Kalla Malla
Fahrstuhlführer Eddie (Elisha Cook Jr.) besorgt seiner Nichte Nell (Marilyn Monroe) einen Job als Babysitter. Nur ein paar Stunden auf die unkomplizierte Tochter einer wohlhabenden Familie aufpassen. Für die erst seit ein paar Tagen in New York anwesende Nell keine spannende Aufgabe und schnell lässt sie sich dazu hinreißen, die Kleider und den Schmuck ihrer Arbeitgeberin anzuprobieren und sich Tagträumen hinzugeben.
Im selben Hotel ist auch der Pilot Jed Towers (Richard Widmark) abgestiegen, um sich mit der Nachtclubsängerin Lyn (Anne Bancroft) auszusprechen. Doch die lässt ihn abblitzen und so kippt er sich auf seinem Zimmer etwas Seelentröster hinter die Binde. Im Fenster gegenüber - Raum 809 - sieht er die hübsche Nell einsam tanzen und ruft sie an. Nicht lange, und sie lädt ihn auf einen Drink ein. Jed ahnt nicht, dass ihn eine unruhige Nacht erwartet, denn Nell ist erst vor kurzer Zeit aus einer psychiatrischen Anstalt entlassen worden ... und nicht völlig geheilt ...
Marilyn Monroe in der Rolle einer Psychopathien, hin- und hergerissen zwischen mörderischen Anwandlungen und nymphomanem Drang, wandelt sich von der anfangs etwas schüchternen Nell zu einer seelisch völlig aus dem Gleichgewicht geratenen Person. Durchaus überzeugend. Widmark dazu in guter Stimmung - »Don't Bother To Knock« ist ein sehenswerter kleiner »Noir-Streifen«.
Die Handlung beschränkt sich ausschließlich auf das Hotel und seine Bewohner und hat ein paar stimmungsvolle Höhepunkte, wenn die potentielle Kindsmörderin ihre Träume beschützen möchte.
Gerade der Anfang ist sehenswert, in der die Protagonisten in Begleitung von Lyns Gesang über das Hausradio vorgestellt werden. Dazu flotte Dialoge und ein Barkeeper mit ätzendem Humor, Elisha Cook Jr. wie gewohnt als Pechvogel, der ordentlich einstecken muss.
Etwas störend ist die überzogene Quintessenz des Films: sei ein einfühlsamer Mann, dann bekommst du dein Mädchen. Nichts gegen Happy End, aber das ist ein bisschen dick aufgetragen. Musste aber vielleicht sein, um das (damalige) Publikum etwas versöhnlicher zu stimmen, nachdem die unvergleichliche Marilyn hier nicht so nett und lustig ist wie in vielen anderen ihrer Filme.
Fazit: »Versuchung auf 809« ist nicht nur für Marilyn Monroe-Fans empfehlenswert, die hier übrigens eine ernsthafte und starke Leistung abliefert, weit entfernt von ihrem späteren »Dumme Blondinen«-Image. Die Geschichte einer attraktiven, aber höchst gestörten Babysitterin, welche die Aufmerksamkeit eines einsamen Hotelgastes auf sich zieht, ist ein »Film Noir« im besten Sinne. Die Charaktere schnörkellos, die Handlung straff, die Dialoge effizient, die Fotografie atmosphärisch und stilsicher, die Geschichte spannend und lakonisch. Dazu der männlich-draufgängerische Richard Widmark, der sich als sensibler Frauenversteher erweist und eine sehr junge Anne Bancroft mit großer Präsenz, was will man mehr?