Kalla Malla
Dr. David Kruipen ist eine der führenden Koryphäen auf dem Gebiet der Klimaforschung, der aufgrund seiner kompromisslosen Aktionen zum Nachweis des Klimawandels einen umstrittenen Ruf in der Öffentlichkeit genießt. Bei Arbeiten in einer arktischen Forschungsstation machen Dr. Kruipen und seine Crew eines Tages einen spektakulären Fund: Die gut erhaltenen Überreste eines urzeitlichen Mammuts, das die Jahrtausende im Eis überdauert zu haben scheint. Was die euphorischen Forscher zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen, ist, dass das Urtier eine Gattung bislang unbekannter, prähistorischer Parasiten beherbergt, welche sich alsbald ausbreiten und mit rasender Geschwindigkeit Eier in den Körpern von Dr. Kruipen's Mitarbeitern ablegen. Während die tödliche Gefahr unaufhaltsam um sich greift, brechen zur selben Zeit drei ambitionierte Studenten zu Dr. Kruipens Station in der Arktis auf, die natürlich nichts von den grausamen Geschehenissen ahnen und sich von dem Ausflug einen informativen Forschungsaufenthalt versprechen. Begleitet werden die drei zudem von Dr. Kruipens Tochter Evelyn, die sich endlich mit ihrem verhassten Vater aussprechen möchte. Nach einem längeren Helikopterflug endlich in der Arktis angekommen, finden die Jungakademiker die Forschungsstation schließlich menschenleer vor und beschließen notgedrungen, auf die Rückkehr der Wissenschaftler zu warten. Ein folgenschwerer Fehler, denn noch ehe sich die kleine Gruppe der drohenden Gefahr bewusst wird, wird sie auch schon einer nach dem anderen von den todbringenden Insekten infiziert...
Bei all den innovationsallergischen Teenslashern, inhaltsarmen Folterflicks und anspruchslosen Monsterfeatures, die das Genre des Horrorfilms Jahr für Jahr durch ihre immerwährende Belanglosigkeit auf fragwürdige Art und Weise bereichern, vergisst man selbst als Fan dieser Filmgattung gerne mal, dass es ab und an durchaus anders gehen kann. Dass sich manche Drehbuchautoren tatsächlich noch einen Hintergedanken erlauben, wenn sie ihre Ideen von bösen Schlitzern und aggressivem Krabbelvieh zu Papier bringen, statt konventionell die Klischeeweide abzugrasen. Zugegeben, Horrorfilme, die dieses Attribut erfüllen, sind in der Zeit des geistlosen Remake- und Sequelwahns natürlich in der klaren Unterzahl, doch abgeschrieben werden sollten sie deshalb noch lange nicht, wie die amerikanisch-kanadische Koproduktion Frozen aus dem Jahr 2009 unter Beweis stellt. Unter dem Deckmantel des Tierhorrors setzt Regie-Frischling Mark A. Lewis seinem Publikum mit diesem Werk eine unmissverständliche Aussage zur Problematik der globalen Erwärmung vor und begibt sich damit allerdings, passend zum Titel seines Films, auf dünnes Eis. Letzten Endes dürfte die platt vorgetragene Öko-Message von Frozen nämlich genau so wenig für Wogen der Beisterung sorgen wie der eigentliche Plot um eine aus dem Tiefschlaf erwachte Spezies tödlicher Parasiten, die sich obligatorisch über eine Gruppe junger Studenten hermachen darf. Dennoch sollte The Thaw, wie der Film in seinem Heimatland genannt wurde, nicht vorschnell abgeschrieben werden, bietet er nach einer ersten Enttäuschung doch immerhin noch soliden und kurzweiligen Insektenhorror nach altbekanntem Regelwerk, der zudem mit einigen bekannteren Schauspielern aufzuwarten weiß.
Frozen ist ein Paradebeispiel für jene Filme, bei denen das eigentliche Werk den Lobestiraden im Vorab nur schwerlich gerecht werden kann. Im Falle dieses Tierhorrorfilms waren Vergleiche mit John Carpenters Klassiker Das Ding aus einer anderen Welt aufgrund des arktischen Settings und der Thematik im Vorfeld keinesfalls die Ausnahme, was bei den Fans des Genres natürlich für eine entsprechende Erwartungshaltung sorgte, denen sich Mark A. Lewis insgesamt jedoch kaum gewachsen zeigt. Anstatt seine überdeutliche Message intelligent zu verpacken, belässt es Frozen bei einem dezent erhobenen Zeigefinger und lässt das aussagekräftige Fundament nach kürzester Zeit zum bloßen Aufhänger für einen nach gewohntem Schema ablaufenden Body-Horrorfilm verkommen, in dem dann allerhand Ekeleffekte über die gravierenden Storylücken hinwegzutäuschen versuchen. Nüchtern betrachtet funktioniert Frozen als simple Mischung aus Infizierten- und Tierhorror jedoch über weite Strecken ganz ordentlich, auch wenn der geneigte Genreanhänger natürlich nichts sonderlich Überraschendes zu sehen bekommt.
Technisch bewegen sich Lewis und seine Crew auf der sicheren Seite, denn ein gewisses Budget ist dem Werk ebenso anzusehen wie der Versuch, eine stete Atmosphäre aufrecht zu erhalten. Gerade diesbezüglich zeigt sich Frozen dann tatsächlich von seiner starken Seite, denn das karge Setting der nordischen Ödlandschaft sorgt von Anfang an für eine unheilvolle Stimmung. Die Studenten sind nach ihrer Ankunft in der Forschungsstation alsbald vom Rest der Welt abgeschnitten und müssen sich ohne Hilfe von außen einer unbekannten Gefahr stellen, wobei dann zunehmende Aggressionen und Intrigen innerhalb der Gruppe ein Überleben nicht gerade sicher erscheinen lassen. Zwar braucht der Film eine gewisse Zeit, um in die Gänge zu kommen,doch sobald der Grundstein gelegt ist und die ersten Parasiten ihre Opfer befallen, schraubt sich die Spannungskurve von Minute zu Minute höher. Gerade dank der oftmals umschlagenden Gruppendynamik lässt Frozen nur selten wirklichen Leerlauf aufkommen und erinnert diesbezüglich dann tatsächlich markant an Das Ding aus einer anderen Welt, denn auch hier wissen die einzelnen Protagonisten nach kurzer Zeit nicht mehr, wem sie noch trauen können und wer bereits von den Käfern befallen sein könnte. Dass der Verlauf der Story an den meisten Stellen abzusehen ist, tut einem passablen Unterhaltungswert letztendlich keinen Abbruch, wobei dem Film dann auch seine akzeptable Laufzeit der gängigen 90 Minuten zu Gute kommt. Auch im Bereich der Effekte wurde solide Arbeit geleistet, denn nicht nur an den zum Teil hundertfach auftretenden Käfern ist optisch nichts auszusetzen, auch in punkto Schock- und Ekeleffekten dürfte Frozen die Schmerzgrenze so mancher zartbesaiteter Zuschauer überschreiten. So sorgen einige Grossaufnahmen der in den Wunden ihrer menschlichen Opfer umherkriechenden Parasiten durchaus für vereinzelte Magendreher, während Splatterfans jedoch bis auf einen blutig amputierten Arm kaum etwas von Belang zu sehen bekommen.
Die insgesamt größte Überraschung hält Frozen dann allerdings insofern für sein Publikum parat, als dass man es tatsächlich geschafft hat, den einen oder anderen bekannten Schauspieler für dieses Werk zu verpflichten. Allen voran dürfte natürlich Val Kilmer den meisten ein Begriff sein, auch wenn der Schauspieler in der letzten Zeit kein all zu glückliches Händchen bei seiner Rollenauswahl mehr bewiesen hat. Frozen macht indessen kein Geheimnis daraus, dass Kilmer scheinbar nur zu Werbezwecken angeheuert wurde, denn bis auf einige kurze Auftritte zu Beginn und gegen Ende konnte man sich die Screentime des Akteurs dann budgetbedingt wohl doch nicht ganz leisten. Dafür entschädigen dann aber einige vielversprechende Nachwuchstalente in den Hauptrollen, so etwa die ebenso charismatische wie talentierte Martha MacIsaac, die in letzter Zeit bereits in Filmen wie Superbad oder The Last House on the Left zu bewundern war. Nicht weniger überzeugend spielen des Weiteren Aaron Ashmore und Kyle Schmid, die beide bereits in zahlreichen Haupt- und Nebenrollen in Film und Fernsehen zu sehen waren.
Fazit: Frozen ist ein Film, dem es ansatzweise gelingt, Gedankengänge zu derart vielschichtigen Themen wie Öko-Terrorismus und Umschweltschutz aufkommen zu lassen, der letztendlich aber beinahe an seinem eigenen Anspruch scheitert. Statt komplexem Öko-Horror setzt Mark A. Lewis seinem Publikum plumpen Infected-Ekel vor, der den Horrorfilmfreund ohne große Erwartungshaltung zwar ordentlich und kurzweilig bei Laune zu halten vermag, dem darüber hinaus aber die korrekte Balance zwischen Unterhaltung und Aussage abhanden kommt. Was also letzten Endes bleibt, ist eine annehmbare, wenn auch im Grundgedanken nicht ganz funktionale Mischung aus Tier-, Öko- und Infiziertenhorror, die den Fan solcher Kost für 90 Minuten passabel fesselt, darüber hinaus jedoch keinen Ehrenplatz innerhalb des Genres einnimmt.