Kalla Malla
Kreative kennen diese finstere Depression, wenn ihnen ums Verrecken nichts einfallen will. Normalerweise führen nur Disziplin und ein bisschen Glück aus diesem Jammertal - der Regisseur und Schauspieler Albert Brooks (»Rendezvous im Jenseits«) gibt der Inspiration ein paar Lippen. Seine These: Man muss sich von der Muse küssen lassen. Und die sieht hier verdammt nach dem ewigen Sexsymbol Sharon Stone aus. In wallenden Designerklamotten spielt sie die moderne Variante des altgriechischen Mythos, mit ebenso modernen Starallüren. So lässt sie sich erst mal in einer sündhaft teuren Hotelsuite unterbringen, und wenn der Zimmerservice nicht funktioniert, klingelt sie ihren Mäzen nachts aus dem Bett...
Albert Brooks bevorzugt Blondinnen - zumindest als Regisseur, wie es scheint. Für seine letzte Komödie »Mother« verpflichtete er Debbie Reynolds für die Titelrolle und nun läßt er sich von Sharon Stone (seit »Basic Instinct« der Archetyp des blonden Biests) als Muse in seiner trefflichen Hollywood-Satire inspirieren. Wer schon mal in der Filmbranche tätig war oder es noch ist, für den ist »Die Muse« stellenweise überhaupt nicht mehr witzig, sondern eine Qual, denn er schildert präzise, mit was für Menschen man es dort zu tun bekommt.
Das soll aber nicht heißen, dass »Die Muse« keine wundervolle Komödie ist, im Gegenteil. Alber Brooks (Drehbuch, Regie, Hauptrolle) ist eine intelligente, beißende Satire gelungen, die glänzend und ohne Längen unterhält. Und er hat eine hervorragende Besetzung zusammengestellt. Sharon Stone spielt entspannt gegen ihr Femme Fatale-Image an und beweist, dass sie auch ein unglaublich komisches Talent hat, die sonst oft spröde Andie MacDowell ist hier überraschend sympathisch und lebendig.
Daneben kann sich der Zuseher kann sich über eine lange Parade von Cameoauftritten freuen: Unter anderem sind Jennifer Tilly, Wolfgang Puck, Rob Reiner, James Cameron und Martin Scorsese als sie selbst zu sehen. Vor allem die beiden letzten sind sich für herrlich selbstironische Spitzen nicht zu schade. Stone, die blendend aussieht und somit den optischen Part mit glamourösen Charisma auszufüllen versteht, offenbart gutes komödiantisches Timing und macht sich hier wesentlich besser als im »Gloria«-Remake zu Beginn des Jahres. Problematisch ist lediglich, daß Brooks seinen zentralen Charakter als ewig mißmutigen Mieswurz angelegt hat und er als Identifikationsfigur in dieser Hinsicht auf Dauer ein wenig ermüdend ist. Ein älteres, anspruchsvolles Publikum sollte sich dennoch von den sarkastischen Hollywood-Vignetten, die von einer nichtssagenden Preisverleihungszeremonie zur völlig sinnlosen Konversation bei einer Societyparty reichen, glänzend unterhalten fühlen.
Die Idee, dass Brooks durch die Muse zu einem künstlerischen Hoch inspiriert wird, das sich ausgerechnet in einer Jim Carrey-Blockbuster-Komödie niederschlägt, ist eine der vielen bösen und subtilen Gemeinheiten des Films. Am aussagekräftigsten ist aber seine amüsante Schlusspointe (die hier nicht verraten wird), mit der Brooks deutlich klarmacht, was er von der Filmindustrie (und den »Kreativen«) hält.