Kalla Malla
Labelboss und Schmuddelkönig Andreas Bethmann, feierte letztes Jahr sein 25 jähriges Filmjubiläum. Aus der deutschen Underground-Filmszene ist der Gute wirklich nicht mehr wegzudenken und auch seine - größtenteils im Sexploitationgenre angesiedelten - Filme haben schon lange ihre Zielgruppe gefunden. Allerdings war Andreas Bethmann nach eigenen Angaben müde von seinen Sex & Gore Streifen, weswegen er sich sehr spontan dazu entschied, einen klassischen Gruselthriller zum Jubiläum zu veröffentlichen.
Zunächst fällt auf, dass sich seine Investitionen im Equipment Bereich deutlich ausgezahlt haben. Das Bild der BluRay sieht top aus und lässt digitale Bilder wie in "Exitus Interruptus" vergessen. Einzig die Nachsynchronisation ist etwas, was mich bei den Bethmann Filmen immer stört. Gut, bei "K3 - Prison Of Hell" und Konsorten passt das ins Gesamtbild, allerdings empfand ich es hier, bei "Help Me I Am Dead", doch sehr störend. Da sieht man beispielsweise die Hauptdarstellerin im Film kauen, während die Synchronspur sie völlig klare Sätze sprechen lässt.
Besagte Hauptdarstellerin wird von Margarethe von Stern verkörpert, welche bisher meines Wissens nach, bloß in Marian Doras Meisterwerk "Melancholie Der Engel" zu sehen war. Da sie in beiden Filmen im Rollstuhl sitzt, spielt sie in meinen Augen hier eine ganz ähnlich Rolle. Nämlich eine sehr zerbrechliche und unschuldige. Ihre Sache macht sie definitiv gut und man hätte nur schwer jemand anderes finden können, der derart gut auf diese Rolle passt.
Doch in Wirklichkeit ist sie nicht die einzige Protagonistin. Streng genommen müsste man nämlich das wirklich schaurige Haus dazuzählen, welches eine sehr melancholische und gruselige Stimmung ausstrahlt. Hier hat Bethmann ein glückliches Händchen in der Drehortwahl bewiesen, sowie erneut sein Talent gezeigt, Drehorte pasend auszustatten. Bei dem Gefängnis aus "Angel Of Death II" oder "K3 - Prison Of Hell", sowie dem Haus aus den beiden "Exitus Interruptus" Teilen, hat er es auch immer geschafft, dem ganzen eine unverwechselbare Note zu verpassen - und so ist es auch hier.
Während der Film in der ersten Stunde praktisch ereignislos bleibt und von seiner Grundstimmung lebt, darf dann pünktlich zur Halbzeit Olaf Ittenbach ans Werk schreiten und wer die Kombination Bethmann/Ittenbach kennt, weiß, dass das eine sehr asoziale Angelegenheit gibt. Die Folterung an der Frau ist wirklich herb und vorallem die Tatsache, dass sie von Nazis gefoltert wird, gibt dem ganzen nochmal eine Schippe an Abartigkeit obendrauf. Ittenbachs Effekte sind gut gelungen, obgleich der Splatter erfahrene Zuschauer die Effekte recht leicht enttarnen kann. Trotzdem ist die Szene wirkungsvoll und sticht fast schon aus dem gemächlichen Filmverlauf heraus.
Aber ein Problem gibt es allerdings schon: die Laufzeit. Knapp 120 Minuten sind im Horrorbereich schon immer recht abschreckend - und im Independentgenre umso mehr. Bethmann hätte gut und gerne 30 - 40 Minuten Material entfernen können, ohne dass der Film Schaden genommen hätte. Im Gegenteil: Eine radikale Balastkürzung hätte ihm sehr gut getan.
Beispielsweise gibt es mit Sicherheit rund 5 Minuten Filmmaterial, in welchem die Hauptdarstellerin mit ihrem Rollstuhl durch die Straßen fährt. Oder auch die Softsexszene mit ihrem Freund (gespielt von Bethmann himself) passt einfach nicht ins Filmgeschehen und wirkt, vorallem im Hinblick an Bethmanns restliche Filmwerke, gleichermaßen prüde wie aufgesetzt.
Prinzipiell hätte man alle Szenen mit ihrem Freund rausstreichen sollen. Denn außer, dass man ihren Freund sieht, hat dieser Charakter keinen Sinn in Film. Ich bin mir wirklich sicher, dass es besser gewesen wäre, ihren Freund gar nicht zu erwähnen. Denn die Zuschauerbindung an Jennifer, wie Margarethe von Stern im Film heißt, wäre intensiver gewesen, wenn man das Gefühl gehabt hätte, sie wäre mit ihrer Behinderung wirklich völlig alleine auf der Welt.
"Help Me I Am Dead" ist für einen Independent Film wirklich gelungen und dürfte selbst "normalen" Horrorfans gefallen. Für Andreas Bethmann stellt der Film wirklich etwas Besonderes in seiner Filmografie dar, obgleich man seine Handschrift schon erkennen kann. Er hat ein paar sehr gute Schockszenen, baut eine gute Atmosphäre auf und wirkt alles in allem absolut liebevoll gemacht.
Besonders erwähnenswert sind allerdings die Darsteller, allem voran Carsten Frank. Ja, der Carsten Frank, der spätestens mit Marian Doras "Debris Documentar" jeden Zuschauer vom Bildschirm weggeekelt hat. Ich muss aber sagen, dass er ein wirklich beeindruckender Darsteller ist und wahrscheinlich niemand besser für die Rolle eines gestörten Soziopathen geeignet ist, als er. Ich hoffe allerdings, dass Andreas Bethmann "Help Me I Am Dead" in Bezug auf die Laufzeit nochmal überarbeitet. Eine halbe Stunde weniger an unnötigem Filmmaterial, würde diesen Film Klassen nach oben heben. Und wenn er dann noch die verkorkste Nachsynchronisation ausbügeln würde, hätten wir hier ein kleines Meisterwerk aus deutschen Independentgefilden!