Kalla Malla
Viele Jahre, nachdem man bei ihr gemeinsam die Schulbank drückte, trifft sich eine ehemalige Grundschulklasse bei ihrer alten Lehrerin Miss Parks auf deren idyllischem Landsitz am Meer wieder. Miss Parks, inzwischen schwer erkrankt und an den Rollstuhl gefesselt, war früher als Zynikerin mit überaus erniedrigenden Lehrmethoden ebenso berüchtigt wie gefürchtet, weshalb schon bald bittere Erinnerungen an die damalige Schulzeit in den Gästen aufsteigen. Sie alle tragen noch immer die prägenden Spuren jener Jahre, weshalb die anfängliche Wiedersehensfreude alsbald in offene Feindseligkeit umschlägt. Während die Schüler die einstigen Boshaftigkeiten noch einmal vor ihrem inneren Auge erleben, macht sich zur selben Zeit ein vermummter Killer ebenfalls daran, den Tribut für seine Vergangenheit zu fordern und einen nach dem anderen bestialisch zu ermorden. Für die Gäste des Klassentreffens steht fest, dass es sich bei dem sadistischen Mörder nur um den Sohn von Miss Parks handeln kann, welcher seine Kindheit aufgrund schrecklicher Deformierungen eingesperrt im Keller verbringen musste..
Mit Bloody Reunion, der so manchen Anhängern des Horrorgenres auch unter seinem alternativen Titel To Sir, with Love geläufig sein dürfte, präsentiert man uns mal wieder deftigere Kost aus Südkorea. Bereits vor seinem eigentlichen Erscheinen sorgte der überdurchschnittlich harte Slasher für Aufsehen und machte als Geheimtipp in zahlreichen, genrebezogenen Foren die Runde. Ein ungeschnittenes Release in Deutschland schien ein Ding der Unmöglichkeit und so wunderte es dann auch die wenigsten, dass Bloody Reunion nur in einer um mehr als 2 Minuten erleichterten Fassung auf den hiesigen Markt kam. Tatsachen dieser Art lassen natürlich in Verbindung mit dem Inhalt des Streifens auf einen beinharten Slasher schließen, der sich in reiner Torture-Porn-Tradition an minutenlangen Splattergelagen ergeht, doch genau diese Erwartungshaltungen sind es, die Bloody Reunion letztlich mehr schaden, als dass sie ihm dienlich wären. So setzt der Regisseur Dae-wung Lim in seinem Filmdebut nämlich weniger auf exzessiv zelebrierte Härte, als vielmehr auf die psychischen Abgründe seiner Charaktere und einer damit einhergehenden, eher pessimistischen Grundstimmung. Diese mündet zwar durchaus immer wieder mal in brutalen Gewalttaten, doch wird Bloody Reunion nichtsdestotrotz von einem überwiegend ruhigen Ton bestimmt, so dass eine Klassifizierung als Thriller-Drama diesem Werk sicherlich zuträglicher wäre und im Nachhinein für weniger enttäuschte Gesichter sorgen dürfte.
Die Story des Films ist sicherlich nicht neu, wurde von dem Drehbuchautoren Se-yeol Park aber mit derart vielen Twists und falschen Fährten angereichert, dass auch alteingesessene Genrefans die finale Auflösung abwarten müssen, um auch alle offenen Fragen der vorherigen 90 Minuten beantwortet zu wissen. Im Zentrum des Geschehens steht ein Klassentreffen einstmaliger Grundschüler bei deren früherer Klassenlehrerin Miss Parks, welches aber nicht gerade unter dem günstigsten Stern zu stehen scheint. Aufgrund der Erniedrigungen ihrer Lehrerin haben sich ihre Schüler allesamt zu desillusionierten und von Selbstzweifel geplagten Verlierern entwickelt, deren Erinnerungen durch das anstehende Klassentreffen allesamt wieder hervorzubrechen drohen. Bloody Reunion lässt sich viel Zeit, seine Figuren gemächlich einzuführen und mit einer Hintergrundgeschichte zu versehen, so dass zunächst ganze 40 Minuten verstreichen, bis schlagartig und unvermittelt das erste Blut vergossen wird. Bloody Reunion ist somit kein stumpfer Slasher, sondern vielmehr ein psychologisches Drama um Vergangenheitsbewältigung und Rache, das von so manch einem sicherlich als langatmig aufgenommen werden kann, sofern man nicht bereit ist, sich auf die ruhigere Erzählweise des Films einzulassen.
Schon typischer für einen Slasher ist dann die verstrickte Erzählweise des Films, welcher zu Beginn nach den eigentlichen Morden ansetzt. Die einzige Überlebende des Massakers erzählt einem Polizisten rückblickend die schrecklichen Begebenheiten, die letztendlich zu dem Blutbad führten, wobei sich die Macher große Mühe gaben, ihr Publikum immer wieder dezent auf eine falsche Spur zu führen. So hat beispielsweise die Geschichte um den deformierten Sohn der Lehrerin im eigentlichen Plot wenig Gewicht, gibt im Verlauf der Handlung aber weitere Rätsel auf. Das schlussendliche Finale zählt zu den Höhepunkten des Films und jagt einem ob seiner verstörend-traurigen Intensität einen Schauer nach dem nächsten über den Rücken, ohne dabei aber unschlüssig oder weit hergeholt zu wirken. Die im Grunde althergebrachte Story ist somit dank ihrer gekonnten Erzählweise die große Stärke des Films. Auch die Schauspieler wissen zu gefallen, denn von dem typisch asiatischen Merkmal des Overactings ist hier nichts zu bemerken, auch lassen sich die einzelnen Charaktere problemlos voneinander unterscheiden, was ja in anderen Filmen immer wieder ein durchaus vorhandenes Problem für das europäische Publikum darstellt.
Die Inszenierung lässt sich über weite Teile positiv hervorheben, doch bei der Kameraarbeit waren die Macher scheinbar immer wieder mal in Experimentierlaune, so dass man stellenweise minutenlang über sich ergehen lassen muss, wie die Kamera auf die Gesichter der Darsteller hin- und wieder zurückzoomt. Der Hintergedanke dieses Stilmittels lässt sich nicht so ganz erschließen, doch zumindest beweist Dae-wung Lim in den Bereichen Kulissen, Sound und Ausleuchtung ein geschicktes Händchen, so dass man über die stellenweise gewöhnungsbedürftigen Kameraeinstellungen hinwegsehen kann. Weniger verträglich geht es dann bei den Gewaltakten zur Sache, denn wenn es in der zweiten Hälfte dann mal zur Sache geht und der Killer seine Opfer in seinen hauseigenen Folterkeller verschleppt, dann ist ein gefestigter Magen vorausgesetzt. So werden einem fixierten Opfer beispielsweise diverse abgebrochene Teppichmesser eingeflößt, was aufgrund des direkten Draufhaltens der Kamera einen verstörenden Effekt nicht verfehlt. Das Kuriose ist jedoch, dass die sadistischen Brutalitäten immer derart unvermittelt über das Publikum hereinbrechen, dass sie fast schon wie ein Fremdkörper innerhalb der eigentlichen Story erscheinen. Trotz der hervorstechenden Härte des Films dürften Gorehounds aber recht unzufrieden zurückgelassen werden, sind es doch die unheilvolle Grundstimmung und die verschiedenen Charaktere, die in Bloody Reunion im Vordergrund stehen, während die Gewalt immer nur kurz, wenn auch dafür um so heftiger, in Erscheinung tritt.
Fazit: Als kompromissloser Slasher vermarket, ist Bloody Reunion somit letztendlich mehr ein perfide ausgetüfteltes Psychodrama, welches Freunde anspruchsvollerer Horror-Unterhaltung durchaus ansprechen dürfte und aufgrund seiner dichten, pessimistischen Atmosphäre, sowie seines überaus gelungenen Schlusstwists zweifellos unter die Haut geht. Die vereinzelten Gewaltausbrüche wirken da fast schon wie eine clevere Marketingsstrategie zur Verkaufsförderung, verfehlen ihren Zweck aber keineswegs und sind definitiv nur für abgehärtete Gemüter geeignet. Wäre da leider nicht eine allgegenwärtige Spannungsarmut zu verzeichnen, dürfte sich Bloody Reunion zurecht als ein echter Geheimtipp bezeichnen, so aber ist der Film noch immer ein empfehlenswerte Zusammenkunft von Drama, Psychothriller und Slasher, dem man als Freund ruhiger und atmosphärischer Filme eine verdiente Chance geben sollte.