Kalla Malla
Der Forscher Dr. Thompson (Whit Bissell) entdeckt bei einer Expedition im Amazonasgebiet eine merkwürdige, riesige Klaue mit Schwimmhäuten zwischen den Krallen. Derart erfreut über den Fund, beschließt Dr. Thompson auch nach dem Rest der toten Kreatur zu suchen. Zwei Einheimischen befiehlt der Doktor, im Lager auf seine Rückkehr zu warten, während er die beiden Meeresbiologen Kay (Julie Adams) und David Reed (Richard Carlson) aufsucht, um sie eventuell für die Suche begeistern zu können. Und tatsächlich haben die beiden Interesse, was auch für deren derzeitgen Arbeitgeber Mark Williams (Richard Denning) gilt, der die Expedition kurzerhand begleitet. Kurze Zeit später begibt sich die Gruppe in das Amazonasgebiet. Zurück im Lager des Doktors entdeckt man die toten Einheimischen, die den Auftrag hatten, auf das Lager aufzupassen. Anscheinend sei es irgend ein wildes Raubtier gewesen, dass sie angefallen habe. Zwar beunruhigt, aber dennoch voller Tatendrang dringt die Truppe mit einem kleinen Boot immer weiter in den Dschungel vor, bis sie schließlich zur sagenumwobenen schwarzen Lagune gelangen, die laut den Einheimischen noch nie jemand wieder verlassen hat. Wieso das so ist, sollen die Forscher sehr schnell erfahren, denn in besagter Lagune lebt ein Monstrum, halb Mensch, halb Tier, das sich garnicht über den ungebetenen Besuch freut...
»Der Schrecken vom Amazonas« (»Creature From the Black Lagoon«) wurde 1954 in 3D produziert und war ein riesiger Kino-Erfolg, er gilt heute noch als vielleicht bekanntester Film von Jack Arnold, und selbst wenn einige Elemente aus heutiger Sicht etwas zu naiv und angestaubt wirken, kann er immer noch (Nostalgiker, nicht unbedingt »Hostel«-Fans) wunderbar unterhalten, weil hier mit viel Liebe und nicht ohne Tiefgang gearbeitet wurde.
Wie die meisten anderen Horrorklassiker auch, zog dieser Film weitere Nachfolger nach sich, in diesem Fall »nur« zwei Stück, die allerdings, was klar sein dürfte, nicht die Klasse des ersten Teils erreichen. Was für die damalige Zeit sehr spektakulär war, ist die Tatsache, dass der Film in 3D gedreht wurde, was aus heutiger Sicht, wenn man die DVD betrachtet, nichtmehr zu erkennen ist, aber damals in einem großen Kino mit dazugehöriger Brille seine Wirkung bestimmt nicht verfehlte.
Glücklicherweise hat sich Jack Arnold nicht nur auf die Wirkung des 3D Effekts verlassen, sondern auch ein, im Gesamtbild betrachtet, durch und durch erhabenes Stück Gruselfilm abgeliefert. Zwar ist der Trash-Faktor nicht zu übersehen und erst recht nicht zu leugnen, was aber nicht heißt, dass der Film auch nur zu einem Zeitpunkt ins lächerliche abzurutschen droht. Nein, man hat sich schon bemüht, die Kreatur (die übrigens von zwei Schauspielern dargestellt wurde: Ricou Browning schlüpfte für die Unterwasseraufnahmen ins Gummikostüm und Ben Chapman übernahm den Part an Land) so schaurig wie möglich darzustellen, was durchaus von Erfolg gekrönt ist. Die enorme Statur des Monsters, dazu noch das scharfe Gebiss - nicht schlecht! Zwar sieht es verhältnissmäßig ulkig aus, wenn das Monster vom Wasser aus ins Boot klettert oder wie ein Fisch an Land nach Luft japst, aber diese Szenen verzeiht man dem Film gerne, wird man doch dafür mit vielen anderen, tollen Anblicken belohnt.
So ist zum Beispiel der Anfang sehr klasse, der einem erstmal die Entstehung der Erde näherbringt. Alles unterlegt mit schönen Bildern und einer Erzählerstimme, die genausogut von einem Physiklehrer stammen könnte. Toll auch, dass der Zuschauer sich zuweilen sogar dabei ertappt, wie er sich mit dem Monster identifiziert. Denn neutral betrachtet, ist die Kreatur alles andere als schrecklich. Man muss sich einfach mal vorstellen wie man sich selbst fühlen würde, wenn plötzlich Fremde in das eigene Haus eindringen würden und einen fangen wollen. Nicht anders geht es der »Kreatur«. Manche Szenen wollen einen sogar fast glauben machen, dass Monster sehne sich danach, ein Mensch zu sein, aber darauf wurde dann leider doch ein bisschen zu wenig eingegangen.
Das Monster selbst ist in die Filmgeschichte eingegangen und kann auch heute noch begeistern. Das Gummi-Kostüm ist kaum bemerkbar, das »Wesen« besitzt nicht nur eine eigene Körpersprache, sondern auch Persönlichkeit. Wenn es sich in die hübsche Verlobte (Julie Adams) des wissenschaftlichen Leiters (Richard Karlson) verliebt, kann man es ihm nicht verdenken, denn Julie Adams sieht in ihrem weißen Badeanzug geradezu hinreißend aus und erweist sich dazu als echter Kumpel-Typ. Ihr Partner Richard Carlson, der auch in Jack Arnolds "Gefahr aus dem Weltall" die Hauptrolle spielte, ist immer überzeugend als Wissenschaftler, der auch in der Badehose noch knackig aussieht und zu jedem Abenteuer bereit ist. Die vielen Unterwasser-Szenen sind das Highlight des Films, und in der wohl wunderbarsten Sequenz unternimmt Julie Adams einen einsamen Schwimmausflug, bei dem sie unbemerkt vom Monster unter Wasser beobachtet wird, bis beide ein wahrhaft poetisches Wasserballett aufführen. Wenn das Wesen nach seiner Angebeteten grapscht, dann wird man sehr deutlich an Spielbergs »Der weiße Hai« erinnert und weiß, woher dieser seine Inspiration nahm.
Regisseur Jack Arnold zeichnet zwar das menschliche Dreiecksverhältnis zwischen Adams, Carlson & Widersacher Richard Denning relativ eindimensional (mit Denning als stereotypem Bösen), dafür aber stellt er klar, dass das Monster nur zu seinen Untaten getrieben wird, weil die Menschen es provozieren. Wenn wir alles Andersartige und Fremde einfach akzeptieren und in Ruhe lassen würden, würde es keine Gewalt mehr geben, meint Arnold, und man möchte sofort zustimmen. »Der Schrecken vom Amazonas« erreicht zwar nicht die philosophische Tiefe des späteren »Die unglaubliche Geschichte des Mister C.«, aber für nostalgische, spannende Abenteuerstimmung ist reichlich gesorgt. Ein Jahr später entstand erneut unter Arnolds Regie die Fortsetzung »Die Rache des Ungeheuers«.
Fazit: Unterhaltender Horrorschinken mit dicken Nostalgiebonus. Für Fans einfach Pflicht!