Kalla Malla
Einer meiner absoluten Lieblingsfilme ist »Die Katze auf dem heissen Blechdach« aus dem Jahr 1958. Die Filmversion von Tennessee Williams' berühmtem Drama geht zwar sehr großzügig mit der Vorlage um, doch schmälert dies in keiner Weise die Wirkung dieses grandiosen Schauspielerfilms, bei dem sich alle Beteiligten auf der Höhe ihrer Kunst befanden.
Die Geschichte sollte hinreichend bekannt sein: die Geburtstagsparty des Plantagenbesitzers Big Daddy wird zu einer grausamen Abrechnung der Familienmitglieder mit ihren jeweiligen Lebenslügen.
Regisseur Richard Brooks fängt die Atmosphäre des heißen, stickigen Sommers und der psychologisch aufgewühlten Charaktere genial ein. Wenn das Unwetter schließlich über der Plantage hereinbricht, brechen auch im Inneren die aufgestauten Emotionen auf und entladen sich in heftigen, direkten Konfrontationen. Ob dies ein reinigendes Gewitter war, wird sich erst nach Film-Ende zeigen. Die zeitlose Popularität von Williams' Drama erklärt sich durch seine Allgemeingültigkeit. Eine Blanche Dubois (aus »Endstation Sehnsucht«) hat nicht unbedingt jeder in seinem Familienkreis, aber wer kennt nicht mindestens einen Gooper, eine Mae, eine Big Mama?
Die Themen der »Katze« sind Raffgier, Gefühlskälte und Egoismus, und es ist nach all den Jahren immer noch erfrischend zu sehen, dass in einem Hollywood-Film die Familie als Brutstätte für Neid, Missgunst und Hass geschildert wird, in der echtes Liebesgefühl (wie das von Big Mama zu Big Daddy) kaum Chancen auf Erfüllung hat.
Nicht zuletzt ist es aber die grandiose Leistung der Darsteller, welche »Die Katze auf dem heissen Blechdach« so außergewöhnlich macht. Elizabeth Taylor spielt so gewaltig, ihre Körpersprache so lasziv und suggestiv, dass sie fast den gesamten Film vereinnahmt. Ihre Maggie ist eine tickende Zeitbombe, die sarkastischen Spitzen gegen die Verwandtschaft und die »halslosen Ungeheuer« der Schwägerin lediglich Ausweichmanöver vor der Explosion. Paul Newman stellt sich der Schwierigkeit, dass seine Motivationen im Film von der Vorlage stark abweichen und nie schlüssig erklärt werden (im Stück kann er nicht zu seiner Homosexualität stehen, im Film wird daraus ein Vater/Sohn-Konflikt), er meistert dies aber hervorragend. Als hassliebendes Pärchen versprühen Taylor und Newman so viel (unterdrückten) Sex, dass die Leinwand bzw. der Bildschirm knistert. Die Nebendarsteller agieren nich minder brillant, insbesondere Judith Anderson wird viel zu wenig gewürdigt für ihre Darstellung einer aufopferungsvollen Ehefrau und Mutter, die zu schlicht gestrickt ist um alles zu verstehen, aber mutig genug, ihre Liebe offen auszusprechen.
»Die Katze auf dem heissen Blechdach« kann man praktisch immer wieder sehen. Trotz seiner deprimierenden Themen ist dies ein Film, der den Zuschauer befriedigt und mit positivem Gefühl entlässt. Ein Klassiker, der vielfach kopiert, aber nie erreicht wurde.