Kalla Malla
Ich muss zugeben schon etwas gestutzt zu haben, als ich erfahren habe, dass Regisseur James Wan seine Fortsetzung zu "Insidious" nur wenige Monate nach dem Kinostart seines anderen Geisterfilmes "The Conjuring" in die Kinos bringen wollte. Noch überraschter war ich dann, dass die Produktionsstudios dem zugestimmt haben, schließlich liegt die Chance nahe, dass sich beide auf den ersten Blick recht ähnliche Film möglicherweise gegenseitig ausstechen. Nach der Sichtung von "The Conjuring" war ich jedoch in der Hinsicht schließlich doch überzeugt, denn "Insidious" und "The Conjuring" sind deutlich voneinander zu unterscheiden, wenn auch nicht auf den ersten Blick: Während Ersterer in diversen Momenten doch recht schockbasiert ist, teilweise Effekte gerne auch als reine Gimmicks benutzt und in einigen Szenen auch nicht davor zurückschreckt Situationskomik einzubauen, kommt "The Conjuring" wesentlich bodenständiger, aber auch durchaus behäbiger daher und hat nicht diesen sinnesüberflutenden Geisterbahn-Charme (vielleicht sollte ich an der Stelle nochmal gesondert erwähnen, dass ich beiden Filmen die Höchstnote gegeben habe!).
Somit habe ich schließlich "Insidious 2" recht gelassen entgegengesehen, da ich mir sicher war, dass dieser wieder sehr in die Richtung des ersten Teils schielen wird und sich ebenso deutlich von "The Conjuring" abhebt ... falsch gedacht. Zumindest in den ersten 30 / 40 Minuten. Denn der Grund, weswegen heute selbst in einem (mit relativ viel jungen Mädchen) vollbesetzten Kino keine kollektive Panikattacke ausbrach lag einfach daran, dass die erste halbe Stunde des Filmes bemerkenswert effektlos bleibt. Und zwar in dem Sinne, dass der Zuschauer bei aller Bemühungen des Filmes keinerlei Spannung, Atmosphäre oder gar Grusel empfindent.
Doch warum ist das so? Wer die Story gelesen hat weiß, dass die Familie, die schon im ersten Teil mit der Anderswelt in Kontakt kam, ins Haus der Oma einzieht. Und wüsste ich es nicht besser, so könnte man meinen, "Insidious 2" wäre am selben Set wie "The Conjuring" gedreht worden. War Teil 1 von der Optik noch extrem modern, so legt der zweite schon ein beachtliches Retro-Setting an den Tag - genau das, wie man es auch in "The Conjuring" zu sehen bekam. Zusätzlich kennt man inzwischen James Wans Art, Szenen aufzubauen und weiß ganz genau, aus welchen Ecken des Hauses später irgendwann mal etwas herausspringen wird. Auch wenn der Film in seiner Laufzeit natürlich genug Szenen hat, in denen er den Zuschauer eiskalt erwischt, so weiß man natürlich, dass der Film den Sohn am Anfang des Filmes nicht umsonst seinem Vater sein selbstgebasteltes Dosentelefon zeigt, oder dass die Laufstütze des kleinen Kindes nicht nur rein zufällig eine gruselig wirkende Melodie von sich gibt, wenn man dagegen bollert.
Würde "Insidious 2" ähnlich wie Teil 1 an diesem einen Schauplatz verharren, wäre der Film für all diejenigen, die wenige Wochen zuvor "The Conjuring" gesehen hätten, ein Vollflopp. Zum Glück weicht James Wan aber genau zur richtigen Zeit von vielleicht schon ausgetretenen Pfaden ab, wechselt die Schauplätze, knallt einen wahnsinnig tollen Storyverlauf hin und überrascht mit kleinen Besonderheiten, wie kurzen Wechseln in die Found Footage Optik, die den Zuschauer immer wieder dazu ermutigen dem Film eine erneute Chance zu geben.
Die Szenen im Krankenhaus sowie in diesem - aus Spoilergründen lasse ich das mal allgemein - "anderen" alten Haus, sind schon verdammt wirkungsvoll und geben dem Film einfach das Recht zu existieren. Am allermeisten hat mich letztendlich aber die Auflösung des Ganzen umgehauen, die nichtnur für das Geisterfilm Genre auffallend durchdacht war, sondern auch extrem wendungsreich daherkommt und selbst Ereignisse aus dem ersten Teil aufgreift, nur um ihnen eine völlig andere Wahrheit zu geben. Somit setzen sich hier wahnsinnig viele Puzzleteile zusammen und verbinden die beiden Filme sehr geschickt. Moment, sagte ich gerade "Puzzle"?
Genausowenig wie es gerade Zufall war, dass ich diese billige Überleitung niedergeschrieben habe, ist es Zufall, dass "Insidious" an ein gewisses Franchise namens "Saw" erinnert. James Wan war nicht nur Regisseur vom ersten "Saw", sondern auch Produzent bis zu "Saw 6". Zusätzlich hat man mit Leigh Whannel bei den "Insidious" Teilen den selben Drehbuchautoren, der auch schon das erste Kapitel des Jigsaw Killers verfasst hat. Und wer genau auf diese Art einer nicht linearen Erzählweiße steht, wird mit "Insidious 2" einen Film haben, der auf exakt dieselbe Art funktioniert.
Die handwerkliche Machart ist natürlich wieder großartig wie immer, denn Wan versteht es, Gruselsettings sehr detailreich und verspielt aufzubauen, was sich vorallem in der hinteren Filmhälfte absolut bezahlt macht. Auch die Schauspieler wissen wiedermal zu überzeugen und gerade der Schauspieler des Vaters der Familie - dessen Namen ich gerade nicht hinbekomme - liefert eine verdammt starke Performance ab.
"Insidious Chapter 2" ist ein Film, bei dem sich das Dranbleiben lohnt. Wer nach den ersten 40 Filmminuten, die leider zu sehr an "The Conjuring" erinnern und fast wie Deleted Scenes rüberkommen, dem Film noch weiterhin eine Chance gibt, wird mit einem fantastischen Plottwist belohnt. Dieser sorgt dafür, dass das ganze "Insidious" Filmuniversum umgekrempelt wird und den Zuschauer in den richtigen Momenten zusammenzucken lässt. Kurzum: Ein wirklich guter Gruselschocker, der lediglich einen besseren Einstieg benötigt hätte...