Kalla Malla
Als sich im Nacken der 28 jährigen Karen Tandy (Susan Strasberg) eine seltsame Beule bildet, begibt sie sich umgehend ins Krankenhaus. Das Geschwulst, das sich rasch vergrößert, verblüfft jedoch auch die Ärzte und stellt sie vor ein Rätsel, so etwas hat es zuvor noch nie gegeben. Untersuchungen ergeben die beunruhigende Tatsache, dass im Inneren des Tumors ein kleiner Fötus heranwächst. Hilfesuchend wendet sich Karen an ihren guten Freund Harry Erskine (Tony Curtis), der sich in seiner Freizeit als Kartenleger ausgibt und reiche, alte Frauen um ihre Ersparnisse bringt.
Immer wieder kommt es in der folgenden Zeit zu beunruhigenden Ereignissen, so spricht Karen im Schlaf in einer fremdartigen Sprache und bringt einen Arzt durch Gedankenmanipulation dazu, sich mit einem Skalpell selbst zu verletzen. Durch eine Seance finden Harry und Karen heraus, dass in dem Geschwulst der Fötus eines Manitous heranwächst. In ihrer Not ziehen sie die Hilfe eines der letzten Manitous, John "Singing Rock" (Michael Ansara), der in einem Reservat lebt, herbei. Als dieser Karen untersucht, wird ihm bewusst, dass der heranwachsende Manitou kein anderer ist als die Reinkarnation Misquamacus´, der mächstigste Manitou überhaupt, der im 17. Jahrhundert gelebt hat. Die Zeit drängt und die Wiedergeburt des Bösen steht kurz bevor...
Bei "The Manitou" handelt es sich um die Buchverfilmung zum gleichnamigen Roman von Graham Masterton, der erstmals 1975 erschien. Ein wenig wundernswert ist es vermutlich schon, dass gerade diese, nur 170 Seiten lange und in kaum einer Woche geschriebene Gruselgeschichte verfilmt wurde, allerdings haben Regisseur William Girdler und die Drehbuchautoren Jon Cedar und Thomas Pope ihre Arbeit ernst genommen und die teilweise an einen Groschenroman erinnernde Erzählung an den nötigen Punkten ausgearbeitet und leisten sich so auch einige Abweichungen vom Roman, auch wenn die wichtigsten Elemente natürlich unverändert blieben. Girdler war dabei sicherlich die richtige Wahl, denn bereits 1974 konnte er Erfahrung mit einem ähnlichen Stoff sammeln. In dem Film "Abby" schilderte er die Story einer von einem Dämon besessenen Frau und wurde dafür sogar von Warner verklagt, da es sich bei alledem merklich um eine Kopie von "Der Exorzist" handelte.
Die Story liest sich für einen Film, der mittlerweile schon 29 Jahre Jahre alt ist, in erster Linie überaus ekelhaft, so dass die Einladungen beim damaligen Kinostart passenderweise auf Kotztüten geschrieben wurden. Dass im Inneren eines Geschwüres, welches sich im Nacken einer Frau befindet, ein Fötus heranwächst, dürfte vielen damaligen Zuschauern zu viel des Guten gewesen sein und auch heute noch ist diese Thematik wohl nicht jedermanns Sache. Dennoch muss man hier keine bunte Eiter & Zystenshow à la "Guinea Pig: Mermaid in the Manhole" erwarten, vielmehr werden die unappetitlichen Elemente in "Der Manitou" zu Gunsten einer wohldosierten Schaueratmosphäre stark zurückgehalten. Der Streifen ist somit längst nicht so anstößig und brechreizfördernd, wie man zuerst meinen könnte, sondern geht die Handlung langsam an und stellt das Mysteröse, Unerklärliche in den Vordergrund.
Es ist mehr als offensichtlich, dass sich Girdler oftmals von Filmen wie "Das Omen" und "Der Exorzist" beeinflussen ließ, die damals für volle Kinokassen sorgen konnten. Dies äußert sich in einem sanften Gefühl der Unruhe, das durch zunehmende Spannung bis in einen beinahe schon spektakulären Showdown kulminiert. Immer wieder wird mit leisen aber treffsicheren Gruselmomenten gearbeitet, etwa wenn Karen im Schlaf fremde Worte flüstert, die nach einer Übersetzung die Wiederkehr eines Toten ankündigen. Vielen Genrefans wird die Erzählweise des Films dennoch langweilig erscheinen, da insbesondere in der ersten Hälfte ein langsames Tempo dominiert, das durch viele Dialoge nicht unbedingt gesteigert wird. Dann und wann erscheint das Geschehen sogar etwas langatmig, so hätte man sicherlich gut daran getan, die Gesamtlaufzeit von immerhin einer Stunde und vierzig Minuten etwas herunter zu kürzen.
Wer sich jedoch für die Mythologie anderer Völker interessiert, dürfte durchaus an die Ereignisse gefesselt werden, da einem mitunter interessante Einblicke in den Glauben der Indianer geliefert werden. Die über allem stehende Gottheit, der Manitou und indianische Magie spielen eine große Rolle im Film, hierbei bietet der Film neben Unterhaltung auch recht Wissenswertes zum Thema. Wer dagegen aufgrund der FSK 18 auf ein blutiges Spektakel hofft, dürfte enttäuscht werden, denn bis auf einen abgetrennten Kopf bekommt man nichts Nennenswertes zu sehen. Dafür sehen die restlichen Effekte, etwa der sich aus dem Rücken Karen's schälende Manitou Misquamacus, wirklich toll aus. Hier wurde beachtenswerte Arbeit geleistet, Misquamacus wirkt überaus unheimlich. Zum Ende hin scheint sich der Streifen dann allerdings etwas in einer Effektlawine zu verlieren, was sich besonders in der Sequenz äußert, in der sich Harry und der bösartige Manitou vor einer Weltraumähnlichen Umgebung bekämpfen und der Film dabei fast schon Science-Fiction-artige Auswüchse annimmt. Von der Handlung her macht das Geschehen durchaus Sinn, allerdings sind die Effekte etwas over the top und wollen nicht mehr zum vorherigen, atmosphärischen Grundton passen, der vom sanften Schauer geführt wurde.
Von dieser Entartung allerdings abgesehen ist "Der Manitou" ein stimmiges, kleines Gruselfilmchen mit einer überzeugenden Atmosphäre, das jedoch etwas mehr Tempo hätte vertragen können, das dafür aber mit wirklich überzeugenden Schauspielern besetzt wurde. Tony Curtis, der Vater von Jamie Lee Curtis, überzeugt als Harry Erskine ebenso wie Susan Strasberg, die als Wirtin für einen Dämonen herhalten muss. Grandios spielt auch Michael Ansara die Rolle des indianischen Medinzinmannes und erinnert dabei nicht selten an Will Sampson aus "Poltergeist 2".
Fazit: "Der Manitou" bietet neben einer interessanten und schaurigen Handlung gut aufgelegte Schauspieler, für die damalige Zeit erstklassige Effekte und zudem die nötige Portion Atmosphäre. Dennoch macht sich vor allem in der ersten Hälfte, in der man zwar einiges über indianische Bräuche erfährt, in der aber der Horror etwas links liegen gelassen wird, hin und wieder mal Langatmigkeit breit. Zum Ende hin wird das Ganze dann zu einer trashig-abgefahrenen Effekt-Opera, die den gruseligen Grundton des Vorangegangenen nicht mehr wirklich trifft. Dennoch dürfen sich Freunde des Genres, die nicht nur Wert auf Blut und Gedärme legen, ohne Befürchtungen nach diesem Film umsehen, ein Reinschauen lohnt auf jeden Fall.