Michael
„Die Geschichte der O.“ ist aus heutiger Sicht weniger skandalös als es 1975 der Fall gewesen sein muss. Erschien der Film seiner Zeit zu einem Zeitpunkt, zu dem das deutsche Publikum an Erotikfilme wie den „Schulmädchenreport“ oder „Liebesgrüße aus der Lederhose“ gewohnt war, muss es schockierend gewesen sein zu sehen wie sich eine Frau freiwillig auspeitschen und anketten lässt. Auch heutzutage dürfte der Film einige Diskussionen auslösen. Zwar ist das Thema Sadomasochismus in der Gesellschaft ein wenig enttabuisiert, doch von der sozialen Akzeptanz, wie sie mittlerweile die Homosexualität erfährt, ist dieser Bereich noch weit entfernt.
Mir persönlich hat der Film aber recht gut gefallen und ich finde ihn in keinster Weise anstößig, sonder eher kunstvoll. Die bewusst überbelichteten Bilder, die fantasievollen Kostüme und der fast philosophisch angehauchte Erzählstil lassen „Die Geschichte der O.“ zu einem Filmgenuss werden.
Getragen von seinen drei Hauptdarstellern Corinne Clery (Divine Obsession, Ich hasse Blondinen), Udo Kier (Die Legende von Pinocchio, Dogville) und Anthony Steel (Funkstreife XY, Superbulle), verfolgt man gerne die Entwicklung der Geschichte und vor allem die Wandlung von O. zur unterwürfigen und dennoch stolzen Lustdienerin. Dabei spielen die Züchtigung- und Erotikszenen die unwichtigste Rolle. Viel interessanter sind die Szenen dazwischen in denen die einzelnen Charakter schön weiterentwickelt werden und dadurch jede Handlung nachzuvollziehen ist.
Für schwache Gemüter ist „Die Geschichte der O.“ trotz seines künstlerischen Ansatzes trotzdem nur bedingt zu empfehlen. Es gibt einige Szene auf Roissy und im späteren Verlauf der Erzählung in denen es bei den Züchtigungen einige gewalttätige Bilder zu sehen gibt. Zwar steht die Gewalt bei der Erziehung der O. nie im Vordergrund der Geschichte, doch könnte es für einige Zuschauer zu hart sein, zu sehen wie eine hübsche Frau hart ausgepeitscht wird.
Genauso wenig ist der Film etwas für Menschen die einen Porno erwarten. Zum Geschlechtsakt kommt es im Film zwar auch, doch ist dies die Ausnahme und wenn doch einmal eine Sexszene im Drehbuch vorgesehen ist, sieht man hier keinerlei Penetration. Der Geschlechtsverkehr wird auch nicht minutenlang praktiziert, sondern diese Szenen sind meist recht kurz. Häufig wird eine sexuelle Aktivität nur angedeutet, da wie bereits geschrieben, die Geschichte im Vordergrund steht.
Das die DVD-Version von Galileo Medien angeblich indiziert ist, kann ich persönlich nicht so ganz glauben. Wenn ich mit meinem Rechtsverständnis richtig liege, dürfte ein indizierter Film gar nicht beworben werden, was allerdings auf der Webseite des Vertriebs geschieht. Vielmehr vermute ich, dass hier geschicktes Marketing betrieben wird, denn aus heutiger Sicht ist der Film mit Sicherheit nicht mehr Indizierungswürdig. [Sneakfilm.de]