Kalla Malla
Die Reporterin Fran Hudson (Lisa Blount) hat sich durch ihre knallharten Berichterstattungen einen Namen gemacht und ist auch momentan wieder auf einer heißen Spur. Zusammen mit einem guten Freund, dem Kameramann Mark Ludman (Leonard Mann) wird sie Zeuge eines groß angelegten Mordes und findet am Tatort ein Foto des eigentlich totgeglaubten Drogenbarons Colonel Horne (Richard Lynch). Als sie dieses Foto ihrem Sender vorlegt, macht sich Verwirrung breit, denn neben Horne ist noch Tommy (Willie Aames), der Sohn des Senderchefs auf dem Bild zu sehen.
Ohne lange zu zögern machen sich Fran und Mark in einem Flugzeug auf den Weg nach Kolumbien, wo sich Horne's Dschungelcamp befindet. Dort werden die Beiden aber nicht gerade freundlich empfangen, denn schon kurz nach ihrer Landung wird ihr Pilot getötet. So bleibt ihnen nichts anderes übrig, als in den Dschungel zu flüchten. Schon bald kommen sie hinter das Geheimnis der Machenschaften Horne's. Anscheinend hält er zahlreiche Menschen gefangen, unter diesen auch Tommy, die für ihn Schuften müssen. Beschützt wird der geisteskranke Drogenboss von einem Stamm Eingeborener, die äußerst brutal vorgehen und jeden töten, der Horne im Weg steht. Fran und Mark gelingt es, Tommy und ein anderes Mädchen zu befreien und gemeinsam flüchten die vier durch die grüne Hölle des Dschungels...
"Cut and Run" entstammt einer Zeit, in der viele Kannibalenfilmer langsam realisierten, dass die ruhmreiche Ära dieses Subgenres ihren Höhepunkt bereits weit hinter sich gelassen hatte, und sich so neuen Projekten zuwendeten. Bei Ruggero Deodato war dies so jedoch nicht der Fall, denn der Gute erntete mit seinem unglaublich grausamen und skandalösen "Cannibal Holocaust" vermutlich mehr Erfolg, als ihm lieb war. Geld sah Deodato nie, das ging an die Produzenten und andere Verantwortliche, er war jedoch immer der, der wegen des Films vor Gericht gezerrt und wegen allen möglichen Schwachsinnigkeiten angeklagt wurde. So wundert es nicht, dass Deodato schnell genug von der Bezeichnung "Mr. Cannibal" hatte. Um so mehr überrascht es, dass er sich zu "Cut and Run" hat hinreißen lassen, denn obwohl es sich hier nicht um einen Kannibalenfilm handelt, sind gewisse Parallelen unabstreitbar.
Was mich an dem Streifen gestört hat, war die irgendwie unentschlossene, ab und an sogar schwer zu verfolgende Story. Alles beginnt spannungsgeladen und sehr blutig mit einem Angriff der Eingeborenen auf eine Drogenplantage, was viele Leiche zur Folge hat, doch danach braucht der Film sehr lange, bis er sich mal wieder aufrappeln kann. Die Szenen mit Fran und Mark sind sehr in die Länge gezogen und lassen einfach dieses Dschungel-Feeling vermissen, das die ersten 10 Minuten so wunderbar versprühte.
Was Deodato mit "Cut and Run" schuf, ist ein Genremix, der sicherlich nicht jedem zusagen dürfte, der aber schon seinen Reiz hat. Während vor allem die Dschungel-Szenen sehr an die guten, alten Kannibalenfilme erinnern (auch, wenn hier niemand gefressen wird), so wirkt der Film in anderen Passagen wie ein Thriller über das organisierte Verbrechen. Es wird nicht selten geschossen, in die Luft gejagt, und mit Drogen gehandelt, so dass der Streifen ein typisches Gangster-Flair erhält. Der dritte Aspekt ist der des Abenteuerfilms, da "Cut and Run" zudem sehr abenteuerlich daherkommt, mit vielen Tierangriffen und sonstigen Hindernissen, die es im Dschungel zu überwinden gibt.
An und für sich ist diese Mischung gar nicht so schlecht, aber mir war dann der Gangster-Teil eben doch zu ausgeprägt. Und auch die Tatsache, dass Colonel Brian Horne wie ein Sektenführer im Dschungel lebt und eine Horde Eingeborener befehligt, erinnert doch sehr stark an "Apocalypse Now", was durch die Dia-und Monologe von Horne's nur noch verstärkt wird. Das hätte man sich, ebenso wie die eine oder andere, überflüssig lange Szene ruhig sparen können um anstatt dessen lieber noch etwas Abenteuermomente in den Film zu bringen.
Aber zu viel meckern will ich auch nicht, denn schlecht ist der Streifen nicht, den Ruggero Deodato da gedreht hat. Insbesondere die Gore-Fraktion dürfte voll und ganz befriedigt werden. "Cut und Run" ist alles in allem sogar härter, als ich ihn mir im Voraus vorgestellt habe. Natürlich reicht der Härtegrad nicht einmal annähernd an den von "Cannibal Holocaust" heran, doch die Palette an aufgefahrenen Effeken ist dennoch erstaunlich. Abgetrennte Köpfe, herausquellende Eingeweide, und mein persönlicher Favorit der Abartigkeiten, ein bei lebendigem Leib in zwei Hälften gerissener Mann, sorgen dafür, dass Effektfetischisten sich hier sofort heimisch fühlen.
Auch die Schauspieler machen ihre Sache nicht schlecht. Allen voran Michael Berryman, vermutlich einer der hässlichsten Darsteller aller Zeiten, als Anführer der Eingeborenen, hat immer wieder seine kleinen Höhepunkte im Film und strahlt eine tolle Präsenz aus. Lisa Blount und Leonard Mann in den Hauptrollen sind zwar beide keine potenziellen Academy Awards Anwärter, bringen ihre Parts aber dennoch souverän und glaubhaft rüber.
Ein Highlight ist dann noch Richard Lynch als geisteskranker Colonel, der sich in bester Marlon Brando Manier einige Männer unterworfen hat und so sein Drogenimperium zu festigen versucht.
Fazit: Ruggero Deodato hat mit "Cut and Run" zwar keinen zweiten "Cannibal Holocaust" geschaffen, doch das war auch nie sein Anliegen. Vielmehr präsentiert uns der Gute hier ein Crossing Over der verschiedensten Genres, wobei ich aber sagen muss, dass dieses Zusammentreffen nicht selten von Langeweile geprägt ist. Mir wäre ein reinrassiger Abenteuerfilm lieber gewesen, als diese Verknüpfung mit dem Gangsterthriller, doch was soll's. Als Fan des italienischen Films wird man hier nämlich dennoch zufrieden gestellt, was vor allem an den überaus harten Effekten, der hervorragenden Musik von Goblin, und der Dschungel-Atmosphäre liegt, die nicht selten an das Kannibalengenre erinnert. Zahlreiche abenteuerliche Sequenzen und die Schauspieler, allen voran Michael Berryman, sind der positive Aspekt dieses Streifens.