Berny23
Mit „Der letzte Mann“ beweist Murnau sein Talent, einen Stummfilm mit verständlichen Dialogen und nachvollziehbarer Handlung zu konstruieren, der jedoch vollkommen ohne den Einsatz der aus dieser Zeit bekannten Texttafeln auskommt.
Darüber hinaus werden bei diesem nun knapp 100 Jahre alten Film cineastische Stilmittel verwendet, die erst Jahrzehnte später alltäglich werden würden. Dazu zähle ich beispielsweise den Einsatz einer Hand-Wackelkamera („Shaky cam“), um die Benommenheit des in einer Szene total betrunkenen Protagonisten darzustellen. Auch Zooms durch ein solides Objekt – hier eine Tür – mithilfe einer kleinen Überblendung zu realisieren oder die cleveren visuellen Halluzinationen mit verzerrten bzw. doppelten Köpfen und Personen wirken auch aus heutiger Sicht sehr gut. Eine weitere schöne Stelle ist die wechselnde Schärfe beim Kameraschwenk über das Wort „Altersschwäche“, welcher die Ungläubigkeit des geschockten Lesers einbezieht.
Am Schauspiel erkennt man natürlich die Ära, in der der Film gedreht wurde. Starke Expressionen, ohne jedoch Langs Expressionismus nachzuahmen, sind hier sehr hilfreich, um diese eigentlich traurige Geschichte über einen in den sozialen Abgrund gefallenen Menschen darzustellen. Hervorzuheben ist dabei die Sequenz, in der der kürzlich degradierte Hotelangestellte niedergeschlagen seinen Rückweg nach Hause antritt, nur um an einer Reihe sich das Maul zerreißender, lästernder Waschweiber aus der Nachbarschaft vorbeizuhumpeln.
Gesehene Fassung: Blu-ray
Gesehen als Teil der Liste „101 Films You Must See Before You Die“.