Kalla Malla
Die Horrorfilme der britischen Hammer-Studios haben die Zeit unterschiedlich überdauert. Während viele ihrer Klassiker wie »Dracula« (1958) von zeitloser Qualität sind, können insbesondere einige der späteren Produktionen heute nicht mehr ganz überzeugen. Nachdem die klassischen Monster Dracula, Frankenstein und Dr. Jekyll/Mr. Hyde bereits bearbeitet wurden, sah man sich Ende der 60er nach neuen Kreaturen um, die als Stoff für Horrorfilme herhalten mussten und entdeckte unter anderem die Legende der ungarischen Gräfin Elisabeth Bathory, eine ungarische Gräfin des 17. Jahrhunderts, die angeblich im Blut von Jungfrauen badete, um ihre Jugend auf ewig zu bewahren.
Reale Massenmörder waren schon oft Ideengeber für Filme – so ist es auch hier. Die Blutgräfin Bathory gab es 1560 in Ungarn wirklich, sie ist verantwortlich für den Tod von insgesamt 650 Menschen, die sie aus purer Lust am Sadismus auf bestialischste Weisen umgebracht hat: sie malträtierte ihre Opfer mit glühenden Eisen oder warf sie in den Schnee, um sie dann mit kaltem Wasser zu übergießen, sie biss ihnen Fleischstücke aus den Körpern…
Aus dieser blutrünstigen Sage strickte man »Comtesse des Grauens« (»Countess Dracula«), der - unter der Regie des Ungarn Peter Sasdy entstanden - sich dank sorgfältiger Kameraarbeit, Musik und prachtvoller Ausstattung relativ gut gehalten, wenn er auch nicht wirklich Spannung erzeugen kann. Er ist dabei weniger Horrorfilm als Kostümdrama mit Schauer-Elementen. Für Fans der Hammer-Filme ist der Film allerdings Pflicht, zumal die wunderbare Ingrid Pitt die Rolle der berüchtigten Gräfin exzellent spielt. Durch das gute Alters-Makeup anfangs entstellt, verwandelt sie sich nach dem Blutbad in eine jugendliche Schönheit und Verführerin. Ihre Darstellung macht den Film sehenswert.
Die ungarischen Produzenten, die Hammer den Stoff angetragen hatten, wollten eigentlich ein historisches Drama verfilmen. Als von Hammer dann zu hören war, dass dies eigentlich ein Horrorfilm werden sollte, war es eigentlich schon zu spät – in der Not machte man sogar noch einen weiteren Fehler und synchronisierte Ingrid Pitt nach. Was das bringen sollte, wird wohl immer ein Geheimnis des Regisseurs Was Sasdy bleiben.
Der geneigte Leser wird es ahnen: wer aufgrund der blutigen Vorlage einen blutigen Hammer-Film erwartet, der wird enttäuscht. Der Film ist spannend, keine Frage, und Ingrid Pitt ist selten so erotisch gewesen, wie in diesem Film – nicht mal als Carmilla Karnstein. Das Design von »Countess Dracula«, wie der Film im Original heißt, ist hammer-typisch genial, der Aufbau der Geschichte gut und spannend… aber es fehlt an Blut, wie schon Ingrid Pitt einmal in einem Interview sagte. So wurde aus dem blutigstem Thema, das Hammer zur Verfügung stand, blutiger als Dracula und Frankenstein zusammen, ein nettes Filmchen mit einer wunderschönen Ingrid Pitt – aber halt nicht mehr.
Erwähnenswert ist aber unbedingt die Maske. Man mag teilweise gar nicht glauben, dass die alte Gräfin ebenfalls von Ingrid Pitt gespielt wurde, so gut ist das Make-Up geraten. Die Schauspieler füllen allesamt ihre Rollen aus und Nigel Green gibt einen wunderbaren alten und eifersüchtigen Liebhaber hab, der nicht anders kann, als »seine« Gräfin bei jeder noch so furchtbaren Schandtat zu unterstützen.
Das besondere DVD-Schmankerl befindet sich übrigens unter den Extras, und zwar ein Interview mit Ingrid Pitt, das bei einem Filmfestival geführt wurde. Dort erzählt die hinreißende (und etwas beschwipste) Schauspielerin sehr locker und mit viel Witz einige höchst delikate und komische Anekdoten aus ihrer Zeit bei den Hammer-Studios. Eine tolle Frau, und das Extra ist eigentlich allein schon den Kauf der DVD Wert.