Joerg Melzer
Die Chance, daß man Jason Statham in einem relativ standardisierten, aber modern-gutaussehenden B-Kracher begegnet, ist ja ziemlich groß, so 2-3x pro Jahr darf sich der Actionfan an dem muskulösen und rauhbeinigen Dressman erfreuen, der seine Handlungen noch handgemacht wirken läßt.
Kaum ist also "The Mechanic" den Weg aller DVDs gegangen, hat man mit "Killer Elite" schon den nächsten Film am Start.
Diesmal jedoch setzt zusätzlich zur Starappeal sogar noch ein bis zwei Tricks drauf: einerseits große Namen und andererseits einige Bezüge zu real existierender Sachliteratur.
Bleiben wir also gleich bei Letzterem, denn "Killer Elite" wurde inspiriert durch das Geheimdienstwerk "The Feather Men" des ehemaligen SAS-Mannes Ranulph Fiennes, der hier sogar höchstpersönlich als Autor seines Buches auftaucht. Inwiefern das Buch nun der Wahrheit über die Tätigkeiten der Elitegruppe in den 70er und 80er Jahren entspricht, kann man wohl kaum entscheiden, was zählt, ist eben das Wörtchen "inspiriert", was bedeutet, daß man sich das behandelte Tableau zu Nutze gemacht hat, um darauf eine fiktive Filmstory anzusiedeln.
So sind die "Feather Men", das Konglomerat alteingesessener Geheimdienstler, die inzwischen zu finanzstarken Geldschefflern verkommen ist, in dieser Story auch nur ein kleines Mittel zum Zweck, um die Dinge überhaupt ins Laufen zu bringen. Daß die Regierung ihrer Majestät derlei Geheimclubs nicht sonderlich mag, wird dann auch noch fein säuberlich ausformuliert, ansonsten wirken die alten Herren wie Fremdkörper, deren Interesse an der Bereinigung der Affäre mehr als nebulös bleibt.
Ansonsten steht eine typische Rache- und Rettungsstory im Vordergrund: Statham spielt den Killer und Aussteiger, der zum Wiedereinstieg gezwungen wird, als sein Kumpel bei einem Scheich im Oman festgesetzt wird. Der unmögliche Auftrag: drei britische Spezialisten umzubringen, daß es wie ein Unfall aussieht und ihr Geständnis bezüglich des Mordes an den drei Söhnen des Scheichs vorher abzupressen. Also ruckzuck nach good old blighty und mit zwei Kumpels drei hocheffektive Mordpläne in Gang gesetzt. Nur eben ist da auch noch ein weiterer Agent vor, den Clive Owen mit dem nötigen Durchgeknalltencharme gibt: ein Ruheständler, der zwar seinen Dienst nicht mehr offiziell antreten kann, es mit dem Aufhören aber auch nicht gebacken kriegt.
Vor dem Hintergrund eines Ränkespiels um Ölförderlizenzen steckt da natürlich ein gewisses erzählerisches und politisches Potential in der Story, doch das ist alles nur Fassade, um knifflige Anschläge zu inszenieren, sie mal glücken und mal mißlingen zu lassen und dabei das Maximum an Adrenalin rauszukitzeln. Die Hintergründe, die Drahtzieher, die Männer im Dunkeln sind dabei eher nebulöse Gestalten, die sich immer erst dann erklären, wenn sie sowieso gleich draufgehen müssen.
Angesiedelt in den Spätsiebziger bzw. Frühachtzigern gerät der geschichtliche Rückblick so zur puren Kulisse, mal etwas zeitgeschichtliches Kolorit in die Story zu bringen. Das heißt: Klamotten aus dem Punkzeitalter, schäbige Vorstadtkulissen, viel Sand und Steine und nicht zuletzt eine Palette älterer Automodelle zu zerschroten.
Aber dank der allgegegenwärtigen Vordergründigkeit des Gezeigten ist das alles nur Make-Up, noch dazu fehlerhaft umgesetzt, denn wo die Kostüme und Autos punkten, zeigt sich das Set Design stilunsicher, sobald man einen Schauplatz mal nicht zumüllen kann oder die Wüste sowieso Zeitlosigkeit vorgaukelt.
Ergötzen kann man sich also an dem Katz- und Mausspiel zwischen Statham und Owen, die sich erst unbekannterweise umkreisen und dann aufeinander losgehen und zwei große Kämpfe austragen, die sicher noch besser gewesen wären, wenn man sie etwas weniger hektisch geschnitten hätte. Interessanter als die zeitgeschichtliche Dimension scheint mit zunehmendem Verlauf die Suche nach dem Lebenssinn, wenn man Statham auch noch eine leichte Love Story andichtet und alles dafür tut, um die Konflikte künstlich am Kochen zu halten. Das gelingt aber nur sehr sprunghaft und unbeholfen, weswegen "Killer Elite" bei 110 Minuten Laufzeit auch drei gefühlte Enden hat.
Immerhin ist das Duell der Killer weitestgehend solide inszeniert, weil beide Darsteller ihre Stärken ausspielen können und ein paar denkwürdige Szenen herausspringen. Wesentlich effektiver ist allerdings "Prison Break"-Hulk Dominic Purcell in einer unkenntlichen Nebenrolle als Stathams Kumpel mit monströsem Bart und noch monströserer Ego-Physis, während sich ein gestandener Oscarpreisträger wie Robert de Niro nur für ein paar Filmminuten banales und austauschbares Tralala hergeben darf. Aber der Name macht sich eben gut auf dem Plakat, auch wenn es nur ein besseres Cameo gibt, da de Niros Figur mit der eigentlichen Handlung nur am Rande zu tun hat.
So ist "Killer Elite" eben doch nur ein typischer B-Reißer, dessen typische Oberflächlichkeit allerdings mit bemühtem Retro-Chic daherkommt und daher mal etwas anderes bietet als amerikanische Goldbraunfilter. Hängen bleiben aber in erster Linie ein Anschlag per Auto, der Mano-a-Mano Fight zwischen Owen und Statham und später ein weiteres Dreierduell, bei dem Statham zwei Gegner bekämpfen muß, während er noch an einen Stuhl gefesselt ist. Warum das alles passierte und ob es wichtig war, findet in den handelnden Figuren und ihren Entscheidungen nur wenig Entsprechung, weswegen sich auch die Erinnerung an diesen Film relativ schnell wieder verflüchtigen wird - und nicht zuletzt weil man im entscheidenden Moment dann meistens doch wieder aufs Rating schielt.
Ich sags noch mal: Statham kann mehr - also gebt dem Mann endlich richtige Arbeit.