Kalla Malla
»Sein Mädchen für besondere Fälle« (»His Girl Friday«) gehört zu den großen klassischen Screwballs der 40er, und er weiß auch heute noch zu überzeugen. Das liegt zum einen an einem fantastischen Drehbuch, das nur so von intelligenten Dialogen strotzt, zum anderen an dem wahnsinnigen Tempo, das Regisseur Howard Hawks in Inszenierung, Schnitt und Schauspielführung an den Tag legt. Die Worte fliegen nur so durch den Raum, die Dialoge überlappen, alle Darsteller fallen sich ununterbrochen ins Wort. Das hört man sogar heute noch selten (außer natürlich bei Woody Allen), seinerzeit war es sensationell.
Die Story, basierend auf dem Theaterstück »The Front Page«, wurde mehrfach verfilmt, u.a. 1974 von Billy Wilder (als »Extrablatt« mit Jack Lemmon und Walter Matthau in den Rollen von Grant und Russell) und 1988 als »Switching Channels« mit Kathleen Turner und Burt Reynolds, doch keine der Neuverfilmungen kommt an den Charme und das Tempo von Hawks' Version heran. Im Stück übrigens ist Rosalind Russells Figur eine Männerrolle, die auch ursprünglich so besetzt werden sollte. Doch als bei Leseproben eine Sekretärin die Dialoge einsprach, kam Regisseur Hawks die geniale Idee, eine Frau zu besetzen.
Die Rolle wurde von mehreren Stars wie Carole Lombard und Jean Arthur abgelehnt. Rosalind Russell nahm an und kreierte den Prototyp einer starken, intelligenten und selbstbewussten Frau. Dies ist ihre beste Rolle. Schon ihr erster Auftritt, wie sie durch die Zeitungsredaktion marschiert, links und rechts Kommentare abgibt und alles in der Hand hat, das hat Klasse. Dass sie am Ende des Films auf ihren Verlobten verzichtet, liegt weniger an Gary Grants Verführungskünsten, sondern an der Einsicht, dass die Ehe ein Fehler wäre und sie auf keinen Fall ihren Beruf aufgeben will. Das ist moderner und erwachsener als viele heutige Hollywood-Komödien. Cary Grant - wie immer zeitlos elegant - spielt das charmante Ekel, das jeden hinterhältigen Trick benutzt, um die Frau seines Herzens wieder für sich zu gewinnen, mit sichtlichem Vergnügen und begnügt sich sehr entspannt mit der zweiten Geige.
Zwei großartige Insider-Gags gibt es in »His Girl Friday«: als Cary Grant Russells Verlobten beschreiben soll, sagt er »sieht aus wie Ralph Bellamy« (welcher ihn tatsächlich spielt), und an anderer Stelle erzählt Grant von einem Bekannten namens Archie Leach - so hieß Cary Grant, bevor er Cary Grant wurde.
Es gibt keine Film-Bestenliste, auf denen »His Girl Friday« nicht auftaucht. Er steht stellevertretend für exakt das, was die Hollywood-Screwball-Komödie war: anspruchsvolle Unterhaltung mit fantastischen Ensembles, skurrilen Charakteren, ebenbürtigen Geschlechterrollen (mit leichten Vorteilen für die Frauen) und sprühendem Wortwitz. Sehr empfohlen!