Kalla Malla
»Butterfield 8« ist die Telefonnummer, unter der Callgirl Gloria zu erreichen ist. Die junge Frau wohnt bei ihrer Mutter, ist vaterlos aufgewachsen und ziemlich illusionslos. Heimlich träumt sie vom trauten Eheleben. Einer ihrer Freier, der Millionär Liggett, scheint ihr genau der Richtige fürs Glück zu zweit zu sein. Doch der ist mit der vermögenden Langweilerin Emily verheiratet, deren Geschäfte er führt. Als Liggett sich von seiner Frau trennt, kommt es zu einem tragischen Unfall...
Elizabeth Taylor spielt hier eine ihrer besten Rollen (sie erhielt einen Oscar für ihre Darstellung), und sie verleiht einer Groschenroman-Geschichte Klasse, Würde und emotionale Tiefe. Sie selbst hatte große Vorbehalte gegen den Film und ihre Rolle als Edel-Prostituierte, doch sieht man das dem Film in keiner Sekunde an. Bereits der Filmbeginn ist unvergesslich - Taylor erwacht allein im Schlafzimmer ihres verheirateten Lovers Laurence Harvey, wandert ins Bettlaken gewickelt durchs Apartment, putzt sich die Zähne mit Whisky, findet ihre »Bezahlung«, hinterlässt eine böse Nachricht mit Lippenstift auf dem Wohnzimmerspiegel und stiehlt zu guter Letzt den Pelzmantel der Ehefrau, bevor sie sich ein Taxi ruft.
Elizabeth Taylor ist mit jeder Faser dieses Callgirl - ob sie ihre unwissende Mutter anschreit, sie sei eine Hure oder Laurence Harvey mit dem Absatz ihrer High Heels den Fuß durchbohrt. Mit dieser Frau ist nicht zu Spaßen. Taylor gelingt es dennoch immer, das verletzliche kleine Mädchen hinter der Luxus-Fassade durchblicken zu lassen, und ihre unerfüllte Liebe zum unreifen Millionär Harvey kann trotz aller Gemeinheiten berühren. Sie befand sich hier auf dem Höhepunkt ihrer Karriere und ihrer Schönheit. In einer Nebenrolle spielt übrigens Schmusesänger und Taylor-Ehemann Nr. 4 Eddie Fisher einen hilflos in Taylor verliebten Musiker.
Im Grunde ist »Butterfield 8« nichts weiter als eine Seifenoper, mit dem Klischee der »Hure mit dem goldenen Herzen« im Mittelpunkt, die natürlich für ihr sündiges Treiben bestraft werden muss (ganz so wie Hollywood es vorschreibt). Niemand im Film verhält sich annähernd so, wie sich normale Menschen verhalten würden (Harveys Ehefrau ist weiser und verständnisvoller als alle Ehefrauen der Welt zusammen, Taylors Mütterchen ist geradezu unmenschlich lieb und naiv), doch spielt das alles keine Rolle. »Butterfield 8« ist reinstes und feinstes Hollywood-Starkino mit Glamour und Größe, nicht mehr und nicht weniger.