Kalla Malla
Dr. Anthony Edwardes (Gregory Peck) ist der neue Leiter einer Nervenheilanstalt. Aber nicht nur der jungen Psychoanalystin Dr. Constance Petersen (Ingrid Bergman) fällt auf, dass mit dem neuen Chef etwas nicht zu stimmen scheint. Allerdings ist sie die einzige, die sich an seine Fersen heftet, als er eines Nachts verschwindet, nachdem er ihr gestanden hat, den echten Dr. Edwardes ermordet zu haben und an Amnesie zu leiden. Petersen möchte die Wahrheit über seine Vergangenheit herausfinden, denn sie hat sich in ihn verliebt...
Warum »Spellbound« häufig zu den schwächeren Werken Hitchcocks gezählt wird, ist mir bis heute unverständlich. Sicher wird an einigen Passagen zu viel geredet, einiges ist unglaubwürdig, Peck ist noch leicht unerfahren als Schauspieler, und der freudianische Touch ist aus heutiger Sicht haarsträubend naiv.
Aber dem entgegen stehen eine wunderbare Ingrid Bergman in einer tragenden, kompexen Frauenrolle, wie es sie selten in diesem Genre gibt, die unglaublichen Sequenzen Salvador Dalis, eine oscarprämierte und gewaltige Filmmusik sowie Hitchcocks einzigartiges Talent für visuelle Raffinessen (die sich öffnenden Türen beim ersten Kuss der Helden, die Rückblende, die Rasiermesser-Sequenz, etc., etc.). Diese Aspekte überwiegen die Schwächen bei weitem und machen den Film zu einem unverzichtbaren Klassiker.
Ein paar Produktionsnotizen:
* Produzent David O. Selznick selbst wünschte, ein Großteil des Films solle auf seiner persönlichen Erfahrung mit der Psychotherapie basieren. Er brachte seinen Therapeuten als technischen Berater mit zum Set. Als es einmal mit Hitchcock wegen der Frage, wie eine Therapie wirke, zum Disput kam, sagte dieser: »Mein Lieber, es ist nur ein Film«.
* Die Traum-Sequenz wurde von Salvador Dalí entworfen und war ursprünglich etwas länger angelegt. Sie enthielt ursprünglich noch eine Szene in einem Ballsaal mit herabhängenden Klavieren und unbeweglichen Figuren, die vorgeben zu tanzen, gefolgt von dem vorgeblichen Dr. Edwardes alias John Ballantine, der mit Dr. Petersen tanzt, bevor sie sich in eine Statue verwandelt. In der Endfassung des Films fiel diese Szene aus Zeitgründen dem Schnitt zum Opfer.
* Bemerkenswert ist, dass das eigentlich als Schwarzweißfilm geltende Werk für einen einzigen Augenblick dennoch farbig erscheint: In dem Moment, als Dr. Murchison Selbstmord begeht – er erschießt sich –, wird die Leinwand für Sekundenbruchteile blutrot. In der Fernsehfassung ist dieser Effekt ebenfalls zu sehen.
* Drehbuchautor war Ben Hecht, ein früherer Kriminalreporter, der durch das Skript zu Howard Hawks' klassischem Gangsterfilm »Scarface« (1930/32) berühmt geworden war und der sich nun vom Film etwas zurückgezogen hatte, um seine persönlichen Probleme bei bekannten Psychoanalytikern loszuwerden
Fazit: »Spellbound« gehört sicherlich zum »oberen Drittel« der besten Filme Hitchcocks. Die zumeist düstere Atmosphäre des Films, in dem sich die Figuren in Räumen bewegen, in denen künstliches Licht und Schatten im übertragenen Sinn eine enge Verbindung eingehen, kann immer wieder faszinieren, ebenso die beiden Hauptdarsteller.