Kalla Malla
Nachdem die Thematik von Sex mit einem Toten unter Filmfans wohl auf Ewigkeiten an Jörg Buttgereits "Nekromantik" gekoppelt sein wird (und das völlig zurecht), wird so ziemlich jeder weitere Regieversuch in dieser Richtung sofort als Abkupferung oder Rip-Off bezeichnet. Dabei gehen thematisch ähnlich gelagerte Filme wie "Lucker The Necrophagous", "Afteramath", "Lieben" oder "Deadgirl" definitiv andere Wege, als Jörg Buttgereits Experimentalfilme. Mit "Necrophile Passion" schickt sich nun ein weiteres Amateurfilmchen um den scheinbar sehr begehrten Paraphilie-Zweig ins Rennen und erste Reviews ließen ja auf einen ziemlichen Knaller hoffen, schließlich hatte man mit dem Budget von maximal 2 Euro 50 noch eine weitere Gemeinsamkeit mit Jörg Buttgereit...
Einsam und allein, von seiner Freundin verlassen, nachdem er Monate lang von ihr wie Dreck behandelt worden ist, findet ein Mann im Wald eine Frauenleiche. Sein Gewissen sagt ihm, er soll die Polizei rufen, doch etwas Dunkles in Ihm drin befiehlt ihm die Leiche mitzunehmen und seine Begierde an ihr zu stillen. Sein Leben ist ein Trümmerhaufen und nur die Liebe zu der Leiche gibt ihm Kraft. Doch mit seiner Exfreundin hat er noch nicht abgeschlossen und es wird Zeit ein für alle male seine Rache zu vollziehen. Wer wird in dieser Dreiecksbeziehung am Ende triumphieren? Mann, Frau oder doch die Leiche? logge, ofdb.de
Mit Amateurfilmen ist das so eine Sache. Entweder sie zünden auf Anhieb und gefallen, oder man langweilt sich schon nach 5 Minuten (im Zweifelsfall erfreut man sich halt unter Umständen an herben Splattereffekten). "Necrophile Passion" ist aber anders, als es der Titel oder sein Cover uns einreden möchten. Der Film ist weder No-Budget Sicko, noch ein überdeutlich erkennbares Werk der Kunst (siehe "Nekromantik"). Vielmehr dreht sich der Film um das trostlose Leben des Protagonisten, dessen sexuelle Unternehmungen (mit der trotzdem noch atmenden) Leiche, scheinbar sein einziges Lebenshighlight zu sein scheinen. Und so ist dann der Film, mit seiner sowieso schon kurzen Laufzeit von unter 60 Minuten, sehr penetrant in Kapitel wie beispielsweise "Hass" unterteilt, sodass auch der blödeste Gorebauer, der fälschlicherweise von einem Cover angelockt wurde, welches expliziter nicht hätte sein können, versteht, dass der Film mit Metaphern arbeitet.
Wenn Regisseur Tom Heidenberg beabsichtigt hat, dass die im Film dargestellte Lethargie auf den Zuschauer übergehen soll, so müsste ich im glatt 10 von 10 möglichen Punkten anrechnen. Denn selten hat mich ein Film so gelangweilt wie "Necrophile Passion". Ich räume ein, mit den völlig falschen Erwartungen an den Film herangegangen zu sein, allerdings weiß ich auch, dass ich selbst unter diesen Umständen Filme normalerweise noch genießen kann.
Wo ich in den ersten 5 Minuten (von einer riesigen Ungereimtheit gleich am Anfang einmal abgesehen) noch von der kalten Atmosphäre überrascht war und auch erstaunt war, dass "Necrophile Passion" nicht davor zurückschreckt Geschlechtsteile beider Parteien zu zeigen (etwas, was ich bei "ultra bösen" Sickos, die auf der Gewaltebene jedes denkbare Tabu brechen, aber jede Sexszene so filmen, als ob der Dekan meiner Dorfgemeinde einen Aufklärungsfilm produziert hätte, immer sehr amüsant finde), so schaut man spätestens ab der 6. Minute auf den Player und fängt innerlich an zu weinen.
Über die billige Optik, das viele Overacting - allem voran die Mutter - und die fehlende Charakterbindung möchte ich an der Stelle schon fast kein Wort mehr verlieren. Zum einen weil ich eigentlich Amateur- / Indiefilmen gegenüber gerne sehr tolerant bin und zum anderen, weil das nicht das Hauptproblem des Filmes ist. Das Problem liegt eher darin, dass ich nicht weiß, ob der Film so erschreckend harmlos ist, weil man es wollte, oder weil man es nicht anders konnte. Ich glaube, man wollte wirklich eher im Bereich der Aussage etwas reißen, aber dann darf man auch nicht solche Cover entwerfen lassen oder so peinliche Szenen einwerfen, wie der Akt mit der vergammelten Leiche, wo man die Kamera genau so platziert hat, dass man genau erkennen kann, dass die Attrappe kein männliches Geschlechtsteil hat - die Frau obendrauf aber trotzdem am rumspringen/-stöhnen ist. Das sind Szenen, die voll in die Hose gegangen sind und nichtmal mehr als Trashfilm durchgehen, da der Zuschauer mit entsetztem Blick auf den Bildschrim starrt und sich fragt, ob keiner der Macher sich den Film am Ende angeschaut hat.
Soviele Underground Regisseure erschaffen mit ähnlichen, nicht vorhandenen Budgets Filme, die ich mit zu den wirkungsvollsten und besten Werken der Filmgeschichte zählen würde, während ich "Necrophile Passion" nicht einen einzigen, positiven Aspekt abringen kann. Der Komlettverriss tut mir wirklich für alle Beteiligten sehr Leid, vorallem weil ich die Filme von Hauptdarsteller Günther Brandl oder die Gewaltorgie "A Fucking Cruel Nightmare" von Kameramann Sebastian Zeglarski echt zu schätzen weiß - aber hier kam ich mir echt gewaltigt verarscht vor.
Wo man im Zweifelsfall immernoch sagen könnte "wenigstens waren die Effekte gut!", geht im Falle von diesem Machwerk nicht einmal das. Der Film ist öde von vorne bis hinten und bietet in meinen Augen nichts, was für irgendjemanden, der nicht am Film beteiligt war oder mit den Machern befreundet ist, sehenswert wäre.