Berny23
„Was denken Sie, Charlie?“
„Der Mann ist in keinem normalen Betriebszustand.“
„Okay, du hast sicher 'nen schwarzen Gürtel.“
„Nein, meiner is' braun.“
„Niemand ist dem Amerikaner gewachsen. Wir haben noch nie verloren.“
„Und Vietnam, Sir?“
Der Industriespion mit der hammergeilen Stimme von Lutz Mackensy wird von den Eiscreme-Bossen angeheuert, ein neuartiges Konkurrenzprodukt genauer unter die Lupe zu nehmen. Als Zuschauer erfahren wir, dass dieser sogenannte „Stoff“ (eine phonetisch passende, wenngleich freie Übersetzung von „Stuff“) direkt aus der Erde eines Steinbruchs sprudelt und blubbert. Er wird nun überall großflächig vermarktet und befindet sich bald in praktisch jedem Haushalt.
Man könnte dieses Werk sogar direkt als einen Anti-Drogen-Film verstehen, gerade da die süchtig machende Substanz ihre Konsumenten in „Stoffies“ verwandelt. Diese Menschen werden bald vollständig durch die lebendige, alienartige weiße Schlacke kontrolliert; sie hat nur ein Ziel: Noch mehr willige Sklaven finden und die ganze Welt zu Süchtigen machen.
Dennoch kommt der Humor nicht zu kurz. Der Schwarze „Chocolate Chip“ Charlie pflegt einen ähnlich kumpelhaften Umgang mit Protagonist David, wie es etwa beim Schwarz-Weiß-Duo aus „Lethal Weapon – Zwei stahlharte Profis“ (1987) der Fall ist. Leider kommen diese dynamischen Szenen bei der zweistündigen Laufzeit etwas zu kurz. Immerhin kann man immer mal wieder erstaunlich guter Synth-Musik lauschen, die beinahe an italienische Horrorstreifen erinnert.
Aber eigentlich ist dies ja ein Horrorfilm, also was ist mit den Spezialeffekten? Diese sind erstaunlich solide umgesetzt, teils mit kaum als solchen erkennbaren Miniaturen, durch die der Schlonz läuft, teils mit vermutlich rückwärts abgespielten Szenen. Der lebendige Schmand bewegt sich nämlich gerne Wände hinauf, wobei mir eine Stelle sehr in Erinnerung geblieben ist. Aus einem Kissen und kurz darauf dem ganzen Bett quillt und spritzt der teigartige „Stoff“ an eine Wand. Er begräbt sein menschliches Opfer und bewegt es dann die Wand hinauf und an die Decke, recht ähnlich wie die Blutfontäne aus „Nightmare – Mörderische Träume“ (1984). Dann wird das Zeug auch noch in Brand gesteckt. Blut gibt es lediglich in einer Handvoll Szenen zu sehen, die je nur etwa eine Sekunde laufen. Dafür finde ich die ausführlichere Todessequenz gegen Ende erstaunlich geil umgesetzt, da wird ein Gesicht regelrecht vom herausfließenden „Stoff“ auseinandergedrückt und in diversen Einstellungen sieht man den extrem ausgerenkten Kiefer – eine grandiose Effektarbeit!
Natürlich wissen die Amerikaner aber, wie man mit Problemen umgeht: Einen durchgeknallten Kommunistenhasser samt Privat-Armee anheuern, mit Feuerwaffen ballern und alles in die Luft jagen. Was mich überrascht hat, sind die gesellschaftskritischen Stellen mit der Vietnam-Nachfrage des Kindes und dem überraschenden Aufeinandertreffen des weißen Militär-Rednecks mit dem schwarzen „Chocolate Chip“ Charlie.
Daneben bietet „Stuff – Ein tödlicher Leckerbissen“ auch einige schöne Umgebungsaufnahmen, darunter besonders der verschneite Anfang am Steinbruch, die verlassene Versuchsstadt für den „Stoff“ sowie die Tanklaster-Fahrt durch Heide und Kleinstädte.
Gesehene Fassung: Uncut Blu-ray (Pre-Release Cut) mit deutscher Synchro und stellenweise Untertiteln
Meine Screenshots: https://berny23.de/stuff-ein-toedlicher-leckerbissen-1985/