Kalla Malla
Der satanische Leichenbestatter Coffin Joe wird nach 40 Jahren aus dem Gefängnis entlassen. Verfolgt von den gepeinigten Seelen seiner schauerlichen Vergangenheit lässt er in den Slums von Rio seinen bestialischen Satanskult wiederaufleben. Seine Jünger müssen durch grausam blutige Rituale ihre Ergebenheit beweisen. In diabolischen Orgien sucht Coffin Joe Erlösung und die perfekte Frau, die seinen Sohn austragen soll. Zwei Brüder von der Militärpolizei wollen Coffin Joe auf eigene Faust zur Strecke bringen und folgen seiner Spur von gemarterten und verstümmelten Körpern durch die Slums von Rio.
40 Jahre nachdem Regisseur Jose Mojca Marins zum letzten Mal offiziell in die Rolle des Totengräbers Coffin Joe geschlüpft ist, drehte er 2008 den Abschluss der Trilogie, die ihn als Regisseur auch über die Grenzen seines Heimatlandes Brasilien hinweg bekannt gemacht hat. Nach "At Midnight I'll Take Your Soul" und "This Night I'll Possess Your Corpse" folgt nun "Embodiment Of Evil".
40 Jahre sind eine ganz schön lange Zeit, bedenkt man vorallem, was sich seit Mitte der 60er Jahre alles im (Horror)film getan hat. Marins legte seine Filmreihe rund um Coffin Joe auf Eis, lange bevor Klassiker wie "Cannibal Holocaust" oder "Blutgericht In Texas" überhaupt gedreht, geschweige denn geplant waren.
Doch auch innerhalb seiner Trilogie sind 40 Jahre vergangen, denn in dieser Zeit, saß der Totengräber im (filmischen) Gefängnis. Aber selbst über vier Dekaden hinweg, konnte der Staat ihn nicht brechen und sein Wunsch, eine perfekte Frau zu finden, um mit ihr einen Nachkommen zu zeugen, blieb über all die Jahre aufrecht erhalten. Doch die Realisierung dieses Wunsches ist selbst 40 Jahre später alles andere als einfach, denn Coffin Joe hat hohe Anforderungen: Seine potentiellen Gattinnen müssen sich nämlich erst als stark genug erweisen - Stärke, die er durch unzählige körperliche Qualen testen möchte...
So unbeholfen der Charakter des Coffin Joe in den ersten Filmminuten nach seiner Entlassung, durch die seit den 60er Jahren stark veränderte Stadt, stolpert, so unbeholfen ist letztendlich auch Jose Mojica Marins Regie. Seit seinem letzten Film im Jahre 1987 ist eben auch einige Zeit vergangen und was damals funktioniert hat, will heute so gar nicht mehr zünden. Wo man in der ersten Viertelstunde sich als Horrorfan einfach über die Wiederkehr einer nicht zu verachtenden, aber leider in Vergessenheit geratenen Horrorikone freuen kann, sieht man sich bald mit Ernüchterung konfrontiert, denn Marins scheint seinen Status in der heutigen Horrorszenen irgendwie überschätzt zu haben.
Mit einer unfassbaren Selbstverliebheit wird hier wieder über Schmerz und Lust philosophiert, als hätte kein Mensch der Welt "Hellraiser" gesehen. Was bei denen beiden alten Coffin Joe Filmen in ähnlicher Weise funktioniert hat, ruft heute keinerlei Reaktion mehr beim Publikum hervor, denn das pseudo-böse Gequatsche eines nicht wirklich gut gealterten Horrorcharaterks, schrammt teilweise gewaltig an unfrewilliger Komik vorbei. Objektiv betrachtet, mag das bei "At Midnight I'll Take Your Soul" oder "This Night I'll Possess Your Corpse" nicht anders gewesen sein, allerdings haben diese Filme auch 40 Jahre auf dem Buckel und unterliegen somit einer Art "Altersschutz".
Zusätzlich schlimm ist noch dazu, dass der Film sich zu 100% ernst nimmt. Man findet nirgends auch nur den Hauch von Ironie, sondern fährt absolut stringent die "böse" Linie. Soweit nicht schlimm, aber wenn man dann zwischendurch noch die wahllose Polizeigewalt in Südamerika, sowie die Härte der Slums auf Film bannen möchte und letztendlich die billige Optik, sowie massenhaft vorhandenes Overacting den ganzen Film eher in Richtung Trash rückt, so kann man als Zuschauer nur völlig irritiert auf den Bildschirm starren. Ist es ein Horrorfilm? Will er mit modernen Torture Porn mithalten? Ist er als trashig angedacht gewesen? Ist er eine Eigenparodie? Man weiß es nicht, aber man kann sich sicher sein, dass Jose Mojica Marins hier wirklich ein bahnbrechendes Comeback feiern wollte.
Jedoch gibt es auch einige positive Seiten: die Splattereffekte wissen zu begeistern, genau wie die Halluzination, die Coffin Joe hin und wieder heimsuchen. Den in den Momenten zeigt der Film, dass er eine Stimmung aufbauen kann und kommt verhältnismäßig sogar recht rasant daher. Doch solche Momente kommen zum einen erst nach 50 Minuten wirklich wirkungsvoll auf und werden dann wiederum minutenlang von philosophischem, betont "bösartigen" Geblubber unterbrochen.
"Embodiment Of Evil" ist für Splatterfans mit Sicherheit interessant, genauso wie man selbst als jemand, der die alten Coffin Joe Filme nicht kennt, keine Probleme haben wird, der Handlung zu folgen. Leider muss man sich aber auf ewig lange Durststrecken einlassen, in welchen einfach über irgendwas gelabert wird, genauso wie man über das Overacting, sowie die verkrampft "böse" Inszenierung, eigentlich bloß noch lachen kann.