Kalla Malla
Nach Jahren kehrt Kurt Menliff auf das Schloss seiner Familie zurück. Seine Ankunft wird von seiner Verwandtschaft nicht gerne gesehen, denn wegen ihm hat sich ein Mädchen vor Jahren mit dem Dolch das Leben genommen. Auch die schöne Nevenka, die zuvor mit Kurt eine Affäre hatte, beobachtet seine Rückkehr mit Argwohn. Doch Nevenka verfällt ihm erneut. Eines Tages wird Kurt jedoch tot aufgefunden. Auch er wurde mit einem Dolch erstochen. Die einzige, die den Tod von Kurt nicht verkraften kann, ist Nevenka. Ihre sexuelle Abhängigkeit gegenüber Kurt lässt sie auch nach seinem Tod nicht in Ruhe. Und wie es scheint, ist er von den Toten zurückgekehrt.
Bavas »Peitsche und Körper« (so der italienische Titel) verdankt seine Entstehung einer interessanten, italienisch-amerikanischen Zusammenarbeit. Sein Debüt »Die Stunde wenn Dracula kommt« wurde in den Staaten von American International Picture vertrieben, deren Hauptzugpferd Roger Corman war. Roger Corman drehte gerade seine Edgar-Allan-Poe-Reihe mit Vincent Price, und für »Das Pendel des Todes« engagierte er kurzerhand Barbara Steele aus Bavas Debütfilm. Die italienischen Produzenten waren wiederum von Cormans Pendel des Todes so beeindruckt, dass sie Bava baten, auch so etwas in dieser Art zu drehen.
Aber Bava kopierte nicht nur, er ging den entscheidenen Schritt weiter. Wurde BDSM, sofern er überhaupt Thema war, allenfalls als krankhaft geschildert, so verzichtet Bava auf jede moralische Wertung. Er zeigt vielmehr die innere Zerissenheit Nevenkas, ganz und gar nicht den Vorstellungen von Keuschheit und Moral entsprechen zu können, andererseits ihre Leidenschaft aber auch nicht in einer funktionierenden Beziehung ausleben zu können.
In Deutschland war die besagte Szene am Strand übrigens deutlich und vor allem sinnentstellt gekürzt. Hier ist nämlich von den Verzückungen Daliah Lavis nichts mehr zu sehen. Dennoch darf es natürlich auch in der ungekürzten italienischen Fassung kein Happy End für eins der schönsten Liebespaare der Filmgeschichte geben, Christopher Lee stirbt durch das gleiche Messer, mit dem sich auch die Tochter der Haushälterin umgebracht hat. Oder doch nicht? Und schon sind wir mitten im Gothic-Horror, den Bava wie kein anderer beherrscht und hier - nach meiner ganz persönlichen Meinung - zum Höhepunkt führt.
In allen Filmen Bavas ist eine gute Kopie in den richtigen Farben wichtig, um das Werk überhaupt würdigen zu können. Aber was Bava hier an Farbkompositionen zeigt, selbst wenn Daliah Lavi einfach nur durch einen Gang schleicht, ist unfassbar. Überhaupt ist Daliah Lavi eine Entdeckung, absolut glaubwürdig in ihrer Rolle und natürlich mit ihren großen Rehaugen ein deutlicher Blickfang.
Komplett daneben ist dagegen mal wieder der deutsche Titel. So lobenswert es war, diesmal auf den doch so naheliegenden Dracula-Zusatz zu verzichten, den sonst jede Bava-Veröffentlichung verkaufsfördernd erhielt, so unsinnig ist, es Daliah Lavi als unschuldige Jungfrau und Lee als Dämon zu betiteln. Beide sind weder das eine noch das andere, sondern Einzelgänger und Fremde in einer Welt, in der kein Platz für Andersartige ist.
Fazit: Mario Bavas »Der Dämon und die Jungfrau« ist schlicht einer der wundervollsten, ungewöhnlichsten Horrorfilme aller Zeiten. Die Verbindung von sexuellen Obsessionen mit körperlicher Gewalt und psychischer Abhängigkeit war ihrer Zeit so weit woraus, dass der Film seinerzeit mehrfach verboten, verstümmelt und ignoriert wurde. Heute gilt er als Meisterwerk.