Kalla Malla
Mit ihren Büchern über paranormale Phänomene konnte sich die Bestseller-Autorin Mary Florescu in der Vergangenheit bereits einen umstrittenen Ruhm erarbeiten, doch der Erfolg alleine reicht der aufgeweckten Mittvierzigerin eines Tages einfach nicht mehr aus. Für ihr neues Buch brennt Mary darauf, das Übersinnliche endlich aus nächster Nähe mitzuerleben, weshalb sie in Begleitung ihres langjährigen Assistenten Wyburd für die kommenden Tage in das leerstehende und von unheilvollen Geschichten umrankte Herrenhaus am Tollington Place 65 einziehen möchte. Hinter vorgehaltener Hand erzählt man sich, dass hier vor einiger Zeit ein junges Mädchen auf grausame Weise von Geistern ermordet wurde, weshalb das Anwesen von den Menschen für gewöhnlich gemieden wird. Mary jedoch verspricht sich hier ideale Bedigungen für ihre Recherchen, zumal sie mit dem jungen Studenten Simon McNeal noch ein besonderes Ass im Ärmel zu haben glaubt. Da Simon laut eigener Aussage seit seiner Kindheit über mediale Fähigkeiten verfügt, sieht Mary in ihm den perfekten Lockvogel, um die Geister des Hauses aus der Reserve zu locken. Tatsächlich nehmen schon bald unerklärliche Ereignisse ihren Lauf, die aber insgeheim alle von Simon, einem Betrüger erster Güte, stilvoll inszeniert werden. Das falsche Spiel soll jedoch schon bald grausam bestraft werden, denn bei dem Haus handelt es sich tatsächlich um einen Treffpunkt für verstorbene Seelen und diese sind so gar nicht zu Scherzen aufgelegt...
Der britische Autor Clive Barker zählt neben Stephen King zweifellos zu den beliebtesten und am Häufigsten zitierten Horror-Schriftstellern der Neuzeit, weshalb es an und für sich wenig überrascht, dass die Filmundustrie das Potenzial seiner Vorlagen inzwischen immer häufiger in mal mehr und mal weniger überzeugenden Adaptionen verwurstet. Während diese obligatorische Praxis bei Kollege King schon längst eine geradezu unvergleichliche Anzahl grotesk verkorkster und demnach auch mit einem entsprechenden Ruf gewürdigter Schrottfilme zur Folge hatte, so genießen Barkers Verfilmungen im Allgemeinen jedoch eine ungleich bessere Reputation. In erster Linie dürfte dies wohl darauf zurückzuführen sein, dass es sich der Brite in der Vergangenheit nicht nehmen ließ, für einige adäquate und vorlagengetreue Umsetzungen höchstselbst auf dem Regiestuhl Platz zu nehmen, was den Horrorfans Genreklassiker wie Hellraiser, Cabal oder Lord of Illusions bescherte. Derweil bewiesen Werke wie Hellraiser II, Candyman's Fluch oder The Midnight Meat Train im Laufe der Zeit, dass sich auch andere Regisseure Barkers oftmals unvergleichlichem Stil anzunehmen wussten, wenn sie dem Stoff nur mit Respekt und der nötigen Kenntnis begegneten. Alleine schon aufgrund der für gewöhnlich qualitativ hochwertigen Historie bisheriger Umsetzungen des Horror-Visionärs durften Genrefans im Jahr 2009 hellhörig werden, als mit Book of Blood schließlich eine weitere filmische Realisierung eines Teiles der Bücher des Blutes angekündigt wurde, jener sechsteiligen Kurzgeschichtensammlungen also, mit denen Barkers beeindruckende Laufbahn vor mehr als 20 Jahren ihren Anfang nahm und die noch heute als der Innbegriff des modernen, literarischen Grauens gelten.
Das formvollendete Grauen bekommt man dann zwar auch in dieser britischen Produktion des Regisseurs John Harrison (Geschichten aus der Schattenwelt, Supernova) zu Gesicht, blöderweise allerdings nicht gerade in positiver Hinsicht. Book of Blood nur als eine nüchterne Enttäuschung zu bezeichnen, wäre noch viel zu freundlich - der Film ist ein überflüssiges und darüber hinaus auch noch ungemein langatmiges Ärgernis, das sich in jeder Hinsicht lustlos vor einer Daseinsberechtigung drückt. Berichten zufolge soll diese 6 Millionen Dollar teure Einschlafhilfe dabei den Auftakt für eine ganze Reihe sich momentan in der Planung befindender Adaptionen von Barkers Kurzgeschichten aus den Büchern des Blutes bilden. Bleibt zu hoffen, dass Book of Blood nur ein Ausrutscher war und die noch kommenden Umsetzungen ein gänzlich anderes Niveau aufweisen werden, ansonsten dürfte der kultige Schriftsteller in punkto mieser Verfilmungen über kurz oder lang wohl doch noch in die Fußstapfen King's treten. Book of Blood jedenfalls lässt übles erahnen und weckt im Laufe seiner 96-minütigen Spielzeit immer wieder den Verdacht, dass die Verantwortlichen hier selbst nicht so recht wussten, wie sie die Vorlage ohne eigene Ideen möglichst unauffällig auf Spielfilmlänge auswalzen könnten. Anstatt des freigelegten Schreckens und der immer wieder beeindruckenden Gore-Ausbrüche früherer Barker-Verfilmungen gibt es hier allenfalls seichten Geisterhaus-Grusel, selbstzweckhafte Sexszenen und eine schier undurchdringliche Mauer aus purer Belanglosigkeit zu bestaunen.
Obgleich die Story in ihren Grundzügen dabei durchaus Potential aufweist, so ist es wichtig zu erwähnen, dass es sich bei dem literischen Vorbild lediglich um die Rahmenhandlung der Bücher des Blutes-Anthologie handelt, welche von Barker noch kürzer als eine seiner üblichen Shortstorys gehalten wurde. Warum nun ausgerechnet dies verfilmt werden musste, wird wohl das Geheimnis von John Harrison und seines Drehbuchautoren Darin Silverman bleiben, die Leidtragenden sind aber in jedem Fall die Genrefans. Zwar mutet der grundlegende Plot um einen jungen Mann, der sich zunächst als übersinnliches begabtes Medium vorstellt, um eine berühmte Autorin hinters Licht zu führen, zunächst eben deshalb interessant an, da seitens des Publikums kein Zweifel daran bestehen dürfte, dass in dem alten Anwesen am Tollington Place 65 wirkliche Geister ihr Unwesen treiben. Wie für das Genre üblich, folgt die Rache dann alsbald auf dem Fuße, oder in diesem Fall vielmehr auf der Haut, denn die Toten benutzen Simon für seinen Frevel als menschliches Buch und ritzen ihm die Geschichten ihres unermesslichen Leidens in die Haut. Zwar schien Harrison und Silverman hier somit durchaus bewusst gewesen zu sein, an welchem Ziel ihre Geschichte letztendlich ankommen sollte, doch auf dem Weg dorthin verlaufen sie sich derart oft in banalen Spukhaus-Klischees und offensichtlichen Lückenfüllern, dass man als Zuschauer letztendlich wohl nur sein Interesse an dem Geschehen verlieren kann. Aus Mangel an einem wirklichen Inhalt fokussiert sich Book of Blood desweiteren für lange Zeit auf die eigenartige Obsession der bereits in die Jahre gekommenen Mary für den deutlich jüngeren Simon, was einen befremdlich-romantischen Subplot zur Folge hat, der sich sodann immer wieder durch im Grunde überflüssige Nackt- und Sexszenen bemerkbar macht. Hinzu gesellen sich noch einige Eifersüchteleien von Mary's Assistenten und fertig ist die Ersatzhandlung, die ungefähr so spannend daherkommt wie das Making-Of zur Lindenstraße.
Sicher hat Book of Blood auch einige Momente, die ihn als Horrorfilm ausweisen, doch lassen sich diese problemlos an einer Hand abzählen und werden darüber hinaus wohl nicht einmal den sanftesten Gemütern schlaflose Nächte bereiten. Das immer wieder beliebte Geisterhaus erscheint hier stellenweise zwar durchaus düster, macht aber dennoch einen beinahe alltäglichen Eindruck und kann für sich selbst keinerlei Atmosphäre entstehen lassen, während sich das eigentliche Geschehen auf eine bewährte Palette an Klischees verlässt. Von unerklärlichem Flüstern, über eindeutige Warnungen an den Wänden bis hin zu nächtlichem Gepolter bekommt man hier nichts geboten, was man in ähnlich gelagerten Filmen nicht schon weniger ermüdend gesehen hätte. Book of Blood ist in seiner Gesamtheit einfach zermürbend belanglos, daran kann dann auch eine dezente Ladung Gore oder eine bisweilen ganz annehmbare Inszenierung mit wirren Kamerafahrten in Evil Dead Manier nichts mehr rütteln. Auf der anderen Seite warten mit den unliebsamen Charakteren dann nämlich schon wieder das nächste Ärgernis auf den strapazierten Zuschauer. Simon ist ein allzu unscheinbarer und wenig charismatischer Hauptprotagonist, während Mary Florescu in ihren Motivationen blass und ohne die nötige Erklärung präsentiert wird. Da können Jonas Armstrong und Sophie Ward (Crime and Punishment, Heartbeat) in den Hauptrollen dann sogar mit sichtbarem, schauspielerischen Talent gesegnet sein, gegen das schwache Drehbuch kommen sie einfach nicht an.
Trotz eines beschaulichen Budgets und der Beteiligung von Clive Barker als Produzent ist diese Adaption einer seiner Kurzgeschichten somit gründlich in die Hose gegangen. Spannungsarm, ziellos und unbeholfen scheint Book of Blood über weite Strecken sichtliche Probleme damit zu haben, das wendungsreiche und merklich unterhaltsamere Finale zu erreichen, dürfte einen Großteil seines Publikums bis dahin aber onehin schon längst in den Tiefschlaf versetzt haben. Insgesamt bleibt dieses Werk als absolut seichter und beliebig austauschbarer Geisterhausgrusler weit hinter den Erwartungen zurück und kann somit selbst den hartgesottenen Barker-Fans nicht mehr ans Herz gelegt werden.