Kalla Malla
»Der Mann, der zuviel wusste« wurde von Alfred Hitchcock bereits 1934 in England verfilmt, dies ist sein eigenes Remake aus dem Jahr 1956 und dem Original an Aufwand deutlich überlegen.
Die Story: Die amerikanische Familie McKenna macht Urlaub in Marokko. Dort lernen sie den Franzosen Louis Bernard (Daniel Gélin) kennen, der sie zum Essen einlädt, im letzten Moment jedoch absagt. Am nächsten Tag auf dem Markt in Marrakesch wird Familie McKenna Zeuge eines brutalen Mordes. Bei dem verhüllten Opfer handelt es sich um Louis Bernard, der Vater Ben McKenna im Sterben zuflüstert, dass in London ein Attentat auf einen Politiker geplant sei. Die Familie ist schockiert und will sofort die Polizei rufen, sieht jedoch von diesem Vorhaben ab, als die Eltern Ben (James Stewart) und Jo (Doris Day) einen Anruf erhalten, bei dem ihnen mitgeteilt wird, dass ihr Sohn Hank (Christopher Olsen) entführt wurde. Die Entführer drohen, Hank umzubringen, wenn seine Eltern zur Polizei gehen. Wild entschlossen, ihren Sohn zu befreien, fliegen Jo und Ben nach London, um Hank zu suchen, doch ihr Vorhaben gestaltet sich schwieriger als gedacht.
»Der Mann, der zuviel wusste« besticht durch seine außergewöhnlichen Schauplätze und einige unglaublich spannende Passagen. Die Charaktere sind komplexer als in vergleichbaren Thrillern (die Ehe von Stewart und Day ist keinesfalls so heil, wie sie den anderen Figuren vorgespielt wird, was zur Zeit seiner Entstehung sehr ungewöhnlich war und auch heute noch fesselt), und neben Bernard Herrmanns gewohnt genialem Score singt Doris Day hier erstmals ihren Klassiker »Que Sera, Sera«, der nicht nur Dekoration bleibt, sondern entscheidend zur Handlung beiträgt. Der Song bekam einen Oscar und wurde ursprünglich von Doris Day als »albernes Kinderlied« bezeichnet. Er wurde ihr Markenzeichen und ist inzwischen unsterblich.
Der Film kommt vielleicht ein bisschen gemächlicher daher, aber die Spannung hat darunter nicht zu leiden - im Gegenteil: Der Film verfügt über eine gute und sich stetig steigernde Spannungskurve die in einem unvergesslichen Showdown in der Royal Albert Hall in London ihren atemlosen Höhepunkt findet. Eine Sequenz, die nicht nur aufgrund ihres pompösen Schauplatzes und ihrer vielen Statisten, zu denen u.a. Hitchcocks Hof-Komponist Bernard Herrmann gehört der das riesige Orchester gleich selbst dirigiert, überaus beeindruckend ist, sondern komplett auf Dialoge verzichtet - und zwar während ihrer gesamten Dauer von sage und schreibe 12 Minuten. Auch sonst hat der Film seine musikalischen Qualitäten und lässt Doris Day in einer der Schlüsselszenen »Whatever Will Be« zum Besten geben - was den Weg zum Jahrzehnte überdauernden Welt-Hit ebnete.
Es ist dann auch Doris Day, die sich mit »Der Mann, der zuviel wusste« profilieren konnte und mit ihrer Rolle als besorgte Mutter von ihrem Image als Musical- und Comedy-Schätzchen ein bisschen loslösen konnte. Ihr Zusammenspiel mit James Stewart könnte dabei kaum besser sein und so fiebert man mit dem zunächst überforderten Ehepaar umso mehr mit. Alfred Hitchcock war von der Idee, einen seiner eigenen Filme erneut zu inszenieren anfangs nicht besonders angetan, konnte sich im Vergleich zur '30er Jahre-Erstfassung aber in nahezu jeder Hinsicht steigern. Schlussendlich mag »Der Mann, der zuviel wusste« vielleicht nicht den gleich guten Ruf geniessen wie andere Hitchcock-Meisterwerke, aber er gehört ganz klar zu den besten Filmen der Regie-Legende.