Kalla Malla
Ein unheimlicher Serienkiller treibt in London sein Unwesen und bedient sich bei seinen Untaten ausgesprochen unkonventioneller Mordmethoden: So wird z. B. einer Frau ein anonymes Paket zugestellt, in dem sich ein Fernglas befindet. Als sie das vermeintliche Geschenk ausprobieren will, schießen aus den Okularen lange Klingen in ihre Augen, die sie sofort töten. Scotland Yard steht vor einem Rätsel; die Morde ergeben keinen Sinn, die Auswahl der Opfer (welche in keinem Zusammenhang zueinander stehen) entbehrt jeglicher Methodik und scheint rein nach dem Zufallsprinzip zu erfolgen. Der mit den Ermittlungen betraute Chefinspektor Graham (Geoffrey Keen) sieht sich zusätzlich auch noch den spöttischen Zeitungskolumnen des Autors und Kriminologen Edmond Bancroft (Michael Gough) ausgesetzt. Bancroft, der im Keller seines Hauses ein morbides »Schwarzes Museum« eingerichtet hat und gerade an seinem neuen Buch »Die Poesie des Mordes« arbeitet, legt für diese Mordserie ein besonders auffälliges Interesse an den Tag. Bald beginnt Chefinspektor Graham zu ahnen, daß dies nicht nur beruflicher Natur ist...
»Das schwarze Museum« (»Horrors of the Black Museum«) entstand 1959 in der Regie des Kinoveteranen Arthur Crabtree, der bereits ein Jahr zuvor mit dem SciFi-Horror-Mix »Fiend without a Face« eine kleine Genreperle gedreht hatte. Die Geschichte wurde durch das Duo Aben Kandel und Herman Cohen geschrieben, das sich kurze Zeit später auch für das Drehbuch zu dem ebenfalls kurz davor erschienenen »Konga« verantwortlich zeigte. Die Kritiker konnten bei der Erstaufführung keinen großen Gefallen am »schwarzen Museum« finden und warfen ihm sogar vor, durch seine exotische Variation an Morden effekthascherisch mit Gewalt zu arbeiten, um von der schlechten Story abzulenken. Das zahlende Kino-Publikum sah dies jedoch anders und bescherte dem Film ein einigermaßen zufriedenstellendes Ergebnis an den Kinokassen. Neutral betrachtet muss festgestellt werden, dass die Gewalt selbst für damalige Verhältnisse nicht besonders grafisch oder ausufernd dargestellt wird.
Der Film war eine Produktion der Firma Anglo Amalgamated, die im folgenden Jahr auch die Horrorthriller »Der rote Schatten« (»Circus of Horrors«) und »Peeping Tom« fabrizierte, und ging gemeinsam mit diesen als sogenannte „Sadian Trilogy« (in Bezug auf den morbiden Voyeurismus Marquis de Sades) in die britische Horrorfilmgeschichte ein. Alle drei Filme präsentieren in bester blutiger Grand Guignol-Tradition höchst innovative Sadismen und Mordmethoden, und spielen zugleich mit einem zynischen Augenzwinkern auch mit dem Voyeurismus und der Sensationslust des Kinopublikums.
Vergleicht man »Das schwarze Museum« mit den anderen beiden Filmen der »Sadian Trilogy«, fällt dieser, wenngleich handwerklich sehr hübsch inszeniert, schon ein bißchen ab. In erster Linie ist dies dem tumben Bancroft-Sidekick Rick (verkörpert von einem gewissen Graham Curnow, der nach nur zwei Filmrollen wieder in der wohlverdienten Versenkung verschwand) zu verdanken, dessen Schicksal eigentlich niemanden so richtig interessiert und dessen hölzernes Geturtel mit Freundin Angela (Shirley Ann Field) wohl irgendwie ein Zugeständnis ans Teenie-Publikum des Jahres 1958 sein sollte. Auch die Story und die Dialoge haben zugegebenermaßen ihre kleinen Schwächen, worüber man jedoch getrost hinwegsehen kann, denn im Zentrum des Ganzen steht die Figur des mordenden Künstlers Bancroft, der von Michael Gough einfach großartig dargestellt wird.
Gough (der sein Horrorfilmdebüt zuvor an der Seite von Peter Cushing und Christopher Lee in »Dracula« absolviert hatte) verkörpert diesen psychopathischen Ästheten als eine herrlich manirierte Mixtur aus feinsinnig kultiviertem Schöngeist, von der eigenen Brillanz überzeugtem Egomanen und zynischem Misanthropen mit latent bisexuellen Anflügen (seine offenkundig eifersüchtige Reaktion als Ricks Freundin Angela im Museum auftaucht und damit die bis dahin herrschende traute Zweisamkeit zerstört spricht in dieser Hinsicht Bände); dazu gesellt sich schließlich auch noch eine offensichtliche Impotenz (die bei einem Streit zwischen Bancroft und seiner Geliebten zwischen den Zeilen überdeutlich offenbart und auch noch durch eine Gehbehinderung – ohne seinen Stock ist er nichts! – versinnbildlicht wird).
Die Geschichte ist sehr interessant inszeniert und erinnert stellenweise sogar ein wenig an die »Edgar-Wallace«-Filme. Die Frage, wer der Mörder mit den kreativen Ideen ist, wird gekonnt eine ganze Zeit über aufrechtgehalten und selbst als die Katze aus dem Sack ist, wird es nicht langweilig. Durch die Aussage von Bancrofts Psychiater, der gleich zu Beginn des Filmes mutmaßt, dass es der Autor selbst unter einer Art Hypnose oder Bann war, der die Morde verübte, wird für zusätzlichen Zündstoff gesorgt. Freunde alter Krimifilme werden ganz sicher ihre Freude an diesem gut inszenierten Film haben. Der Vergleich auf dem Cover, der die Kreativität der Morde auf eine Stufe mit den Filmen von Mario Bava und Dario Argento stellt, sollte allerdings nicht einmal ansatzweise ernst genommen werden. Denn an diese reicht der Film nicht einmal annähernd heran. Wer auf vergleichbares hofft, wird zwangsläufig enttäuscht. Wer jedoch einen Film im Stil alter »Edgar-Wallace«-Krimis sucht, wird bestens unterhalten.