Kalla Malla
Im letzten Moment kann die Besatzung der 'USS Palamino' auf ihrer Forschunsgreise durchs All gerade noch verhindern, dass sie in ein gigantisches schwarzes Loch gesaugt wird, schon entdeckt sie ein als verschollen geglaubtes Raumschiff, das von dem finsteren deutschen Kommandanten Dr. Hans Reinhardt (Maximilian Schell) gesteuert wird, dessen Crew scheinbar nur aus Robotern besteht. Reinhardt erweist sich zwar als guter Gastgeber, doch er plant, sein Schiff direkt in das schwarze Loch zu steuern, um unbekannte Dimensionen zu erkunden. Seine 'Roboter' stellen sich als ehemalige Besatzungsmitglieder heraus, die er dank teuflischer Experimente in Humanoiden verwandelt hat. Da können die Gäste nur noch die Flucht ergreifen...
Das Kinopublikum übrigens auch, das dem geplanten Mega-Erfolg "Das schwarze Loch" (The Black Hole) in Scharen fernblieb, obwohl man doch so schön auf den "Star Wars"-Zug aufspringen wollte. "Das schwarze Loch" ist ein Disney-Film, was bedeutet, dass er von vorne bis hinten auf Familien zugeschnitten und so konzipiert ist, dass die lieben Kleinen sich nicht fürchten müssen und Omi vor Aufregung nicht die dritten Zähne verschluckt. Gut und Böse sind ganz klar voneinander getrennt (kein Guter würde hier jemals etwas Böses tun und umgekehrt), und immer, wenn es spannend zu werden droht, kommt mit Sicherheit ein niedlicher Reaction Shot des knuddeligen Roboters 'Vincent', der wie eine schwebende Mülltonne mit Kulleraugen aussieht und klugscheißerische Kommentare abgibt.
Der Stoff hingegen hätte sehr düsteres Potential, immerhin geht es im "Schwarzen Loch" grundsätzlich um das 'Danach' und jemanden (Schell), der von seiner Todessehnsucht besessen ist. Nicht umsonst sehen alle Roboter an Bord des finsteren Raumschiffes aus wie der Sensenmann persönlich. Das 'schwarze Loch' selbst steht in dieser Allegorie natürlich für das große Unbekannte, vor dem wir uns alle fürchten. Das Thema wird aber durch die ekelhafte Familienanbindung so verwässert, dass der Ansatz zum Kindergartenquatsch verkommt. Da sollte eigentlich der Jugendschutz einschreiten.
Technisch hat "Das schwarze Loch" einiges zu bieten, vorrangig eine wundervolle Ausstattung und Unmengen von Spezialeffekten, die zwar nicht alle unbedingt überzeugend wirken, aber nett handgemacht sind und einen surrealen Charme besitzen, wie ihn solcher Trash dringend benötigt. Einige der Effekte sind grandios, wie etwa der überdimensionale Feuer-Meteorit, der im Finale durch einen der endlosen Korridore des Schiffes rollt und beinahe die Flüchtenden zermalmt - eine Szene, die sehr an die spätere Persiflage "Galaxy Quest" (1999) erinnert ("Das ist einfach eine ganz schlecht geschriebene Folge!"). Ein weiterer Pluspunkt ist John Barrys pompöse Musik, die er für das Bond-Spektakel "Moonraker" (1979) noch einmal recycelte - immerhin geht es da auch um einen blassen, bärtigen Europäer, der seine Allmachtsfantasien im Weltraum ausleben will. Wer es schafft, den Inhalt auszublenden und die visuellen und akustischen Schauwerte zu genießen, der kann sich vom "Schwarzen Loch" zweifellos unterhalten lassen.
Wer aufgrund der Starbesetzung nach Schauspielkino sucht, wird hier keines finden, was aber auch daran liegt, dass keine der Figuren irgendwie charakterisiert wird und Regisseur Gary Nelson es als 'Inszenierung' missversteht, lediglich die Schauspieler steif aufzureihen, damit die ihre Texte aufsagen. Maximilian Schell schlafwandelt mit Rauschebart und Löwenmähne (in der Hoffnung, dass Freunde ihn darunter nicht erkennen) durch den Film, Anthony Perkins hingegen sieht man die Verwirrung über die eigene Rollenauswahl an, zumal er hier niemanden unter der Dusche abstechen darf. Robert Forster sieht hübsch aus, trägt allerdings zuviel Makeup und soll irgendwie auf jungen Helden machen, bekommt aber überhaupt keine Gelegenheit zu Heldentaten. Yvette Mimieux, die wir noch aus der "Zeitmaschine" (1960) in guter Erinnerung haben, spielt die einzig sympathische Figur in diesem Wachsfigurenkabinett, und der von Roddy McDowall gesprochene Roboter ist so zuckersüß, dass man auf der Stelle Diabetes bekommt. Wenn er mit seinem zerbeulten Zwillingsbruder gegen die bösen Roboter kämpft, ist man endgültig im Kinderfilm gelandet.
Am Ende bekommt bei Disney natürlich jeder, was er verdient, und Gary Nelson ist es nicht zu peinlich, eine verkrampfte "2001"-Hommage in Szene zu setzen, bei der die Guten in eine himmlische Galaxie samt Rauschgoldengeln entfliehen können und der alte Maximilian mit seinem Bodyguard-Roboter da 'unten' landet, wo es ganz, ganz heiß ist - trotz der Holzhammer-Symbolik die beste Einstellung des Films.
Fazit: Obwohl "Das schwarze Loch" ein Reinfall war, hat er viele Freunde und Bewunderer gefunden. Einige mögen ihn trotz seiner Schwächen, manche gerade deswegen. Er hat mehrere nachfolgende Science Fiction-Filme wie "Event Horizon" (1997) und "Mission to Mars" (2000) deutlich beeinflusst, die sich ganze Erzählstränge ausgeborgt haben. Das geht auch in Ordnung, denn "Das schwarze Loch" ist selbst nicht sonderlich originell. Die beiden 'lustigen' Roboter stammen aus Douglas Trumbulls "Lautlos im Weltraum" (1972), und - machen wir uns nichts vor - die ganze Geschichte ist eine offensichtliche Adaption von Jules Vernes "20.000 Meilen unter dem Meer".