Michael
„Sweeney Todd“ ist ein Meisterwerk und ein Film, den jeder Filmfan gesehen haben muss. Tim Burton (Corpse Bride, Planet der Affen) beweist erneut, warum er zu den interessantesten Regisseuren Hollywoods gehört. Sein neustes Werk ist ein morbides Kunstwerk, in dem das Blut nicht zum Selbstzweck, sondern als notwendiges Stilmittel fließt.
Doch „Sweeney Todd“ ist kein Film für Zwischendurch. Da sich Burton diesmal an eine Musicalverfilmung gewagt hat, wird die meiste Zeit des Films gesungen. Dabei ist die Broadwayvorlage kein fröhliches Musical, sonders es dominiert die traurige und düstere Grundstimmung, was sich so natürlich auch in der Musik und den Texten widerspiegelt. Wer bei „Sweeney Todd“ also fröhliche Sänger und Tänzer erwartet wird enttäuscht werden. Zudem müssen deutsche Kinozuschauer damit Leben, dass die gesprochenen Dialogzeilen synchronisiert wurden, die Gesangseinlagen aber in der Originalversion gelassen wurden. So heißt es für Menschen mit nicht ganz so gut ausgeprägten Englischkenntnissen Untertitel lesen. Und davon gibt es nicht viele.
Doch war die Entscheidung aus meiner Sicht richtig, dass man die Songs nicht übersetzt hat. Kommt man doch so in den Genuss die Darsteller selber singen zu hören. Johnny Depp, Alan Rickman (Galaxy Quest, Das Parfum), Helena Bonham Carter (Big Fish, Fight Club) und all die anderen Darsteller haben ihre Lieder nämlich alle selber gesungen. Dabei schwanken die Gesangsleistungen von genial bis zu bitte nie wieder. Doch stören auch die schlechteren Gesangseinlagen nicht, sondern passen sich perfekt in das düstere Bild des Films ein. Wenn Alan Rickman zum Beispiel auf dem Barbierstuhl von Sweeney Todd sitzt und in seinem Duett mit Todd lange nicht jeden Ton trifft, könnte man dies auch so deuten, als wolle Rickman durch seine schiefen Töne ein wenig die innere Angst seines Charakters Turpin vor den Messern von Todd zeigen.
Bei den gelungenen Gesangseinlagen hört das Lob für „Sweeney Todd“ aber nicht auf. Insgesamt überzeugen die Schauspieler durch die Bank weg. Es gibt keinen einzigen Darsteller in der gesamten Besetzung, von dem man sagen würde, dass er nicht in die ihm zugewiesene Rolle passt.
Ein weiterer Aspekt, der „Sweeney Todd“ Pluspunkte einbringt ist die Ausstattung. Bei den Bühnenbildern fühlt man sich perfekt in das 19. Jahrhundert und in die dunkleren Ecken der Metropole London zurückversetzt. Auch den Requisiten und den Kostümen setzt sich dieser gute Eindruck fort, so dass man ein perfektes Bild erhält.
Zum Schluss dürfen die Spezialeffekte nicht unerwähnt bleiben. Ganz bewusst werden die Mordszenen überspitzt dargestellt. So spritzt zwar literweise das Kunstblut über die Leinwand, doch hat man hier eine Flüssigkeit angemischt, die den Begriff Kunstblut absolut verdient hat. Das Blut ist so dickflüssig und vom rotton völlig anders als echtes Blut, so dass wirklich jeder im Kinosaal erkennen kann, dass hier kein echtes Blut fließt. Doch wer in einen Film geht, weiß solche Fakten von vorneherein. Warum wird also kein echt aussehendes Kunstblut verwendet? Ich denke, dass Burton mit der in „Sweeney Todd“ verwendeter Art des Kunstblutes noch einmal den künstlerischen Aspekt seines Werkes unterstreichen wollte und meiner Meinung nach ist ihm dies mit dieser Art von Blut perfekt gelungen. Zudem hat dieses unecht wirkende Blut den Vorteil, dass sich auch Menschen mit einer niedrigen Ekelschwelle die Morde von Todd (fast) ohne Probleme ansehen können. [Sneakfilm.de]