Michael
Mit „Blue Steel“ hat Kathryn Bigelow einen fantastischen Film abgeliefert. Bereits die Eröffnungssequenz zieht den Zuschauer in den Film hinein und man ist sofort an der Figur Megan Turner interessiert. Ihr Weg zur Polizisten, ihre familiären Probleme und die erste Streife sind alles Momente die nicht nur gut gefilmt sind, sondern vor allem so gefilmt sind, dass man mit Megan mitfiebert und mitfühlt.
Wenn mit dem Überfall dann das nächste spannende Highlight im Film kommt, fragt man sich zwar zunächst warum Eugene Hunt die Pistole einsteckt und ist anschließend schockiert darüber, dass Turner suspendiert wird und welches perfide Spiel Hunt mit der Waffe treibt. Doch so wichtig die Szene im Supermarkt auch ist, in der Hunt die Waffe einsteckt, stellt sich hier dennoch eine Frage, die dem Film kurzfristig seiner Glaubwürdigkeit beraubt. Warum können nach einem bewaffneten Überfall die betroffenen Kunden einfach so nach Hause gehen, ohne das scheinbar eine polizeiliche Vernehmung, noch die Aufnahme der Personalien erfolgt ist? Mit den Daten wäre man dem Verbleib der Waffe sicher schneller auf die Schliche gekommen um so zu beweisen, dass Turner eben wirklich in Notwehr gehandelt hat.
Kann man über diese kleine Schwäche im Drehbuch hinwegsehen, bekommt man allerdings auch nach dem Überfall einen äußerst spannenden Film geboten. Wie Hunt nach und nach eine immer größere Obsession für die Waffe und die damit verbundene Macht entwickelt. Wie er sich mehr und mehr zu Turner hingezogen fühlt und wie Megan immer tiefer in den Strudel ein gefährlichen Machtspiels gerät fesselt an den Bildschirm, da es zum einen gut inszeniert wurde, zum anderen aber auch großartig gespielt ist.
Nach vielen Auftritten in Horrorfilmen war Jamie Lee Curtis ja 1989 vielen immer noch als Scream-Queen und weniger als Charakterdarstellerin bekannt, auch wenn Sie ein Jahr vor „Blue Steel“ bereits in der Komödie „Ein Fisch namens Wanda“ bewiesen hat, dass Sie mehr kann als in Horrorfilmen zu schreien und auch abseits der Komödie bereits einige Nichthorrorfilme gedreht hatte. In „Blue Steel“ konnte Sie nun aber eindrucksvoll beweisen, dass Sie eine beeindruckende Charakterdarstellerin ist. Eine starke Frau wie Megan Turner muss man erst einmal überzeugend spielen! Das Curtis dabei eine Frau ist, der eine Kurzhaarfrisur ausgesprochen gut steht und Sie mit ihren markanten Gesichtszügen sowohl autoritär als sexy zugleich wirkt, hilft dabei natürlich, doch unter dem Strich ist es die Art, wie Curtis spielt, die ihre Leistung so eindrucksvoll macht. Wenn Sie bei dem Überfall noch verunsichert den Laden betritt und tief durchatmen muss bevor Sie die Waffe zieht, dann hat man nicht das Gefühl, dass hier Curtis eine Rolle spielt, sondern das eine reale Jungpolizistin das erste Mal ein eine Extremsituation gerät.
Genauso wichtig wie der Protagonist ist für einen guten Film auch der Antagonist. Dies ist bei „Blue Steel“ die Figur des Eugene Hunt und dieser wird von Ron Silver (Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten, Timecop) packend verkörpert. Silver gehört mit Sicherheit nicht zu den ultimativen Hollywoodschönlingen und so ist auch seine Filmfigur dementsprechend kein Boygroup-Posterboy, dennoch oder gerade deswegen versteht man, wieso Turner bei strömenden Regen zu ihm ins Taxi steigt und wieso sie im verfällt. Silver bringt einfach natürliches Charisma mit und dieses Charisma kann er auf seine fiese Filmfigur übertragen und so einen Charakter schaffen, der durchtriebener nicht sein kann. Wenn Silver als Eugene Hunt zum ersten Mal tötet, dann schillert der Wahnsinn in seinem Blick durch, der beim Zuschauer für eine Gänsehaut sorgt. Und wenn dann Turner und Hunt aufeinandertreffen, dann will man Megan zurufen, dass sie die Finger von ihm lassen soll, erliegt aber gleichzeitig selbst dem mysteriösen Charme des Psychopathen. [Sneakfilm.de]