Kalla Malla
Transsilvanien Ende des 19. Jahrhunderts: der Glaube an Vampire und die Pfählung von Toten ist hier immer noch Alltag. Der Arzt Dr. John Pierre wird zu Unrecht wegen seiner medizinischen Versuche verurteilt und eingesperrt. Nach wenigen Tagen der Haft wird er auf einmal in ein Gefängnis für geisteskranke Kriminelle unter der Leitung von Dr. Callistratus verlegt. An der Seite des geheimnisvollen Wissenschaftlers darf Pierre wieder im Labor arbeiten, und kommt schnell einem düsteren Geheimnis auf die Spur, das seinen Arbeitgeber Dr. Callistratus und seinen buckligen Diener umgibt...
»Blood of the Vampire« könnte man auch als den schönsten Hammer-Film bezeichnen, den die Hammer Studios nie gemacht haben, denn tatsächlich stammt dieses kleine Juwel aus der Schaffe der kleinen Filmgesellschaft Eros Films. Die häufige falsche Zuordnung kommt allerdings nicht von ungefähr, so heuerte man den Hammer-Hausautoren Jimmy Sangster als Skriptschreiber an, und die weibliche Hauptrolle bekleidete Barbara Shelley, welche später in den 60er Jahren in Hammer-Filmen wie »Die brennenden Augen von Schloss Bartimore« oder »Blut für Dracula« die Scream Queen gab. Alles in allem gelang Regisseur Henry Cass hier etwas, das man als gelungene Symbiose aus der Ausstattungsopulenz und romantisch-gruseligen Stimmung der Hammer-Filme und der expressionistischen Kraft der alten Universal-Klassiker bezeichnen kann.
Der Theaterschauspieler Donald Wolfit verkörpert den sinistren Callistratus perfekt mit einer Ausstrahlung, die auch aufgrund einer gewissen äußeren Ähnlichkeit mehr als einmal an Bela Lugosi denken lässt, wobei speziell das charakteristische, fast schon comicstriphafte Make-up mit überbetont zugespitzten Augenbrauen der Figur eine sehr wirkungsvolle dämonische Aura verleiht und gleichzeitig eine Hommage an die expressionistische Überbetonung schauspielerischer Darstellung aus Stummfilmzeiten darstellt. Callistratus ist im Kanon der Horrorbösewichter eine interessante Mischung: Er wurde, wie der schaurige Prolog drastisch zeigt, bereits in der Vorgeschichte wie ein Vampir mit Pflock durchs Herz hingerichtet, und wie ein Vampir braucht er seit seiner Wiederbelebung auch regelmäßig frisches Blut zum Überleben. Bei näherem Hinsehen steht er jedoch dem Mad Scientist, dem verrückten Wissenschaftler, näher, mit dem Unterschied, dass er keine Welteroberungspläne in der Schublade hat, sondern seine blasphemischen Versuche und letztlich seine ganze Gefängnisfestung nur der Eigenerhaltung dienen. Dem entspricht auch, dass ihm mit Carl das traditionelle körperlich deformierte Faktotum zur Seite gestellt wird – mit gruselig abstoßender Maske und starrem Auge von Victor Maddern glänzend böse gespielt. Die Idee einer geschlossenen Anstalt als Tarnung und als Gelegenheit, für verbotene Experimente leicht an »Menschenmaterial« heranzukommen, sollte Jimmy Sangster übrigens in »Frankensteins Rache« wieder aufgreifen.
Die Story entwickelt sich schwungvoll mit liebevollem Lokalkolorit, inklusive der immer wieder gerne gesehenen deftigen Wirtshausszenen mit Wein, Weib und Gesang. Wir erleben Johns Verurteilung – die, wie man später erfährt, auch schon vorausschauend von Callistratus eingefädelt wurde –, seine Einlieferung in die unheimliche Anstalt, einen Fluchtversuch mit seinem Zellengenossen. Lediglich in Detailfragen gibt sich das Skript etwas generös und hilft sich selbst häufiger mit »Deus-ex-Machina«-Methoden aus der Patsche. Die Tatsache etwa, dass John in seiner neuen Zelle einfach so, mir nichts, dir nichts, die Gitterstäbe aushebeln kann, um Simsklettereien zu seiner Geliebten zu unternehmen, erscheint genauso unglaubwürdig wie dass ebendann die Bluthunde, die sonst bei jeder Kleinigkeit in wüste Kläfferei ausbrechen, mucksmäuschenstill bleiben. Offenbar gehört der Sims nicht in ihre Zuständigkeit.
Wer einmal einen typischen »Gothic Horror« jenseits von »Dracula« und »Frankenstein« sehen will, kommt um »Der Dämon mit den blutigen Händen« kaum herum. Auch wenn die Settings insgesamt etwas reduzierter angelegt sind als bei der Konkurrenz Hammer, kann man mit der Gefängnisburg inklusive Laborkeller doch eine tolle Location aufweisen, und immer wieder wird man überrascht durch kleine Gimmicks wie etwa eine im Hintergrund vorbeihuschende Ratte, als sich John in seiner Zelle mit seinem Zellengenossen unterhält. Sämtliche Beteiligten vermitteln schließlich ein hohes Maß an Spielfreude, und Callistratus ist ein Horror-Archetypus wie aus dem Lehrbuch – es erstaunt fast, dass die Figur in keiner Weise fortgesetzt wurde.