Kalla Malla
Die vier Freundinnen Carol, Leonor, Yasmine und Moira sind auf einem Roadtrip durch das argentinische Hinterland, als eine von ihnen in einer gottverlassenen Gegend plötzlich ein schwer verletztes Mädchen am Straßenrand liegen sieht. Während sie die junge Frau in den Wagen schaffen, tauchen plötzlich drei bewaffnete Männer auf, die sich über die Anwesenheit der Frauen nicht sonderlich erfreut zeigen und sofort das Feuer auf sie eröffnen. Verstört und verängstigt bringen Carol und ihre Freundinnen die junge Frau, die offensichtlich das Opfer eines scheußlichen Gewaltverbrechens wurde, daraufhin zum Polizeirevier in der nächsten Ortschaft. Dort müssen sie allerdings mit Entsetzen feststellen, dass es sich bei einem der Täter um einen hochdekorierten Gesetzeshüter handelt, der mit seinen perversen Freunden daraufhin Jagd auf die jungen Frauen macht. In einem abgeschiedenen Waldstück gelingt es den Verfolgern schließlich, den Wagen der Frauen von der Straße zu drängen und diese in ihre Gewalt zu bringen. Was folgt, ist ein unmenschliches Martyrium aus Vergewaltigung und brutaler Folter, welches eine der Frauen mit dem Leben bezahlt, während die anderen schließlich halb tot im Wald zurückgelassen werden. Von einem unbändigen Verlangen nach Rache getrieben, suchen die drei Überlebenden ihre Peniger danach erneut auf, um ihnen die Tat mit aller Härte zu vergelten...
Dass es sich bei I'll Never Die Alone wieder einmal um einen überaus kompromisslosen Vertreter seines Genres handelt, das dürfte in diesem Fall schon von der Story unmissverständlich verdeutlicht werden, welche in ihrer nur allzu brachialen Schlichtheit nicht umsonst diverse Erinnerungen an den Schmuddelfilm-Klassiker Ich spuck auf dein Grab aus dem Jahre 1978 beim versierten Exploitation-Kenner wachrufen dürfte. Dass es sich dabei indes keineswegs um einen Zufall handelt, ist wohl darauf zurückzuführen, dass das verrufene Subgenre des Rape & Revenge-Flicks in den letzten Jahren eine Art stilles Revival zu feiern scheint, welches die ebenso einfache wie kontroverse Thematik aus Vergewaltigung und anschließender Blutsanktion bereits mit Titeln wie Chaos oder dem ungleich aufwändigeren The Last House on the Left Remake reichlich ausschlachtete. Über die Daseinsberechtigung oder gar den moralischen Standpunkt eines Subgenres, das seine gesamte Unterhaltung aus der detaillierten, sexuellen Ausbeutung seiner Opfer und seiner reaktionären Grausamkeiten bezieht, muss letztendlich jeder für sich selbst urteilen, mit den deutschen Sittenwächtern hingegen war bezüglich derart selbstzweckhafter Reißer noch nie gut Kirschen essen. Somit dürfte es auch niemanden überraschen, dass der in Spanien und Argentinien koproduzierte Exploitation-Schocker I'll Never Die Alone hierzulande satte 15 Minuten auf dem Schneidetisch zurücklassen musste, bevor er einem volljährigen Publikum zugänglich gemacht werden durfte. Dies stellt aber letztendlich weniger einen Verlust, als vielmehr einen Gewinn für die hiesige Filmkultur dar, handelt es sich bei dem exzessiv provokanten Werk des gestandenen Regisseurs Adrián García Bogliano (Bloody Birthday) doch um nichts weiter als eine erschreckend fade und belanglose Belastungsprobe für sein Publikum, die auch inszenatorisch kaum ein Fettnäpfchen auslässt.
Es hat zweifellos einen guten Grund, dass sich die billig produzierten und stets auf plakativen Effekt hinsteuernden Rape & Revenge Filmchen nach dem Erfolg des umstrittenen Klassikers Muttertag nicht mehr lange auf dem Markt halten konnten, so gibt es innerhalb der Refugien des Horrorfilms doch kaum eine andere Nische, die stärker von Wiederholung und Klischee geprägt war als eben dieses Subgenre. Als es demzufolge irgendwann einfach nichts Neues mehr zu erzählen gab, verschwanden die drastischen Low-Budget-Streifen im Laufe der 80er ähnlich dem Kannibalenfilm langsam in der Versenkung, nur um aktuell, mehr als 20 Jahre später, erneut ihre derben Perversionen auf ein argloses Publikum loszulassen. Nun erweist sich Adrián García Bogliano mit seinem I'll Never Die Alone zwar als sichtlicher Anhänger dieser schmuddeligsten aller Horror-Stilrichtungen, doch lässt sein eigener Beitrag letztendlich jeden Anflug von eigenen Ideen oder brauchbarer Regieführung vermissen. Zu Gute halten darf man No moriré sola, so der Originaltitel des Werkes, die Tatsache, dass es für ein lächerlich geringes Budget von 6.000 $ entstand, was das Ganze auch wieder in eine etwas andere Relation setzt. Tatsächlich bringt die visuelle Aufbereitung im groben Amateurlook dann auch den Vorteil mit sich, dass dem Ganzen sofort ein ungemein authentischer Beigeschmack anhaftet. Konsequenter Realismus scheint dann allerdings durchgehend über dem Unterhaltungswert zu stehen, was sich vermehrt in regelrechten Schweigeminuten oder allgegenwärtigen Aufnahmen äußert, in denen uns eine statische Kamera schier endlos mit ermüdenden Bildern der puren Langeweile "verwöhnt".
So muss das Publikum hier schnell erkennen, dass die streng realistische Note von I'll Never Die Alone weniger als geschicktes Stilmittel, sondern vielmehr als inszenatorisches Unvermögen des Regisseurs zu werten ist. Hatten die Schauspieler am Set Redeverbot, gab die Schreibmaschine des Drehbuchautoren mitten im Script den Geist auf oder ist es nur Bogliano's sadistischer Ader zuzuschreiben, dass er uns durch ganze Passagen ohne jedweden Dialog quält? Carol, Leonor, Yasmine und Moira, die vier Hauptprotagonistinnen, scheinen sich jedenfalls ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr viel zu erzählen zu haben und verwehren dem Publikum mit ihrem Schweigen jede Möglichkeit der Identifikation. Lediglich Gimena Blesa, die in der Rolle der jugendlichen Carol markant an US-Newcomerin Ellen Page erinnert, weiß sich mit ihrem Charisma für den Zuschauer interessant zu machen, während Andrea Duarte, Marisol Tur und Magdalena De Santo in den restlichen Hauptrollen auffallend konturlos agieren. Auch die Glaubwürdigkeit der Schauspieler stand am Set scheinbar nicht an erster Stelle, was aber von einem Regisseur, der sich für die Schmuddelfilm-Reinkarnation eines Ingmar Bergman zu halten scheint, auch nicht anders zu erwarten ist. Eine für diese Art Film zu ruhige Inszenierung, viel zu lange Aufnahmen ohne Schnitt und anderweitig visuelle Spielereien verdeutlichen den Wunsch des Herrn Bogliano nach Anspruch und Bildsymbolik, verpuffen aber lediglich in Langeweile und Belanglosigkeit.
Das alles vermag dem zentralen, zerstörerischen Akt der Massenvergewaltigung dann allerdings in keinster Weise seine bestialische Intensität zu nehmen, die auch ein alteingesessenes Genre-Publikum mit einem mehr als flauen Gefühl im Magen zurücklassen dürfte. Gut 20 Minuten werden die Freundinnen von ihren Peinigern wieder und wieder im steten Fokus der Kamera vergewaltigt, mit Zigaretten verbrannt oder mit Ästen blutig geschlagen. Spätestens, wenn dann der Missbrauch der minderjährigen Carol als eine Art perverse Hauptattraktion inszeniert wird und diese sich derweil vor Angst übergeben darf, dann ist hier eine Grenze erreicht, deren Überschreitung sich vermutlich auch ein großer Teil des gemeinen Horrorpublikums nicht mehr zumuten dürfte. So groß hier somit allerdings das Rape in Rape & Revenge geschrieben wird, so uninspiriert und dröge fällt dann der letztendliche Racheakt der gepeinigten Frauen aus, weshalb der Anspruch nach Gore im Überfluss am Besten so weit wie möglich zurückgeschraubt werden sollte. Zumindest passen sich die Verantwortlichen damit dann immerhin dem allgemeinen Niveau eines Films an, der das inszenatorische Übermaß an Ruhe und Dialogarmut nicht durch den angepeilten Realismus kompensieren kann und dessen Darsteller darüber hinaus in den seltensten Fällen uneingeschränkt zu überzeugen wissen. Somit bleibt letztlich nur noch die deutsche Synchronisation zu erwähnen, die hier einmal mehr zu Wünschen übrig lässt, die man, zugegeben, als Kenner des Genres allerdings auch schon grenzwertiger vernehmen musste.
Alles in allem ist I'll Never Die Alone ob seiner Thematik sicherlich ein ebenso kontroverser wie grenzwertiger Film, der sich das Interesse eines aufgeschlossenen Publikums mit seiner unbeholfenen Inszenierung aber munter selbst strittig macht. Was uns der Regisseur Adrián García Bogliano hiermit vorsetzt, ist ein zäher und eigenwilliger, aufgrund der diskussionswürdigen Intensität gewisser Szenen zumindest aber nicht gänzlich gescheiterter Versuch, an den Stil des frühen Rape & Revenge-Kinos anzuknüpfen. Kein Totalreinfall, aber ein sperriges und unbequemes Stück Anti-Unterhaltung, welches für kurze Zeit auf den Magen schlägt, danach aber ohne Umwege wieder dem Vergessen anheim fällt.