Kalla Malla
Es geschieht plötzlich und ohne ersichtliche Vorwarnungen, als eines Morgens zahlreiche Menschen im New Yorker Central Park wie von einer übernatürlichen Macht gelenkt zuerst ihren Verstand verlieren und dann noch an Ort und Stelle Selbstmord begehen. Das schreckliche Ereignis zieht landesweit Aufmerksamkeit auf sich, Gerüchte über einen terroristischen Anschlag mit Nervengasen machen die Runde, doch beweisen lassen sich diese Theorien nicht. Als sich in einem Park in Philadelphia kurz darauf Ähnliches ereignet und sich zahlreiche Menschen das Leben nehmen, gerät die Bevölkerung der Ostküste in Panik und flieht zu Tausenden aus dem Ballungsgebiet der Ereignisse und in Richtung Westen. Auch der Lehrer Elliot (Mark Wahlberg) steht den unerklärlichen Geschehenissen beunruhigt gegenüber und versucht gemeinsam mit seiner Frau Alma (Zooey Deschanel), sowie seinem Freund Julian (John Leguizamo) und dessen Tochter Jess (Ashlyn Sanchez) in ein bislang von den Ereignissen verschontes Gebiet zu fliehen. Die Evakuierung steht jedoch unter keinem guten Stern, denn mitten im Nirgendwo verliert ihr Zug plötzlich den Kontakt zur Außenwelt. Inmitten des Zentrums der grausamen Ereignisse sind Elliot, Alma, Julian und die kleine Jess plötzlich auf sich alleine gestellt...
Der indische Regisseur Manoj Nelliyattu Shyamalan, inzwischen weltweit als M. Night Shyamalan bekannt, legte mit seinem mysteriösen Horrorthriller "The Sixth Sense" ein absolut traumhaftes Debut in Hollywood hin. Nach dem sensationellen Erfolg des Films und einem weltweiten Einspielergebnis von über 672 Millionen Dollar, fraßen die Produzenten und Firmenbosse Shyamalan regelrecht aus der Hand und ließen dem Inder bei seinen folgenden Filmen, die ausnahmslos dem Grundton von "The Sixth Sense" treu blieben, alle Freiheiten. Das Resultar waren Werke wie "Unbreakable", "Signs" und "The Village", die zwar auf ihre Weise noch immer zu überzeugen wussten, denen aber immer mehr eine gewisse Ideenarmut Shyamalan's anzumerken war, der für seine Filme nicht nur auf dem Regiestuhl Platz nimmt, sondern auch das dazugehörige Drehbuch liefert und als Produzent fungiert. Nachdem "The Village" bereits für einigen Unmut in den Reihen der Kritiker sorgte, war der endgültige Wendepunkt schließlich im Jahr 2006 mit der einschläfernden Gutenachtgeschichte "Das Mädchen aus dem Wasser" erreicht. Der Film wurde überwiegend negativ aufgenommen und konnte mit einem weltweiten Einspiel von 72 Millionen Dollar nicht einmal die Produktionskosten decken.
Nach diesem Misserfolg durfte man natürlich gespannt sein, ob Shyamalan mit seinem nächsten Werk wieder an alte Erfolge anknüpfen können wird, oder ob seine Karriere nach einem weiteren Flop endgültig im Sande verlaufen wird. Zumindest die ersten Trailer zu "The Happening", dem nächsten übernatürlichen Thriller des Inders, ließen dann im Jahr 2008 schon einmal auf Vielversprechendes hoffen und kündeten in ungewohnt blutigen Bildern von einem packenden Weltuntergangsszenario. Letztendlich gaben diese Trailer allerdings die besten Szenen bereits vorweg und ließen Erwartungen wach werden, denen das fertige Produkt schlußendlich in keiner Hinsicht entsprach. "The Happening" ist der inszenatorisch größte Fauxpas, den sich ein etablierter Hollywood-Regisseur nur leisten kann und macht im Großen und Ganzen mehr den Eindruck einer ungewollten Lachnummer als eines ernstzunehmenden und packenden Thrillers mit kritischer und intelligenter Botschaft.
Man möchte es stellenweise schlichtweg nicht glauben, was einem M. Night Shyamalan hier auftischt, nachdem er mit einigen seiner vorangegangenen Werke durchaus bewiesen hat, dass er zweifelsohne zu beachtlicher Regie fähig ist. "The Happening" wirkt wie der fehlgeschlagene Filmversuch eines untalentierten Debutregisseurs, diesen Eindruck untermalen dabei nicht nur absolut fehlbesetzte und unmotivierte Schauspieler, sondern auch eine Vielzahl deplatzierter Szenen und das Fehlen eines vernünftigen Spannungsaufbaus. "The Happening" ist ein Flickenteppich aus verpatzten Möglichkeiten und derlei omnipräsenten Regiefehlern, dass einem als Zuschauer letztendlich nur die Ausflucht bleibt, herzhaft über dieses Fiasko zu lachen, sofern man die investierten 87 Minuten, die von der Laufzeit in Anspruch genommen werden, nicht vollends betrauern will.
Während die Storys von Shyamalan's anderen Werken stets mit einem unerwarteten Twist gegen Ende aufwarteten, sucht man einen solchen Überraschungsmoment in "The Happening" vergebens. Der Grund für das seltsame Verhalten und die Selbstmorde der Menschen wird hier mit einem Racheakt der Natur begründet, dass die Pflanzen sich also gegen ihre größte Bedrohung, den Menschen, zur Wehr setzen und einen Giftstoff absondern. Einer solchen Handlung wären in einem besser umgesetzten Film sicherlich viele gesellschaftskritische Aspekte zuzusprechen, doch "The Happening" versäumt diese Möglichkeit und macht auch ansonsten nicht viel aus dem Gegebenen. Shyamalan hatte ganz offensichtlich kein Interesse daran, seinem Film eine bedrohliche Atmosphäre zu verleihen, dafür sprechen zahlreiche peinliche oder deplatzierte Szenen, etwa die, in der Mark Wahlberg das Gespräch mit einer Pflanze sucht (!), nur um dann festzustellen, dass es sich um eine Plastikpflanze (!!) handelt. Ob man über derlei Momente, die hier leider noch vermehrt vorhanden sind, nun lachen oder weinen soll, ist ungewiss. Fest steht, dass "The Happening" nicht einmal im Ansatz eine endzeitliche Atmosphäre entstehen lässt, sondern insgesamt vielmehr wie ein harmloser Wald- und Wiesenspaziergang mit einigen Selbstmorden am Rande daherkommt.
Die abwechslungsreichen und überraschend blutigen Suizide sind letzten Endes dann auch das Einzige, was der Zuschauer von dem dargebotenen, kläglichen Versuch eines Filmes in Erinnerung behält. Ganz egal, ob eine Pistole die Runde macht und von mehreren Menschen dazu genutzt wird, sich nacheinander zu erschießen, ob eine Frau sich eine Haarnadel in den Hals bohrt oder ob ein Mann sich absichtlich von Löwen zerreißen lässt - die Selbstmorde sind stets konsequent und detailliert von der Kamera aufgefangen und somit das Einzige, was der Story gerecht wird. Alles andere macht den Eindruck, als stecke es noch in der Entwicklungsphase und habe es nur durch einen unglücklichen Zufall seinen Weg in einen fertigen Film gefunden, der sich an ein breites Publikum richtet. Dies beginnt bei den Charakteren, die nicht nur durch ihr dämliches Verhalten ein großes Ärgernis darstellen, sondern auch mit Dialogen um sich werfen, die so blöd sind, dass man im ersten Moment dem Irrglauben erliegt, sich verhört haben zu müssen. Als fehlbesetzt erweisen sich auch einige der Schauspieler, allen voran Zooey Deschanel in der Rolle von Elliot's Frau Alma. Dass jemand mit einer solch grottigen Darbietung seinen Weg in eine Big-Budget-Produktion findet, ist an Lächerlichkeit kaum noch zu überbieten. Die Deschanel legt ein gnadenloses Overacting an den Tag, so dass man sie in keiner ihrer Szenen auch nur ansatzweise ernst nehmen kann. Auch John Leguizamo wirkt erstaunlich hölzern und unglaubwürdig, was in dieser Form noch auf einige weitere Darsteller innerhalb dieses stupiden Machwerks zutrifft, so dass einem Mark Wahlberg in der Hauptrolle regelrecht leid tun kann. Wahlberg hat seinen Status als überaus begnadeter Schauspieler schon unzählige Male unter Beweis gestellt, so dass er auch den Charakter eines Lehrers, der eine Gruppe überlebenswilliger Menschen anführt, in "The Happening" mühelos meistert. So ist es natürlich im Grunde unnötig zu erwähnen, dass Wahlberg in all seinen Szenen deutlich hervorsticht und die restlichen Darsteller wie unbeholfene Laien wirken lässt.
Fazit: "The Happening" ist ein inszenatorisches Desaster, bei dem es in dieser Form regelrecht unglaublich wirkt, dass kein geringerer als M. Night Shyamalan Regie führte. Entweder hat der Mann nach dem negativen Wirbel um "Das Mädchen aus dem Wasser" einfach keine Lust mehr, gute Filme zu drehen, oder aber er hat seinen Zenit inzwischen tatsächlich überschritten. Was auch immer zutreffen mag, "The Happening" sollte definitiv als Warnsignal gehandelt werden, nach dem man dem Inder in den nächsten Jahren hoffentlich keine Regie-Arbeiten mehr zumuten wird. Dieses Werk ist ein Desaster, das sich innerhalb seiner Laufzeit von Minute zu Minute mehr zu Grabe trägt und letztendlich nur durch seine unfreiwillige Komik und durch seine ansehbaren und ganz passabel gefilmten Selbstmordsequenzen
zu unterhalten vermag. Der Rest, von einem großen Teil der Schauspieler, bis hin zur Inszenierung, ist ein diletantisches Armutszeugnis.
