Kalla Malla
Der Wissenschaftler Prof. Gerald Deemer (Leo G. Carroll) arbeitet in einem abgelegenen Haus mitten in der Wüste an wissenschaftlichen Experimenten. Sein Forschungsziel ist es, das Hungerproblem in der Welt zu lösen. Zur gleichen Zeit wird eine furchtbar entstellte Leiche gefunden, die als sein Kollege und bester Freund Dr. Eric Jacobs (Eddie Parker) identifiziert wird. In der Leichenhalle begegnet Deemer Dr. Matt Hastings (John Agar) und Sheriff Jack Andrews (Nestor Paiva), die ihn zu dem Toten befragen. Als der Wissenschaftler wieder auf seinem einsamen Anwesen zurückkehrt, wird er dort von seinem grässlich deformierten Laborant Paul (Eddie Parker) angegriffen, der ihm eine Injektion verabreicht. Im Kampfgetümmel geht eines der Terrarien zu Bruch, in denen der Professor Versuchstiere mit monströser Größe züchtet und eine riesige Tarantel kann unbemerkt entkommen. In freier Wildbahn wächst sie zu einer tödlichen Fressmaschine heran.
»Tarantula« aus dem Jahr 1955 gehört zu den Filmen, die mir schon als Kind im TV (ich sage nur: Gruselkabinett) eine Gänsehaut bescherten und auch heute noch funktionieren - weil sie einfach gut sind, und weit weniger trashig, als man vermuten könnte.
Was »Tarantula« nach all den Jahren so beeindruckend macht, ist die absolute Glaubwürdigkeit, mit der Regisseur Jack Arnold (der immer noch nicht genug gewürdigt wird) die Vorgänge in Szene setzt. Natürlich gibt es einige Zugeständnisse ans 50er-Jahre-Kino wie Mara Corday als attraktive Labor-Assistentin, die zu hübsch ist, um wahr zu sein (»Auch Laborantinnen gehen gern mal zum Friseur, Doktor!«), aber insgesamt ist das alles sehr überzeugend und nie unfreiwillig komisch. Die überdimensionale Spinne wurde aufgrund des damaligen Standes der Technik nicht animiert, sondern die Aufnahmen einer realen Tarantel wurden in den Film hineinkopiert (selten krabbelt auch eine Tarantel über Miniatur-Modelle), was zu wirklich gelungenen Effekten führt.
Auch die Masken der deformierten Wissenschaftler, die sich selbst die Nährflüssigkeit injiziert haben, sorgen für unheimlichen Grusel. Für Spinnen-Phobiker wie mich ist dieser Klassiker ohnehin ein Knaller, mir stehen heute noch die Haare zu Berge, wenn sich die Tarantel über Rinder, Landarbeiter und Bauern hermacht - und ganz besonders während eines Dokumentarfilms, der im Film gezeigt wird, um die Gefährlichkeit der Tarantel zu verdeutlichen. Habe verstanden, vielen Dank!
Was an dieser Art B-Film immer wieder begeistert, ist die absolute Schnörkellosigkeit von Buch und Regie. Mit dem ersten Filmbild springt »Tarantula« direkt in die Handlung, und diese wird stringent verfolgt. Die Figuren werden nicht mit küchenpsychologischem Unsinn überfrachtet, die Laufzeit wird nicht mit Subplots aufgestockt, keine Szene ist überflüssig. So kommt in knappen 77 Minuten auch keine Langeweile auf, und Arnold gelingt es dazu noch, Fragen über die Grenzen der Wissenschaft aufzuwerfen, die heute noch aktuell sind.
Wenn am Ende die Tarantel von der Air Force mit Napalm bombardiert wird, dann ist das erstens politisch sehr unkorrekt, und zweitens kann man kurz den jungen Clint Eastwood unter Helm und Sauerstoff-Maske im Flieger bewundern (aber nur, wenn man es weiß). Einige Teile der Musik stammen übrigens von Henry Mancini, der ungenannt bleibt. Alles in allem ist »Tarantula« ein kleiner, großer Klassiker des Sci-Fi/Horror-Kinos und der Beste seiner Art (ich mag ihn lieber als »Formicula«).