Kalla Malla
10 junge und mehr oder weniger talentierte Schauspieler träumen davon, endlich ihren großen Durchbruch in Hollywood zu landen und melden sich aus diesem Grund beim Casting einer neuen und brandheißen Live-Reality-Show an, die dem Sieger nicht nur Ruhm und Ehre, sondern auch das stattliche Preisgeld von 1 Million Dollar verspricht. Klar, dass die Teilnehmer, unter ihnen das unauffällige Blondchen Cindy, der zwielichtige Jacob und die bereits absolut von ihrem Sieg überzeugte Emily, angesichts dieser Aussichten keine Fragen stellen und sich im Vorfeld somit nicht nur bereitwillig die Handys abnehmen lassen, sondern auch zu einem alten Mann in den Van steigen, der sie zum Austragungsort der angeblich noch streng geheimen Show bringen soll. Auf dem Weg dorthin werden die Kandidaten allerdings betäubt und als sie wieder zu sich kommen, finden sie sich in einem düsteren, fabrikartigen Gelände wieder, wo sie von einer verzerrten Stimme alsbald über die wahre Natur der ganz und gar nicht so lustigen Spielshow aufgeklärt werden. Von dutzenden Kameras, Selbstschussanlagen und perversen Fallen umgeben, ist es die Augabe der nunmehr unfreiwilligen Kandidaten, mehrere Sektoren an einem Stück zu passieren, was via Internet-Stream von Zuschauern auf der ganzen Welt verfolgt und auch blutrünstig beeinflusst werden kann. Und als wäre es noch nicht genug, dass es die Teilnehmer überdies noch mit 3 psychopathischen Killern zu tun bekommen, so darf außerdem nur einer von ihnen lebend das Ziel erreichen. Möge das Spiel beginnen!
Als Horrorfan hat man es nicht leicht: Take 684. Ja, gerade in deutschen Landen wird dieser Behauptung wohl niemand widersprechen können, der selbst schon dann und wann einmal mit entweder geschnittenen, oder gar konfus betitelten Genrewerken aneinander geraten ist. Ein sehr gutes Beispiel für letzteren Fall bietet der Horrorthriller »Jigsaw« aus dem Jahr 2010, der mit seinem Titel bewusste Assoziationen zur allseits beliebten Saw-Reihe wecken und damit das einschlägige Klientel zur Kasse bitten soll. Von denen werden dann wohl auch nur die wenigsten erahnen können, dass sich hinter dem vielversprechenden Namen und dem aufmerksamkeitsheischenden Cover nichts weiter als ein vom deutschen Label 8-Films billig aus den US and A abgestaubtes C-Movie der Marke Low-Budget-Produktion versteckt, dessen weitaus treffenderer Originaltitel »Elimination« den hiesigen Verantwortlichen dann aber offensichtlich nicht abssatzsicher genug erschien. Nun, zwar kennt man diese Vorgensweise schon zu Genüge, doch leider muss sich das durchaus ambitionierte Debutwerk des Regiesseurs Juan Carlos Vargas dadurch wohl mit einer Erwartungshaltung herumschlagen, der es gar nicht gerecht werden kann. Was dem auf einen fiesen Torture-Porn hoffenden Horror-Pilger hier geboten wird, ist nämlich nichts anderes als eine ebenso abstruse wie herrlich-bescheuerte Trash-Granate, die letztlich eher durch reichlich Selbstironie als mit perfidem und clever in Szene gesetztem Thrill zu unterhalten weiß.
Was einem hier innerhalb von 84 Minuten aufgesetzt wird, ist eine ebenso unbeholfene, wie vergnügliche Melange aus schauspielerischer Unfähigkeit, unfreiwillig komischen Effekten aus dem CGI-Baukasten und einem notdürftigen Plot, der sich irgendwo aus Versatzstücken von »Slashers«, »Saw 2«, »Cube« und gefühlt hundert anderen Filmen zusammensetzt, in denen eine Gruppe bunt zusammengewürfelter Menschen innerhalb eines tödlichen Szenarios einem Kampf ums Überleben ausgesetzt wird. Und obwohl man dieses Grundkonzept inzwischen ohne Frage oft genug verfolgen durfte, wartet »Jigsaw« dankenswerterweise mit ausreichend eigenen, kleinen Ideen und Spielereien auf, um den Zuschauer bei Laune zu halten. Ja, während in Filmen ähnlichen Produktionsniveaus neben den technischen Defiziten oftmals auch inhaltliche Langeweile vorherrscht, die jede Minute der generell zu lang bemessenen Spielzeiten zur Qual werden lassen, ist man hier am Ende doch überrascht, wie problemlos »Jigsaw« etwaigen dramaturgischen Leerlauf einfach übergeht. Dem hoffentlich trash-geprüften Publikum wird hier in den entscheidenden Momenten stets der nächste, kuriose Einfall präsentiert, etwa, wenn die Kandidaten zur Passierung eines Sektors über eine wackelige Leiter balancieren müssen, unter der ein riesiger Fleischwolf rotiert. Weiterhin gilt es fiese Laser zu überwinden, die es lustigerweise hauptsächlich auf die Klamotten der weiblichen Teilnehmer abgesehen zu haben scheinen. Wenn die Kandidaten gerade nicht von den Fallen halbiert oder zerschreddert werden, gibt es obendrauf natürlich noch die obligatorischen, gruppeninternen Konflikte, etwa schlagkräftige Auseinandersetzungen um ein paar wenige Trophäen, die den Kandidaten für 15 Minuten Immunität vor den ganz nebenbei auch noch herumschleichenden Killern, einer kriegerischen Amazone, einem fiesen Killerclown und einem Wolfsmenschen, gewähren.
Dass man bei einem solchen anspruchsfernen und genau genommen auch äußerst vorhersehbaren Minimum einer Story auch nicht mit nachvollziehbaren Charakterzeichnungen rechnen sollte, liegt auf der Hand. Nennenswert hervor tut sich dabei eigentlich nur die regelrecht soziopathisch veranlagte Emily, die für einen Sieg in der makaberen Gameshow über Leichen gehen würde - auch über die ihres Freundes David, der sie eigentlich nur aus einer Gefälligkeit heraus zu dem Casting begleitet hat und nun der Einzige zu sein scheint, der sich zwischen den eingebildeten und reichlich verblödeten Schauspielern einen kühlen Kopf bewahrt. Insgesamt handelt es sich bei den Protagonisten um bloße Abziehbilder, was in einem Film, dessen Darstellerinnen in regelmäßigen Abständen ihre Reize in die Kamera recken dürfen und deren Hauptaufgabe quasi darin besteht, kreischend vor den Buhmännern davonzulaufen und dabei immer wie durch ein Wunder ihre Kleidungsstücke zu verlieren, nicht weiter überraschen sollte. Den dicksten Bock schießt Vargas dann aber mit seinem exzessiven Gebrauch billigster CGI-Ramscheffekte, die sich zu jedem Zeitpunkt klar als solche zu erkennen geben und die den geschundenen Freund der gehaltvollen Filmkunst nun wohl endgültig in die Knie zwingen dürften. Letzten Endes muss man der ganzen Chose aber durchaus zugestehen, dass der massive Nonstop-Gebrauch dilletantischster Special-Effects einen gewissen Spaßfaktor mit sich bringt, zumal sich durch die Allgegenwärtigkeit dieser Technik sogleich einige Ideen und Szenarien umsetzen ließen, welche die Mittel des kleinen Low-Budget Streifens unter normalen Inszenierungs-Umständen wohl um Lichtjahre überschritten hätten. Leider, leider gibt es dann im Gegenzug ein paar dicke Abstriche beim gut gemeinten, aber kaum gekonnten Gore-Faktor zu vermelden, da auch hier beinahe ausschließlich auf dürftige CGI-Blutschwälle gesetzt wurde.
Ansonsten mangelt, entbehrt und knausert es hier grundlegend an allen Ecken und Enden: Da werden durch reichlichen Gebrauch der Zeitlupenfunktion beispielsweise die unsinnigsten Szenen in die Länge gezogen oder wird dem Publikum ein an einer Kette hängender und böse geifernder Hippie mit mangelnder Körperhygenie als bestialischer Wolfsmensch verkauft, aber genau derlei Dinge sind es, die einem ein ums andere Mal die Lachtränen in die Augen treiben und Jigsaw ohne merkliche Längen wie im Flug vergehen lassen. Objektiv betrachtet ist das Ganze natürlich die reinste Zumutung und auch der Plot um eine menschenverachtende Spielshow hätte mit einem besseren Drehbuch womöglich noch als durchaus passable Mediensatire an den Mann gebracht werden können, doch sei es drum. Freunde der etwas seichteren Unterhaltung bekommen hier einen immens kurzweiligen Schenkelklopfer serviert, der sich zu keinem Zeitpunkt für die nächste entblößte Laiendarstellerin oder einen weiteren CGI-Overkill zu schade ist und in seiner Gesamtheit ein brauchbares Mindestmaß an hirnzellenvernichtenden Trash-Entertainments garantiert.
Fazit: Nicht so blutig und fies wie »Saw«, mit weitaus weniger Psychologie als »House of Nine«, aber im Gesamtbild konstant unterhaltsam und phasenweise sehr spannend in Szene gesetzt.