele weitere Filme am Rande, nach denen man schon ausgiebiger suchen muss, um fündig zu werden. Auch "In Hell" ist einer von diesen eher unbekannten Knastfilmen, den ich schon seit geraumer Zeit sehen wollte, obwohl mich bislang immer der Name Jean-Claude Van Damme zurückschrecken ließ. Ich möchte mit dieser Aussage nicht falsch verstanden werden - nicht, dass ich etwas gegen die "Muscles From Brussels" hätte, doch wenn ich einen Knastfilm sehen möchte, hoffe ich darauf, Zeuge packender und dramatischer Begebenheiten zu werden. Wenn mir hingegen nach stumpfsinnigen Schlägereien ist, reicht es, den nächstbesten Actionfilm einzulegen, und seien wir mal ehrlich, bisher konnte noch kein Van Damme mit sonderlich viel Anspruch oder Tiefgang glänzen, von kleineren Ausnahmen mal abgesehen.
Irgendwie hat es sich dann allerdings doch so begeben, dass ich mich an die ungekürzte, nächtliche Wiederholung des Films am 03.04 herangewagt habe und letztendlich war dies die richtige Entscheidung. Der Film startet nicht sonderlich spektakulär und zeigt uns den Mord an Kyle´s Frau, der daraufhin Selbstjustiz übt und in den Knast wandert. Spätestens ab da geht schon eine gewisse Spannung von dem Film aus, da uns die typischen Standardcharaktere gezeigt werden, die eigentlich jeder Knastfilm beinhalten muss. Da hätten wir den zierlichen und jungen Amerikaner Billy, gespielt von Chris Moir, der von den brutalen Schlägern sofort als Frischfleisch angesehen wird, welches sie gegen die Bestechung der Wachen vergewaltigen können. Desweiteren ist da der unheimliche neue Zellengenosse Kyles, der hühnenhafte 451, der jeden seiner vorherigen Zellennachbarn im Schlaf getötet hat. Von dieser Figur, die von dem Footballer Lawrence Taylor gespielt wird, geht stets eine sehr beklemmende Präsenz aus.
Wen hätten wir da noch? Natürlich den unscheinbaren Spitzel, der auch nicht davor zurückschreckt, seine Freunde zu verraten, sollten diese einen Fluchtversuch planen. Der interessanteste Charakter von allen ist allerdings gleichzeitig der Hauptdarsteller selbst, Kyle, alias Jean-Claude Van Damme. Er macht eine beachtliche Wandlung während des Films durch. Zuerst versucht er im Gedenken an seine Frau ohne Gewalt durch den harten Knastalltag zu kommen, bis er bemerkt, dass er jegliche Menschlichkeit hinter sich lassen muss, um hier zu überleben. Letzten Endes entscheidet er sich dann wieder gegen die Gewalt und setzt damit ein bedeutendes Zeichen, das die Grundpfeiler der Strafanstalt schwer erschüttert. Bis es soweit ist muss er allerdings grausame Strapazen über sich ergehen lassen und diese sind demzufolge auch Hauptbestandteil des Films.
Es lässt sich definitiv sagen, dass "In Hell" seine Freigabe ab 18 Jahren mit recht trägt. Kultregisseur Ringo Lam zeigt das Knastleben hier in all seiner Härte und setzt die Kamera da an, wo Filme eines Kalibers von "Die Verurteilten" längst wegblenden würden. So werden hier während eines Kampfes aus lauter Verzweiflung Hauptschlagadern des Gegners durchbissen, Zellengenossen in der Nacht mit der Kneifzange bearbeitet und die Schwächeren Tag für Tag übel verprügelt und vergewaltigt. Mich hat es sehr überrascht, wie gnadenlos und blutig hier gefoltert, gemordet und gequält wird. Somit steht fest, dass "In Hell" definitiv zu den härtesten aller Knaststreifen gehört. Wer sich die verstümmelte 16er Fassung antut, wird von dieser Gewalt kaum etwas mitbekommen.
Fangen wir nun aber mal damit an, die gierig lechzenden Jean-Claude Van Damme Fans zu bedienen. Wer darauf hofft, seinen Lieblingsschauspieler in typischer, Fußtritte-austeilender Art und Weise zu sehen, der sollte "In Hell" besser nicht begutachten. Der Actionstar hält sich überraschend zurück, so dass nicht die Kämpfe, sondern sein Schauspiel im Mittelpunkt stehen, was Van Damme allerdings souverän meistert. Man kauft ihm den Mann, der voller Trauer um seine tote Frau in den Knast kommt, sofort ab und schafft es so auch, sein Handeln nachvollziehen zu können. Auch sein Kampfstil weicht hier von dem ab, den man von ihm ansonsten kennt. "In Hell" will kein zweiter "Bloodsport" sein, sondern eine harte Knastgeschichte, dem passen sich demzufolge auch die Fights an. Ja, hier wird durchaus gekämpft und das nicht gerade selten, allerdings sind die Kämpfe überaus realistisch in Szene gesetzt, was sicherlich viele überraschen dürfte.
Was die Schauspieler angeht, weiß "In Hell" auf ganzer Linie zu überzeugen. Nicht nur Jean-Claude Van Damme gibt eine gute Figur ab, sondern durch die Reihe weg tun dies ebenso alle anderen und können sich so mit Recht Schauspieler nennen, was bei Filmen dieser Art bekanntlich nicht immer zwingend der Fall sein muss. Zwar entsprechen so gut wie alle Charaktere in dem Streifen blanken Stereotypen, aber dafür können die Darsteller selbst nichts.
Fazit: Nun, aus dem großen Brei an Knastfilmen wird "In Hell" mit Sicherheit niemals als Meisterwerk herausragen, doch eines muss man ihm lassen: Für einen Van Damme Film, mit dem wir es hier zweifelsohne zu tun haben, ist das Teil überraschend realistisch, packend und schlichtweg überzeugend. Der Hauptdarsteller tut sein bestes, um seiner Figur Leben einzuhauchen und schafft es so sogar, schauspielerisches Talent zu zeigen. Das Geschehen ist dabei von der ersten bis zur letzten Minute sehr blutig und actionreich in Szene gesetzt, verliert gleichzeitig aber nie einen gewissen Grad an Emotion oder Gefühl. Auch sehr positiv überraschend sind die Kampfszenen, in denen Van Damme nicht als überragende Kampfmaschine präsentiert wird und demzufolge auch gehörig einstecken muss. Mir hat "In Hell" jedenfalls gefallen, weshalb ich ihn mir eines Tages sicherlich auch auf DVD kaufen werde.