Kalla Malla
Filme über Exorzismen sind alles andere als neu. Dies, verbunden mit aktuellen Trends wie dem Found Footage Genre bringt natürlich einige Auswüchse ans Tageslicht - ich verweise schnell auf den völlig enttäuschenden "Devil Inside". Über allem thront natürlich William Friedkins "Der Exorzist", der bis heute nichtnur der beste Exorzismus Film ist, sondern immernoch zu den schockierendsten Horrorfilmen aller Zeiten gehört.
Genau wie sich damals Quentin Tarantino als Werbeträger für Eli Roths Folterhorror "Hostel" hergegeben hat, stellt diesesmal Eli Roth seinen unter den Horrorfans durchaus umstrittenen Namen für David Stamms "Last Exorcism" zur Verfügung. Gewirkt hat es allemal, denn es macht einen gewaltigen Unterschied an den Kinokassen, ob von "The Last Exorcism", oder von "Eli Roth presents The Last Exorcism" die Rede ist.
Mit Folter hat dieser Film zwar in etwas soviel zu tun, wie ich mit guten Vergleichen, aber was solls. Das Torturegenre war damals gewaltig am Ableben und Filme wie "Saw 6" wurden erfolgstechnisch zum damaligen Zeitpunkt durch Filme wie "Paranormal Activity" im Kino gnadenlos vernichtet. Es darf sich also wieder gegruselt werden ... oder doch nicht?
Die reine Grundidee eines Exorzismus wird hier dadurch aufgewertet, dass der durchführende Pfarrer selbst weder gläubig ist, noch an Dämonen Schnick-Schnack glaubt. Für ihn sind "Besessene" kranke Leute, bzw. oftmals einfach Menschen, die sich in einen religiösen Wahn hineingesteigert haben. Und so führt er vermeintliche Teufelsaustreibungen durch geschickt platzierte Tricks wie heimlich abgespielten Geräuschen oder künstlich dampfenden Kruzifixen aus. Diese Methode führt laut seiner Meinung zu einem Placeboeffekt, der zur Heilung seiner "Patienten" führt. Diese werden somit im Glauben einer nicht irdischen Präsenz gelassen und auf mehr oder minder normale Art und Weise geheilt. Um seinen Schwindel öffentlich zu machen und dadurch die Nichtexistenz von real Besessenen zu widerlegen, nimmt er ein Kamerateam mit auf eine einsame Farm, wo schon ein besessenes Mädchen auf ihn wartet...
Somit wird hier nicht nur eine interessante Story erzählt, die sich von vielen anderen, immer gleich aufgebauten Exorzismusfilmen unterscheidet, sondern man hat auch einen guten Grund, weswegen im Found Footage Stil gefilmt wird. Denn die meisten Found Footage Filme scheitern meistens daran, dass sie Situationen zeigen, in denen kein Mensch mehr die Kamera in die Luft gehalten hätte, sondern man entweder eine bestimmte Gelegenheit verpasst hätte, oder vielmehr damit beschäftigt wäre, seinen eigenen Arsch zu retten.
Recht geschickt beschränkt sich "The Last Exorcism" erstmal darauf, den gefaketen Exorzismusakt zu zeigen. Zwar komme ich nicht umhin mich zu fragen, wie die Familie des besessenen Mädchens so dumm sein kann, nicht zu bemerken, dass sie gerade nach Strich und Faden verarscht werden, aber ignorieren wir das.
Kaum dass das Filmtean aber nach getaner Arbeit ihr Motel aufsucht, sitzt Nel (die Besessene / Kranke) nachts völlig überraschend in einem der Zimmer und wirkt alles andere als klar im Kopf. Unter Grimassen, die selbst Klaus Kinski in seinen besten Tagen nicht gestörter hinbekommen hätte, wird sie von den Leuten ins Krankenhaus gebracht, ehe ihr Vater einen weiteren Exorzismus fordert.
Und ab da beginnt dann der Bruch zum etwas konventionellen Verlauf, der lediglich mit einem Einfall noch punkten kann: Während Nels Vater in ihr den Leibhaftigen sieht, glauben das Kamerateam sowie der Pastor daran, dass sie von ihrer Familie misshandelt- und von ihrem Vater missbraucht wurde. Und das ist nunmal eine Erklärung, die in Zusammenhang mit anderen Vorkommnissen innerhalb der Geschichte absolut Sinn ergibt.
"The Last Exorcism" hätte von da an die Geschichte weiterhin so verlaufen lassen müssen, dass sowohl Besessenheit, wie auch ein geistiges Trauma je nach Blickwinkel als Erklärung für Nels Verhalten hätte herhalten können. Und anstatt sich in den letzten paar Minuten für eine Auflösung zu entscheiden, hätte man es dem Zuschauer überlassen sollen, sich einen Reim auf die Ereignisse zu machen, was schlussendlich auch zu tollen Diskussionen unter jenen geführt hätte, die Film gesehen haben.
Zusätzlich hätte es den Wiederanschauwert des Streifens gesteigert, da man als Zuschauer sicherlich herausgefordert wäre, nach kleinen Anzeichen zu suchen, die vielleicht Aufschluss auf die wahren Hintergründe liefern. Doch da man den Zuschauern so etwas nicht zutraut und die breite Masse natürlich eher ein Konsumprodukt fordert, als sich selbst den Kopf über etwas zu zerbrechen, wurde eben ein Ende gewählt, was zwar definitiv seine Wirkung hat, aber die interessante Story rund um einen nichtgläubigen Priester, sowie die generell interessante Prämisse, schließlich selbst ins Aus befördert.
Das Finale kommt in meinen Augen noch dazu ziemlich heruntergespult daher, genauso wie es "The Last Exorcism" schwer fällt, seine Spannung aufrecht zu erhalten.
Vielmehr bekommt man nicht nur im Trailer die besten Momente des Filmes geliefert, sondern wird auch wieder Zeuge unmenschlicher Verrenkungen oder lateinischen Gebabbel. Klar, das gehört natürlich genauso zu einem Exorzismusfilm wie verrotende Zombies zu einem Zombiefilm, aber gerade im Bereich der Schockszenen, hätte man sich doch die ein oder andere Neuerung gewünscht. Vorallem weil man ja als Zuschauer schon merkt, dass man sich bei dem Film zumindest grundlegende Gedanken darüber gemacht hat, wie man etwas mit den Erwartungen des Zuschauers spielen kann.
Somit ist "The Last Exorcism" ein Film, der im Bereich der Story stark anfängt, aber sich schlussendlich für den einfachsten und naheliegendsten Weg aus der Misere entscheidet. Hätte man den etwas unkonventionellen Einschlag konsequenter durchgezogen und sich mehr Mühe im Finale gegeben, wäre der Film wirklich bemerkenswert gewesen. Doch so ist er nur einer unter Vielen, die dem Film mit dem Erbsensuppe kotzenden, Kruzifix penetrierenden und "Fick mich!" schreienden Mädchen nacheifern wollten und schließlich doch unterlegen sind.