Kalla Malla
Die beiden unzertrennlichen Schwestern Megan und Abby Graves sind sexy, abenteuerlustig und widerlegen mit ihrer gemeinsamen Vorliebe für düstere Comics wohl so ziemlich jedes Geschlechterklischee. Nun jedoch steht Megans Studium in New York und damit der Ernst des Lebens vor der Tür, welcher die Wege der eng verbundenen Schwestern wohl fürs Erste trennen wird. Um davor aber noch einmal so richtig auf den Putz zu hauen, entschließen sich die Beiden kurzerhand zu einem spontanen Roadtrip durch Arizona. Nach einem eher ereignislosen Auftakt stoßen sie in einer abgeschiedenen Wüstengegend sodann auf die stillgelegte Minenstadt Skull City, die inzwischen als Touristenattraktion genutzt wird und in der es angeblich spuken soll. Keine Frage, dass sich Megan und Abby diesen Spaß nicht entgehen lassen wollen, doch was sie dann im öden Niemandsland erwartet, ist ein weitaus realerer Terror, als ihn sich die beiden Schwestern jemals hätten ausmalen können. So handelt es sich bei den Betreibern der verfallenen Geisterstadt um wahnsinnige Killer, die mit allerhand scharfkantigem Mordwerkzeug stets um eine hohe Sterberate durchreisender Touristen bemüht sind. Von der Außenwelt abgeschnitten und auf sich alleine gestellt, entwickelt sich die Situation für Megan und Abby schnell zum mörderischen Kampf ums Überleben, doch wie sich bald herausstellen soll, lauern in Skull City noch weitaus größere Gefahren als axtschwingende Irre...
Was kommt wohl dabei heraus, wenn ein versierter Comicbuchautor eines Tages den Entschluss fasst, nun auch mal sein Glück im Filmgeschäft zu versuchen und sich aus diesem Grund eine Riege halbwegs bekannter Akteure zusammentrommelt, um das Horrorgenre sodann durch ein abgefahrenes B-Movie zu bereichern, das in der Wüste Arizonas für ein Minimalbudget in den Kasten gebracht wurde? Nun, die Antwort auf diese Frage hört auf den Titel The Graves und präsentiert sich letztendlich als derart eigenartiges und belangloses Gesamtwerk, dass sein Regisseur, Drehbuchautor und Produzent Brian Pulido wohl besser weiterhin seinen Comics treu geblieben wäre. Denn während der Gute zumindest auf diesem Gebiet auf eine ansehnliche Schaffensliste zurückblicken zu können scheint, so ist sein Regiedebut letztlich kaum mehr als eine reichlich bemühte und schlecht umgesetzte Bankrotterklärung an seine Fähigkeiten als Filmschaffender. Dabei lässt der mit Horror-Insidern wie Tony Todd oder Bill Moseley durchaus prominent besetzte Cast zumindest noch erahnen, dass dieses Werk unter einer kompetenten Führung vermutlich das Potential für einen unterhaltsamen Vertreter seiner Zunft mitgebracht hätte, während The Graves in seiner jetzigen Form vielmehr der Erkenntnis gleicht, dass sich mit einem Vakuum inhaltlicher Ideen nicht einfach mal 84 Minuten an Spielzeit füllen lassen.
Was nun bereits reichlich missraten anmutet, ist in der Umsetzung eine durchaus zweischneidige Angelegenheit, denn zumindest ein gewisser Charme kann dem Streifen nicht abgesprochen werden. Die beiden Hauptdarstellerinnen sind nett anzuschauen und grundsymphatisch, das Setting in einer alten Minenstadt ebenso schlicht wie ausreichend und das allgemeine Tempo der Geschehenisse lässt ein frühzeitiges Wegnicken nur selten zu. Das größte Problem von The Graves ist ohne Frage seine diffuse und lieblos zusammengeklatschte Story, denn was zunächst als trivialer Slasher von der Stange beginnt, nimmt alsbald übernatürliche Züge an, wenn etwa die Seelen der Ermordeten von einem nicht näher erläurteten Dämon einkassiert werden. Dies hat bis zum letzten Drittel allerdings wenig Belang für den Ablauf der Geschehenisse, da sich The Graves zunächst noch an den einfachen Prinzipien des Backwood-Horrors austobt: Zwei Girlies aus der großen, weiten Welt landen in einer abgeschiedenen Provinz und lernen dort deren eigensinnige Bewohner kennen, die es mit den Regeln der Gastfreundschaft einmal mehr nicht all zu genau nehmen. Was daraus folgt, ist zunächst ein passabel unterhaltsames, wenn auch recht unausgegorenes Katz- und Mausspiel der Geschwister Graves und den obligatorischen Hillbillys, hier verteten durch einen schießwütigen Psychopathen und dessen Bruder, einem ungleich kolossaler erscheinenden Fleischberg mit Vorliebe für Hämmer und Schmiedewerkzeug. Nun weiß Pulido zwar bereits zu diesem Zeitpunkt keine sonderlich nennenswerten Akzente zu setzen, doch gelingt es dem Regie-Frischling zumindest noch, sein Publikum durch seine zwei sexy Hauptdarstellerinnen bei Laune zu halten, während selbst diese den stupiden Story-Twist und die wachsende Belanglosigkeit bei fortschreitender Handlung nicht mehr zu kaschieren wissen.
Sobald sich das Geschehen zum Dämonen-Hokuspokus wandelt, verliert The Graves immer mehr an Boden, was dann nicht einmal durch eventuelle Gore-Sauereien oder gar einen hohen Spannungsbogen wieder wett gemacht wird, denn auf beides gilt es hier leider zu verzichten. Und wenn dann vereinzelt doch einmal mit diversen Stich- und Schlagwerkzeugen zugelangt wird, dann stammen die daraus resultierenden Blutspritzer stets aus dem CGI-Baukasten, was die Freigabe ab 18 Jahren hier wieder einmal absolut unverständlich erscheinen lässt. Die Kategorisierung des Ganzen als Horrorfilm dürfte weiterhin nur wegen der albtraumhaften Logiklöcher zustande gekommen sein. So wird Megan in einer Szene beispielsweise schwer verwundet und scheint dem Tode geweiht, nur um kurz darauf wieder putzmunter und als ob nie etwas gewesen wäre durch die Szenarie zu hüpfen. Sicher, The Graves mag zu den Vertretern des klassischen B-Movies gehören, doch derlei Patzer stehen auch dieser Filmgattung nicht sonderlich gut zu Gesicht, gerade da sich Brian Pulido unter anderen Aspekten durchaus bemüht zeigt. Die Kameraarbeit beispielsweise lässt ebenso wie der Soundtrack des Films keinen Grund zur Klage zu, während auch die Kulissen einen gewissen Wiedererkennungswert garantieren.
Das hilft jedoch auch nicht mehr, wenn ein durch übernatürlichen Blödsinn angereicherter 08/15-Slasher selbst bei einer Spielzeit von 84 Minuten so manche Länge offenbart und darüber hinaus nicht einmal zart besaiteten Genre-Neulingen einen erhöhten Blutdruck bescheren dürfte. Dementsprechend sollten sich eingeschworene Horror-Geeks auch nicht zu viel von der Beteiligung zweier Genre-Größen wie Tony Todd (Candyman) oder Bill Moseley (The Devil's Rejects) erhoffen, da die beiden hier nicht mehr als ihre Psychopathen-Standardnummer vom Stapel lassen, welche The Graves bei weitem noch nicht in höhere Niveau-Gefilde erhebt. Gerade Tony Todd langweilt in seiner Paraderolle des unheimlichen Exzentrikers inzwischen nur noch und bewegt sich damit einmal mehr an der Grenze zum Overacting. Schon überzeugender geht es da in den eigentlichen Hauptrollen zu, da die überaus attraktive Clare Grant (Black Snake Moan) in der Rolle der abenteuerlustigen Megan nicht nur reichlich fürs Auge bietet, sondern ihren Part darüber hinaus auch überraschend glaubhaft meistert, womit sie Kollegin Jillian Murray mit Leichtigkeit zur bloßen Stichwortgeberin degradiert.
Letztlich kann man The Graves die Ambitionen seines Regisseurs Brian Pullido zwar nicht absprechen, doch leider ist es damit alleine für ein bemerkenswertes Filmdebut noch nicht getan. Die Story schwankt fleißig zwischen einfallslos und völlig abstrus hin und her, während man sich bei der allgegenwärtigen Blut- und Spannungsarmut noch darüber wundern darf, dass das Ganze stellenweise sogar noch mit einer durchaus brauchbaren Kurzweil aufwartet. Dies lässt zusammen mit den vereinzelt charismatisch agierenden Darstellern zwar Potential erkennen, hebt das insgesamt viel zu unausgegorene Werk dann allerdings auch nicht mehr auf ein durchschnittliches Niveau an. Was Pullido deshalb dazu geritten hat, für 2012 bereits das Sequel The Graves 2: Return to Skull City anzukündigen, wird wohl sein Geheimnis bleiben..