Kalla Malla
Eine Frau kniet nackt an einer kurzen Kette gefesselt auf dem Boden einer Gefängniszelle. Sie bettelt um Essen. Sie wird beschimpft und auf ihren Platz verwiesen. Der Zuschauer ist nun eingestimmt und der eigentliche Film kann beginnen. Das junge Mädchen Maria wird ins Frauengefängnis gesteckt, obwohl sie unschuldig ist. Sie tötete ihren Vater, weil dieser sie vergewaltigen wollte. Da man sie für geistig verwirrt hält, kommt sie in einen Teil des Gefängnis, das man Rehabilitationsabteilung nennt. Dort wird gefoltert und gevögelt. Als eine der Frauen es schafft, einen Hilferuf an den Gouverneur zu senden, mahnt dieser die Gefängnisdirektorin ab, mehr auf ihre Frauen zu achten. Die Haftbedingungen im Gefängnis werden verschärft. Obendrein sucht sich die Direktorin einige ungezogene Frauen aus, um sie zu später Stunde in ihrem Privatgemach zuerst zur Sau zu machen und sie anschließend sexuell zu erniedrigen. Von hinten ein Finger im Unterstübchen kommt da schon mal vor. Durch die Beziehung zum Gefängnisarzt kann Maria mit zwei weiteren Gefangenen von der Festung fliehen und Zuflucht beim Gouverneur finden. Doch da taucht die Gefängnisdirektorin auf und erschießt die Frauen. Kein Happy End!
Ein echter Franco-Streifen und ein typisches Beispiel eines Sexploitation-Films, der mit sämtlichen Genre-Klischees behaftet ist. Produzent und Sponsor Erwin C. Dietrich war mit dem Endprodukt zunächst nicht zufrieden. Die Art und Weise der laienhaften Aufnahmen und die verwackelte, teils unscharfe Kamera waren für ihn schier ungewöhnlich. Doch der Erfolg des Filmes ließ ihn zu einer ganzen Reihe solcher Filme durchringen, die alle gerade von diesem typischen Franco-Stil lebten. Handwerklich ist der Film zwar schludrig, aber mit dem gewissen Etwas auf die Beine gestellt worden. Billige und dreckige Mauerkulissen mit nackten Frauen, die auf kargen Drahtgestellbetten sitzen und entweder leiden, wirres Zeug reden oder lüstern ihre buschigen Venushügel hin und her bewegen. Natürlich entstanden die Außenaufnahmen nicht, wie im Vorspann unverfroren behauptet, auf Honduras, sondern in Südfrankreich. Was an diesem Sexploitation-Filmen von Franco so besonders ist? Seine Folterungen sind nicht abstoßend oder unmenschlich, sondern wirken auf den geneigten Genrefan sehr erotisch und erregend.
Ein Wahnsinnsbeitrag zu diesem Genre. Für mich persönlich gilt dieser Film als Meilenstein in Francos Schaffen. Die sonst so negativen Elemente, die für einige Zuschauer bei Franco-Filmen sonst so ins Gewicht fallen, bleiben hier fast gänzlich aus. Franco kommt auf den Punkt. Lina Romay ist genial und sexy anzusehen und führt liegend auf einem Bett einen erotischen Lusttanz auf, den sie in vielen weiteren Filmen noch perfektionierte und in »Das Bildnis der Doriana Grey« (1976) absolut beherrschte. Selbst heute noch, beispielsweise in Filmen wie »Incubus« (2002) zeigt sie ihn uns noch. Stimmungsvolle Musik untermalt den Streifen, die Kamera wurde vom Chef persönlich bedient. Übrigens war Franco seinerzeit so genial, daß er während der Dreharbeiten heimlich mit fremden Mitteln, nämlich denen des Herrn Dietrichs, gleichzeitig einen ähnlichen Frauengefängnisfilm drehte (»Woman behind bars«), ohne daß es die Darsteller merkten, und ihn ins Ausland verkaufte. Wie dem auch sei. Dieser Film ist als damalige deutsche Verleihkassette ungekürzt und stellt ein unbezahlbares und enormes Sammlerstück dar.
Oscar-verdächtige Leistungen werden erwartungsgemäß keine erbracht, aber die Darsteller machen ihre Sache für dieses Sujet ganz ordentlich. Der korrupte Gouverneur sieht aus wie einer der vier Herrenrassen-Irren von SALO, während Franco-Spezi Paul Müller den Part des obligatorischen Gefängnisarztes spielen darf. Herausragend ist neben Paul Müller als abgewrackter Gefängnisarzt vor allem Monica Swinn als sadistische Direktorin, die mit ihren kurzen schwarzen Haaren und Zwinker im Auge aussieht wie die weibliche Version von Adolf Hitler. Die Frau kann auf der Fiesheits-Skala locker mit »Ilsa« Dyanne Thorne mithalten, ist aber nicht annähernd so sexy wie diese. Als Bettlektüre nimmt sie gerne mal ein Buch über Architektur im Dritten Reich zur Hand, bevor dann eine Gefangene dran ist. Gesichtsruine Eric Falk gibt den lüsternen Folterknecht (zum Glück bleibt uns diesmal der Anblick seines kleinen Freundes erspart). Die einst gertenschlanke Lina Romay ist anno 1975 viel fülliger, aber dennoch ein angenehmer Anblick. Mit schauspielerischem Talent ist sie indes immer noch nicht gesegnet. Wie üblich zeigt sich Lina freizügig, bleibt über weite Strecken erstaunlich passiv und wird durch den Wolf gedreht. Mhhm, ich hänge an ihren Augen und sämtlichen Lippen, was für eine Frau! Doch ihre Vorstellung liegt noch Klassen über der traurigen darstellerischen Kostprobe, die der Regisseur hier zum Besten gibt.
Fazit: Unter dem Strich bleibt ein sehr naiver Sexploitation-Film made by Jess Franco. Spannung ist nicht vorhanden, eine Vernünftige Geschichte ebensowenig und Blut, Gewalt und Co. sucht man auch vergeblich. Dafür gibt's Brüste in allen erdenklichen Formen und Großaufnahmen des weiblichen Intimbereichs, die vereinzelt die Schwelle zum Hardcore überschreiten. Die wichtigsten Genreparameter Nudity, Sleaze und Sadismus werden voll bedient, wie es sich eben für einen richtigen WIP-Film gehört.