Kalla Malla
Die Kosmetikerin Susan Applegate (Ginger Rogers) hat nach einem Jahr und 25 Jobs die Nase voll von aufdringlichen New Yorker Männern und beschließt wieder in ihre Heimatstadt nach Iowa zurückzukehren. Da ihr Geld nur für eine Kinderfahrkarte reicht, gibt sie sich mit ein wenig Maskerade als Zwölfjährige aus. Als die Fahrtkartenkontrolleure misstrauisch werden, gelangt sie unter einem Vorwand in das Abteil von Major Philip Kirby (Ray Milland), der Susan die Rolle der Zwölfjährigen abnimmt und sie mit auf seine Kadettenanstalt nimmt. Nach einiger Zeit entwickelt sie Sympathien für den Major, doch der steht kurz vor seiner Hochzeit mit Pamela, der Tochter seines gestrengen Vorgesetzten Colonel Oliver Slater Hill (Edward Fielding). Dummerweise kommt Pamelas kleine Schwester Lucy (Diana Lynn) Susan auf die Schliche. Diese verspricht, ihre Klappe zu halten, wenn Susan ihr hilft, den netten Kirby vor ihrer egoistischen Schwester zu retten. Dazu ist Susan nur zu gerne bereit...
Nach mehreren Drehbüchern für Ernst Lubitsch und Mitchell Leisen war »Der Major und das Mädchen« aus dem Jahr 1942 Billy Wilders erste eigene Regie-Arbeit in Hollywood. Für sein Debüt suchte er sich einen erfolgversprechenden, populären Stoff aus, und die heiter-beschwingte Verwechslungskomödie war dafür ideal geeignet. Interessanterweise gibt es im »Major« sehr viele Ideen, die Wilder später in seinem Meisterwerk »Manche mögen's heiß« weiter entwickelte, doch hält sich Wilder in diesem frühen Werk mit Zweideutigkeiten noch sehr zurück. Während Jack Lemmon sich in Frauenkleidern schnell ganz als Frau fühlt und schon von seiner Verlobung mit Millionär Osgood träumt, werden hier sämtliche erotischen Implikationen der Geschichte (ein erwachsener Mann verliebt sich in eine Minderjährige) geschickt umschifft (außer im Originaltitel).
So weiß der Major im Grunde nie, dass er sich in das Mädel Susan wirklich verliebt hat, und so muss Wilder keine schwierigen (oder gar moralischen) Fragen beantworten. Dass die absurde Story überhaupt funktioniert, liegt an Wilders kluger Regie und an Ginger Rogers, die es mit ihrer nuancierten und liebenswerten Darstellung schafft, den Zuschauer niemals darüber nachdenken zu lassen, wie fernab jeder Realität die romantische Handlung sich abspielt. Dass der Major laut Drehbuch einen Sehfehler hat, erleichtert das Ganze natürlich zusätzlich, ebenso die charmanten und intelligenten Dialoge (»Ich rauche nicht, die Pubertät macht mich schon nervös genug«).
Ray Milland hat kaum mehr zu tun, als neben Rogers den etwas naiven Helden zu geben, das macht er mühelos. Drei Jahre später hat er für seine grandiose Leistung in Wilders »Lost Weekend - Das verlorene Wochenende« den Oscar erhalten. »Der Major und das Mädchen« bleibt vom Beginn bis zur wundervollen Schluss-Sequenz (Wilder war ein Meister der »letzten Szene«) bezaubernd, witzig und unterhaltsam. Einige hübsche visuelle Einfälle (Motten und Licht) und eine kurze Stepptanz-Einlage von Ginger Rogers sind das Sahnehäubchen auf der gar nicht überzuckerten Torte.