Kalla Malla
Der Amerikaner Sinatra (Scott Glenn) ist ein alternder Bordellbesitzer, der sich in dem Moloch Sao Paolo niedergelassen hat. Als er eines Tages an einen Koffer voller Drogen gerät, sieht er darin seine Chance, seiner Frau Angie (Catalina Sandino Moreno) und seinem kleinen Sohn endlich ein besseres Leben fernab der Prostitution und der Kriminalität bieten zu können. Aus diesem Grund fädelt der Zuhälter einen Deal mit einigen Nigerianern ein, die ihm den Stoff abnehmen sollen, doch blöderweise stirbt der für den Deal außerwählte Kurier nach einem Schäferstündchen mit einem Transvestiten. Schnell muss ein Ersatzbote her. Dieser findet sich in Gestalt des gutmütigen, afrikanischen Tellerwäschers Wemba (Mos Def), der nigerianisch spricht und den Deal reibungslos über die Bühne bringen soll.
Was Sinatra nicht ahnt, ist dass sein ältester Sohn aus erster Ehe, Paul (Brendan Fraser), der ebenfalls in den Deal involviert ist, ganz eigene Pläne verfolgt. Nicht nur, dass er eine Affäre mit der Frau seines Vaters hat, er plant außerdem, das durch den Deal gewonnene Geld zu stehlen um dadurch seine hohen Spielschulden begleichen zu können. Als der Deal aber anders abläuft als erwartet, eskaliert die gesamte Situation...
Milieudramen gibt es heutzutage viele, doch nur wenige davon schaffen es, ein derart realistisches und knallhart ehrliches Feeling zu vermitteln, dass man sie schlicht als authentisch annimmt. Mit "Journey to the End of the Night" erwartet uns nun eine Geschichte aus den Slumvierteln von Sao Paulo, die uns der Regisseur Eric Eason, der bis vor diesem Werk noch nicht sonderlich bekannt war, in trostlosen und verspielten Bildern präsentiert. Der Streifen baut in erster Linie auf seinen Charakteren und deren Beziehungen untereinander auf und strickt daraus einen spannenden Familienkonflikt in einer Welt aus Prostitution und Drogen. Auf der anderen Seite ist der Film aber auch für Brendan Fraser Fans höchst interessant, denn hier spielt er nicht mehr den liebenswerten Trottel, den wir aus "George - Der aus dem Dschungel kam" oder "Teuflisch" kennen. Vielmehr weiß er als fluchender und rachsüchtiger Sohn eines Zuhälters zu gefallen und präsentiert sich dabei von einer ungewohnt guten Seite.
"Journey to the End of the Night" ist zwar nicht gerade ein gänzlich komplexes, aber immer noch ein vielfach in sich verwobenes, anfangs noch undurchschaubares Charakterdrama, das von der Unwissenheit des Zuschauers lebt und sich erst nach und nach aufdecken lässt. Als man anfangs in das Geschehen geworfen wird, beginnt alles mit dem Tod des vorgesehenen Kuriers, der nach einem Quickie mit einem Transvestiten einfach tot umkippt und so die Ereignisse ins Rollen bringt. Im weiteren Filmverlauf fädelt "Journey to the End of the Night" immer weitere Charaktere ein, deren Handlungen und Intentionen zuerst noch im Dunkeln liegen, sich aber schnell von selbst erklären. Der Film beginnt und endet in nur einer Nacht, gibt einen 80 minütigen Einblick in das Leben einer zerrütteten Familie, sowie ein Slumviertel von Sao Paulo.
Ein Grund, wieso der Film durchaus gut funktioniert, ist der, dass er es schafft, eine dichte Atmosphäre entstehen zu lassen. Dadurch dass der Film nur in der Nacht, in einer Nacht, spielt, ist das Gesamtbild des Thriller-Dramas düster und von Dunkelheit geprägt. Regisseur Eric Eason bringt zudem einige visuelle Stilmittel mit ein, verwendet ab und an eine Handkamera, um das Geschehen noch realer wirken zu lassen. Vor der Kulisse der Armenviertel versammeln sich gescheiterte Existenzen, Stricher, Fixer und Prosituierte, was schnell für ein passendes Gesamtbild sorgt. Wieso als Handlungsort gerade Sao Paulo herhalten musste, wird nicht so recht deutlich, da sich die Ereignisse meist onehin in schäbigen Häusern oder schmutzigen Hinterhöfen abspielt.
"Journey to the End of the Night" erzählt parallel zueinander zwei Handlungsstränge. Den von Paul, der mit seinem Vater abrechnen, und ihn um das Geld eines Drogentransfers bringen möchte. Dieser Handlungsstrang sorgt für die nötige Dramatik im Film, denn wie sich später herausstellt, gibt es innerhalb der Familie einige Probleme und tragische Ereignisse in der Vergangenheit. Die zweite Handlung erzählt dann von dem afrikanischen Tellerwäscher Wemba, der für den Zuhälter Sinatra einige Drogen ausliefern soll. Nachdem dies geschehen ist, wird er aber von zwielichtigen Gestalten verfolgt, die ihn töten wollen. Zusammen mit einer Prosituierten macht er sich auf die Flucht, was dem Film die eine oder andere spannende Verfolgungsjagd und Schießerei mit einbringt.
Man darf angesichts der 85 Minuten Laufzeit durchaus etwas verwundert sein und sich die berechtigte Frage stellen, ob "Journey to the End of the Night" auch wirklich genug Tiefe entstehen lassen kann oder mehr wie ein gewollt tiefgreifender, peinlicher Versuch eines Milieudramas wirkt. Glücklicherweise ist die Spielzeit kein Hindernis, man hat am Ende das Gefühl, das nichts gefehlt hat und alles eingebracht wurde, was es aus der einen Nacht zu erzählen gab. So großartig sich das alles anhören mag, so richtig konnte ich leider doch nicht in den Film eintauchen. Der Streifen ist wahrlich nicht langweilig oder vorhersehbar, doch die Handlung ist dennoch alles andere als neu und wurde in ähnlicher Form schon häufiger präsentiert. Ob es an der knappen Einführung der Hauptcharaktere liegt oder auf einen anderen Faktor zurückzuführen ist, leider kann man zu keiner Figuren wirkliche Symphatien entstehen lassen. So folgt man der Handlung zwar durchaus gebannt, aber nicht wirklich emotional gefesselt.
Es ist im Vorneherein unbedingt von Nöten, zu wissen, worauf man sich bei dem Film einlässt, denn es wird hier weder Nonstop-Action, noch ein bahnbrechendes Drama geboten. Vielmehr ist "Journey to the End of Night" ein Thriller, der von diversen, miteinander verschlungenen Konflikten erzählt und sich dabei vor der Kulisse eines trostlosen Molochs abspielt. Erfreulicherweise ist der Streifen nicht dem US-Mainstream angepasst, wodurch es auch die eine oder andere Sex- oder Gewaltszene zu sehen gibt. Ebenso hält sich der Film nicht vor Drogenkonsum oder Fäkalsprache zurück, was dem Realismus nur zu Gute kommt.
Die Schauspieler sind allesamt ein Highlight für sich und passen perfekt in das Miliuedrama. Brendan Fraser nimmt man seine ungewohnt ernste Rolle erstaunlich gut ab. Der insbesondere durch die "Mumie" Reihe bekannte Akteur zeigt sich hier von seiner ernsten Seite und erledigt diesen Job mit bravour.
Mos Def, den man noch aus "The Woodsman" und "16 Blocks" in Erinnerung hat, beweist hier ein weiteres Mal, dass er neben einem musikalischen Talent auch eine ausgeprägte, schauspielerische Ader besitzt und bringt die Rolle des gutmütigen, friedvollen Wemba gut rüber.
Scott Glenn letztendlich verkörpert den Zuhälter und geht dabei überraschenderweise eher ruhig und gemäßigt zu Werke. Glenn's Interpretation eines Zuhälters ist längst nicht so brutal, wie man es sonst aus ähnlichen Dramen kennt und dadurch mal etwas anderes als das gängige Klischee. Der gestandene Mime, der die 66 Jahre mittlerweile schon erreicht hat, lässt in seiner Darstellung keine Wünsche offen.
"Journey to the End of the Night" ist ein realistisches, interessant gefilmtes Milieudrama, mit dem man nicht viel falsch machen kann, das man aber auch nicht auf seine Must See Liste setzen muss. Die durch und durch glaubhaft agierenden Darsteller, insbesondere der für eine Überraschung gute Brendan Fraser, machen den Streifen zu einer nicht uninteressanten Angelegenheit, doch letztendlich fehlt es dem Film am gewissen Etwas, das ihn in der Masse an ähnlichen Produktionen herausstechen lässt. "Journey to the End of the Night" unterhält, erschüttert und lässt einen für kurze Zeit über das Gesehene nachdenken, doch lang in Erinnerung bleibt das Ganze nicht.
