Bloody Jörg
Island of Lost Souls ist ein in mancher Hinsicht vielleicht krude, aber höchst effektiv inszenierter Film. Wie so oft im Horror- und Gruselkino ist auch hier der hermetisch geschlossene Eindruck nachrangig, es zählen vor allem jene Momentinseln, die den Zuschauer regelrecht anspringen. Momente der empfundenen Leere mögen dabei nur Wegbereiter für die Qualität des Bruchs mit der im klassischen Kino auf innere Geschlossenheit abzielenden Diegese darstellen. In seinem vielzitierten Aufsatz „Kino der Attraktionen“ hat der Filmwissenschaftler Tom Gunning diese Geschlossenheit als konstituierenden Aspekt des klassisch-narrativen Films hervorgehoben. In Island of Lost Souls wird diese in schöner Regelmäßigkeit und mit viel Gewinn durchbrochen: Seien es Dialoge zwischen Moreau und Parker, die in härtester Form des Schuss-/Gegenschussverfahrens – in zwei direkte Gegenüberstellungen mit dem direkten Blick in die Kamera – aufgelöst werden, oder aber das „Erstürmen der Kamera“ durch die Ape Men am Ende des Films: In schöner Regelmäßigkeit begeht der Film den Übergriffe auf den Zuschauer, der oft genug ob der direkten Ausrichtung der Bilder gegen ihn selbst sich in den Sessel drückt. Das Grobe der schrecklichen Fratzen wird dabei durch die konsequent schattierende Ausleuchtung hervorgehoben – mag Island oft grobschlächtig wirken (vor allem auch aufgrund zahlreicher unterschlagener Geräusche der Diegese; man war seinerzeit noch nah am Stummfilm), so erweist sich doch gerade in dieser formalen Gestaltung das vielleicht nicht intellektuell motivierte, aber intuitive Gespür für Effizienz.
Wie viele andere Horrorfilme jener Zeit ist auch Island natürlich nahe ans Melodram geschmiegt. Die These vom Gruselkino als Simulationsraum für das Eintreten des "Anderen" ins Gefüge, das aus rein ideologischen Gründen aus jenem wieder zu bannen sei, ist zumindest für das frühe klassische Horrorkino in dieser rigorosen Form nicht haltbar. Wie in Freaks, wie in Frankenstein, ein bisschen auch wie in King Kong gilt auch hier die solidarische Empathie vorrangig den Ausgestoßenen, geradewegs romantische Wehmut löst die Mensch gewordene Pantherfrau aus, die an ihren Zurückweisungen zugrunde geht und am Ende das Selbstopfer wagt, nicht nur um dem Geliebten die Flucht zu ermöglichen, sondern auch, um ihrer eigenen Tragödie zu entkommen. Gerade auch im überdeutlich inszenierten Kontrast der ausgestellten Kolonialherren-Zivilisiertheit des Dr. Moreau zu den anthropomorphisierten Kreaturen eröffnet der Film ein weites Feld an weiterführenden Diskursen, die nicht allein auf das Gruselkino beschränkt bleiben. Die Allegorie zu kommunistischen Erhebungen, zumal in jenen politisch unsicheren Tagen, drängt sich förmlich auf und wird von den Dialogen entschieden grundiert. Ein Plädoyer ist Island of Lost Souls dennoch nicht, im Gegenteil positioniert er sich zwar resignativ, doch auch nicht konservativ.